Sina von den Philippinen und die Pariser Männer

8 0 0
                                    

„Die Männer, die we am ersten Abend gleich mit Dir ins Bett wollen, die taugen nichts. Die wollen nur eine Nacht, dann haben sie ihren Sex gehabt und sind schnell weg. Das ist nichts für eine Beziehung." Das ist Sina, Philippinin knapp 60 Jahre alt, in einem wohlhabenden Haushalt von Paris, nahe am Eiffelturm viermal die Woche die Wohnung säubernd. „Wenn ich das nicht machen kann, weil ich krank bin, fehlt mir auch etwas. Nicht nur das Geld." Neulich hatte sie Rückenschmerzen. Der Arzt empfahl ihr eine Woche Ruhe zu Hause. Aber : „Ich brauche das Geld und kann auch nicht nur still sitzen." Rege ist sie am Säubern, bis alles wunderbar gepflegt glänzt, und das mit einem breiten Lächeln in ihrem dunklen Gesicht und einem etwas gebrochenen Englisch, mit dem sie sich in Paris seit vierzehn Jahren durchschlägt, fast ohne französisch zu können. „Ich lerne das jetzt von meinem Boyfriend. Er ist Franzose." Bezaubernd, mit fast sechzig von ihrem älteren Boyfriend zu sprechen. Gepflegt, zierlich und fünf Kinder großgezogen auf den Philippinen, die jetzt eigene Familien haben. Ich staune und bewundere sie. Ihr Mann starb und hinterließ ihr eine winzige Pension. Sie kam wegen Arbeit nach Frankreich.

Auf hohen Hacken läuft sie putzend durch die große Wohnung. Wir sprechen über Männer, die üblichen zeitlosen Themen, sind uns einig darüber, dass wenige auf dem Erdball heute eine tiefe Beziehung wollen. Sie hat anscheinend so einen Mann hier angetroffen. „Aber ich bin mir noch nicht sicher." Seit kurzem wohnt sie bei ihm, in seiner Zwei-Zimmer-Wohnung. „Ich bin noch Mieterin meines Studios. Studios sind in Paris jene oft sehr kleinen Ein-Zimmer-Wohnungen."Wenn ich ganz zu ihm gehen würde, bräuchte ich noch meinen Kleiderschrank. Ich will aber noch nicht. Falls er dann weggeht zu einer anderen Frau, was dann? Gib Deine Unabhängigkeit nie auf!" Mit einem frechen Lächeln auf ihren vollen Lippen, das unerschütterlich wirkt und blitzenden Augen, gibt sie mir praktische Ratschläge. Sie plaudert, obwohl wir uns erst das dritte Mal kennen gelernt haben, durch unsere gemeinsame Hausarbeitssituation. Ich, die Kinder beaufsichtigend, sie die Wohnung auf Vordermann bringend.

Für diese Plauderei muss Zeit sein! Spiegel putzend sie, ich mich aus dem Kinderzimmer geschlichen. Pauline, das fünfjährige Mädchen, versteht kein englisch. Mir liegt es am Herzen, etwas zu erfahren, wie Sina über Liebe denkt. „Musiker", sie bezieht sich auf meine Aussage, Musiker seinen schwierig als Partner: "Die wollen entweder nur Sex oder sind immer müde, wenn die Frau Liebe will. Die taugen gar nichts dafür." Energisch, unternehmungslustig, zweifelt sie nicht am Leben und gibt mir gleich ihre Telefonnummer, um mich zu treffen. Sie steht sozusagen, auch ohne Sprache, mitten im Pariser Leben. „Look for a boyfriend in a Disco", suche Dir in einer Disco einen „boyfriend", berät sie mich in Fragen Liebe.: "Meine Freundinnen haben ihre boyfriends dort gefunden."

Sie selbst geht manchmal mit einer Freundin tanzen. „Mein Freund fühlt sich zu alt für die Discos", bemerkt sie, bügelnd. Es scheint sie nichts aus der Lebensbahn werfen zu können. Unerschütterlich selbst bewusst. „Mein Chéri und ich, wir necken uns. Wenn er sagt, er geht zu einer anderen, antworte ich: Dann geh doch, dann gehe ich auch." erzählt sie mit einem leichten Grinsen. Sie scheint so halbwegs zufrieden mit ihm. Er arbeitet mit Geld und bezahlt offensichtlich ihre Krankenversicherung und das Telefon. Außerdem will er, was Sex angeht, nicht zuviel von ihr. „Such Dir keinen jüngeren Mann", empfiehlt sie mir. „Die wollen jede Nacht Liebe-Machen, selbst wenn man müde ist. Das gibt nur Streit."

Ich lade sie in meinen Hinterhof nach Montmartre im Frühling ein. Sie wird mit ihrem Boyfriend kommen.


Sina von den Philippinen und die Pariser MännerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt