5. Paul

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So wie ich sehe, haben sie die kleine Möchtegern-Prinzessin wohl schon in den Bunker geschleppt (Scheiße, habe ich gerade wirklich Möchtegern-Prinzessin gesagt?! Ich höre mich ja schon an wie Denis...)
Ich bin so fertig, ich würde am liebsten sofort umfallen und schlafen. Aber nein, ich muss ja die Nachtschicht übernehmen. Ich fahre mir mit der kakaofarbenen Hand durch mein fast Schwarzes Haar und versuche meine kurzen Haare zu entwirren (das mache ich immer wenn ich müde bin, keine Ahnung wieso). Da hat man schon extra kurzes Haar, und es sieht trotzdem noch immer scheiße und zerzaust aus. Ich laufe los in Richtung Bunker, dabei entdecke ich die offensichtlichen Schleifspuren des Mädchens. Warum nochmal konnten Denis und Curly nicht auf mich warten? Ich musste doch nur schnell zu Rahel um sie zu fragen, wie ihr Plan aussieht. Den Weg hätte ich mir allerdings auch spären können, da man mir, nachdem ich sie und einen anderen Typ aus dem Rat beim rummachen erwischt hatte, was sowohl ihnen, als auch mir relativ unangenehm war, erklärte, dass es keinen Plan gäbe.
Ich komme an und schicke Denis und Curly erstmal weg. Die Beiden sollen schlafen, damit sie mich morgen früh rechtzeitig ablösen können. Noch ist es ein bisschen Hell und die letzten Sonnenstrahlen blenden mich. Ich schaue erst mal nach ob sie vielleicht schon aufgewacht ist um herauszufinden als wie kooperativ sie sich erweist. Während ich die Tür öffne, fällt mir auf, dass seit dem Moment, in dem ich ihr den Stein an den Kopf geworfen hatte und jetzt, schon fast ein Tag vergangen ist. Durch das spärliche Licht kann ich ihr Gesicht nicht richtig sehen, da sie ganz hinten in der Ecke kauert, aber an der Tatsache, dass sie versucht, weiter in die Ecke zu kriechen, kann ich erkennen, dass sie nichtmehr Ohnmächtig ist. Das trift sich gut. Ich zünde eine drr kleinen Kerzen an, die in einer Laterne an der Wand hängen und laufe dann direkt auf sie zu. Es gefällt mir irgendwie, dass sie offenbar Angst vor mir hat und zugleich macht es mich verdammt wütend. Ich benutze diese Wut um ihr noch mehr Angst zu machen.
„Wie heißt du?"
Als sie nicht antwortet werde ich noch wütender.
„Wie heißt du kleines Miststück?! Und wage es nicht mich noch einmal zu ignorieren."
Ihre Angst ist jetzt nichtmehr zu übersehen aber ich erkenne in ihren froschgrünen Augen auch einen Funken trotz.
„Ich verrate dir meinen Namen nur, wenn du mir dafür sagst, wo ich bin und warum ich hier bin."
Eigentlich interessiert es mich nicht wirklich wie sie heißt, da ich es sowieso längst weiß. Man kidnappt doch niemand, von dem man den Namen nicht kennt. Soweit ich weiß, heißt sie Noah. Noah, ein ziemlich ungewöhnlicher Name für ein Mädchen aber irgendwie denke ich er passt zu ihr, ohne sie tatsächlich zu kennen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich es zu tiefst hasse, wenn man sich mir wiedersetzen will, aber in der Rangliste weit unter mir steht.
„Ich glaube du hast das Spiel nicht verstanden, du kleine Göre. Naja, wer nicht hören will muss fühlen."
Ich bin selbst erschrocken von der kühlheit in meinen Worten. Liegt vielleicht daran, dass ich totmüde bin? Ich denke nichtmal darüber nach was ich gerade mache, als ich ihr direkt ins Gesicht trete.
Sie sieht echt hübsch aus, wie sie so daliegt. Obwohl ihre Haut dreckbedeckt ist, sie überall Spuren von meinen und Denis' Tritten aufweist und ihr eine fette Blutspur über das gesamte Gesicht läuft. Naja, dass hat sie ja auch mir zu verdanken... Ihre rotorangen Korkenzieherlocken stehen von ihrem Kopf ab, was eine besondere Wildheit ausstraht, die Wildheit, die ich auch in ihren Augen gesehen hatte. Ich muss eine ganze Weile so dahstehen, denn als ich das nächste Mal auf meine Armbanduhr sehe, ist es bereit 22:37 Uhr, also 1 Stunde und 42 Minuten später.

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