[2] Caring

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Nathan Ò Ceallaigh

Keine Ahnung wie lange ich noch warten muss bis ich endlich mein Leben leben kann. Keine Regeln, keine Standpauken, keine Enttäuschungen, kein gar nichts. Nur meine Gitarre, die Straße und ich.

Von morgens bis mittags Geld verdienen und von abends bis morgens mich um meine Familie kümmern. Durch diesen Rhythmus wird mein Lebensstil geprägt und läuft monoton weiter. Ich liebe meine Familie, auch die einzelnen Mitglieder. Sogar die Frau, die mich auf die Welt gebracht hat. Die, die sich meine Mutter nennt. Die, die uns vor acht Jahren verlassen hat und meinem Vater Schulden hinterließ.

„Mach dir keine Sorgen Baby Boo, denn ich komme wieder. Entweder in einem Monat, in zwei oder mehreren Jahren. Ich würde euch nicht einfach im Stich lassen, es muss getan werden.", sagte sie, als sie mit einer vollen Tasche im Haustürrahmen stand und bereit war zu gehen.

„Kleiner Fingerschwur ?", fragte ich sie mit großen Augen und sie nickte kurz. „Versprochen, ist versprochen und das wird niemals gebrochen."

„Wir sehen uns bald wieder, Nate. Sag deinem Papi das ein Brief auf dem Tresen liegt."

Mit diesen Worten drehte sie sich um und verschwand in der Dunkelheit, genauso wie ich, als sie mein zehnjähriges Ich alleine im Flur stehen gelassen hat. Alle schliefen und nur ich war wach, weil mich die Schritte im Erdgeschoss geweckt haben.

Mami?", fragte ich und lief unsicher auf die Tür zu, öffnete sie und wiederholte meine Frage. „Mami? Ich habe Angst."

Natürlich vermisse ich sie, aber nicht mehr so wie vorher. Alles hatte sich verändert, seitdem sie weg war. Der Himmel ist immer grau und die Umgebung immer farblos. Eine Sehnsucht ist da, doch sie fühlt sich anders an. Ich vermisse nicht mehr ihre welligen braunen Haare, ihr blauen Augen oder ihr Lächeln, dass meine Welt fröhlicher und glücklicher machte. Es war die leere Stelle im meinem Herzen, die früher mal mit Wärme und Geborgenheit gefüllt war und heute nur ein verletzter und unheilbarer Teil von mir ist. Ich würde mir wünschen, sie an meiner Seite zu haben und immer, wenn Eltern- oder Muttertag Veranstaltungen in der Schule sind, sie mit nehmen und mich nicht für sie schämen. Ich würde die Wärme in meinem Herzen nie verlieren und stolz mit meiner kompletten Familie durch das Leben wandern.
Doch nicht alles ist so wie wir es uns erträumen.

„Nate?", rief eine weibliche Stimme durch die Wohnung und ich legte meine Gitarre zur Seite.

„ Anwesend.", antwortete ich und schloss meine Zimmertür ab und warf mich auf mein Bett.

Für einige Sekunden herrschte Stille in der Wohnung, doch dann hörte ich wieder das nervige Geräusch ihrer Absätze. Ihre Schritte wurden immer lauter, bis sie vor meiner Tür stehen blieb und sich Schatten im unteren Türschlitz bildeten.

„Lass mich in Ruhe!", sagte ich knurrend und ich hörte wie sie seufzte.

„Nate, bitte. Was habe ich dir angetan?", flüsterte sie verloren und verzweifelt. Da sie wusste, dass ich ihr nicht antworteten würde, weil sie insgeheim selbst eine Antwort darauf wusste, fügte sie noch etwas dazu. „Dein Vater und ich sind glücklich miteinander, was ist so schlimm daran? Ich weiß, dass wir des öfteren weg sind und du alleine auf Korra und Marilyn aufpassen musst und du mich dafür beschuldest, aber ich versuche doch nur zu helfen."

Wütend sprang ich vom Bett auf und stürmte auf die noch verschlossene Tür zu und riss sie, nachdem ich sie geöffnet hatte, auf und sah die Frau vor mir an. Ängstlich wich sie einige Schritte zurück und sah mich gespannt an.

„ Du willst uns helfen?! Du machst doch nichts anderes, als meinen Vater blind zu machen. Wann war er das letzte Mal am Tag länger hier als zwei Stunden? Vor einem halben Jahr? Mir macht es nichts aus, dass er nicht mehr hier ist. Von mir aus könnt ihr beide für immer verschwinden, wenn nur ich in diesem Haus leben würde, aber das tue ich nicht. Meine jüngeren Schwestern wachsen jetzt ohne Mutter und Vater auf und sag mir nicht, dass du doch öfter hier bist. Du machst nichts anderes als sie zu ermahnen und zu arbeiten.", schrie ich und knallte wieder die Tür zu.

Ich hörte wie Caroline anfing zu schluchzen und sich wieder von meinem Zimmer entfernte. Sie war schon seit über einem halben Jahr mit meinem Vater zusammen und nistete sich hier ein wie eine Larve. Auch, wenn ich dankbar bin, dass wir durch sie wieder in einer normalen Wohnung leben, kann ich sie nicht ausstehen. Ihre blonden Haare waren immer in einem Dutt oder strengen Zopf, ihre Kleidung schrie schon fast nach Businessfrau, doch ihr Verhalten war fragwürdig. Sie versuchte sich bei mir einzuschleimen mit Essen, Geschenken oder Ausflügen, doch so leicht wie bei meinem Vater und meinen Schwestern wird sie es nicht haben. Meine Schwestern sind jung und naiv, mein Vater sieht einfach nur das Gute in ihr, aber ich kann mich nicht damit abfinden, dass sie den Platz meiner Mutter eingenommen hat.

Mit Schuldgefühlen trat ich aus meinem Zimmer und lief Schnur Starks auf das Arbeitszimmer von Caroline zu. Mein Verhalten war nicht angemessen und dafür sollte ich mich entschuldigen, denn eigentlich war ich nicht so. Jedoch hat sich vor vier Jahren etwas geändert, als ich erfahren habe, dass die ganzen Geschenke an Weihnachten und an meinem Geburtstag nicht von meiner Mutter waren. Sie waren von meinem Vater, der jedes Jahr das gleiche Spiel mit uns gespielt hat und jedem von uns Kleinigkeiten von unserer Mutter unter den Tannenbaum legte.

Heute Nacht ist Weihnachten und ich wusste schon längst mit meinen 13 Jahren, dass es keinen Weihnachtsmann gibt. Meine Schwestern hingegen nicht und deshalb, tat ich immer an Weihnachten so, als würden wir auf den Weihnachtsmann warten. Um 11:54 pm stieg ich leise aus meinem Bett und weckte Korra und Marilyn. Ihre Augen glitzern vor Freude, als sie mich mit Keksen und Milch sehen.
Auf Zehenspitzen legten wir die Sachen auf den Hocker im Wohnzimmer und versteckten uns hinter der Couch. Wir warteten lange, die kleinen sind sogar auf dem Boden eingeschlafen. Als mein Vater beladen mit Paketen und Briefen ins Wohnzimmer schritt, verstummte ich. Ich sah wie er alles schön sortierte, Briefe schrieb und dann wieder zurück ins Schlafzimmer ging.

Am nächsten Morgen waren die Briefe für uns, von unserer Mutter. Ich hasste meinen Vater in diesem Moment, doch noch mehr hasste ich meine Mutter. Seit Weihnachten 2011 habe ich ihren Namen nicht mehr erwähnt und sie aus meinem Gedächtnis gestrichen.

Bis vor einem Jahr habe ich nie über meine Mutter mehr nachgedacht oder über ihre fehlende/ offene Mutterrolle getrauert.
Meine Hand hebt sich und ich wollte gerade an die weiße Holztür klopfen, als ich unabsichtlich ein Gespräch mit lausche.

„Dein Sohn ist unmöglich. Er wandelt sich in einen Rebell und es würde mich nicht wundern, wenn das Auswirkungen auf die Kleinen hat. ", sagte Caroline. „ Ich denke nicht, er wird sein Verhalten mir gegenüber jemals ändern."

Ich, ein Rebell? Wie kommt sie denn auf diesen Schwachsinn. In meinem ganzen Leben ist noch nie wegen mir jemand gestorben, vielleicht verletzt, aber ich habe ganz sicher niemanden in die Hölle geschickt.

„Das ist nur das Alter. Er wird bald wieder zur Besinnung kommen und, wenn ich in zwei Monaten wieder da bin, dann werde ich mit ihm reden.", hörte ich die Stimme meines Vaters, die durch den Computer noch strenger klang als sie es vor einer Woche getan hat. „Wir sprechen uns morgen, bis dann und grüß alle von mir."

Diese verlogene Schlange! Sie versucht meinen Vater gegen mich zu stimmen und tut eine auf unschuldig. Jetzt bin ich mir sicher, dass mit denen und mir wird nichts. Diese Menschen hier sind doch alle verkorkst und bei mir unten durch. Caroline wird jetzt meine Rebellseite zu Gesicht bekommen und es ist mir egal, ob ich dadurch ins Internat gesteckt werde. Ihr angebliche Fürsorge für mich kann sie sich sonst wo hin stecken.

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Hey, Leute!

Mich würde es brennend interessieren wie ihr die beiden Hauptrollen bis jetzt findet und ob sie auf euch sehr verschieden scheinen?

SlievemoreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt