Geschichten der Kindheit

92 9 0
                                    

Bulma sank auf ihren Bürostuhl. Die Ansage war deutlich und sie wusste, dass sie über das Ziel hinausgeschossen war. Aber es hatte sie so wütend gemacht, dass Vegeta einfach nichts von ihren Ideen hielt. Dass er die Chance auf eine freie Zukunft einfach so wegwarf. Es nicht einmal durch den Kopf gingen ließ.
Und doch tat es ihr leid, dass sie ihn so angefahren hatte. Eigentlich wollte sie nur auch etwas dazu beitragen. Irgendetwas. Sie wollte nicht nur tatenlos zusehen, wie ihre letzten beiden Hoffnungsträger dem Untergang geweiht waren. Auch wenn sie fest an Vegetas Kraft glaubte, aber die Cyborgs waren einfach zu mächtig. Selbst wenn Son-Gohan so weit wäre und an dessen Kräfte heran kam, war es noch lange kein Sieg.

Sie schnaufte schwer und wandte sich zu ihrem Laptop um. Auf einmal kam es ihr so dämlich vor. Vielleicht hatte Vegeta doch Recht und ihre Überlegungen waren reinster Humbug. Selbst wenn ihre Theorien stimmen sollten, es wäre eine nerven-kostende Aufgabe. Sie könnte Jahre dauern, allein schon die Planung. Wer wusste denn schon, wie lange sie noch lebten?

„Na? Hast du dich wieder beruhigt?", kam es von der Labortür und sie schaute über ihre Schultern.

„Chichi... Tut mir Leid, ich-"

„Bei mir brauchst du dich nicht entschuldigen. Vegeta hätte das nötiger, als ich.", sagte sie und ging mit kleinen Schritten auf ihre Freundin zu, „Ich hab euren Streit mitbekommen. Mehr unfreiwillig, aber okay. Dass es irgendwann mal kracht, war ja abzusehen."

„Wie meinst du das?"

„Ihr seid einfach beide so temperamentvoll. Da prallen zwei Welten aufeinander."

Bulma verstand, was sie andeuten wollte. Vegeta hatte seine Vorstellung und sie ihre. Keiner der beiden würde die andere Seite je ganz und gar verstehen. Sie vertraten ihre Meinungen eisern und dann kam es eben zu dieser explosionsartigen Auseinandersetzung.

„Ich geh besser zu Trunks und seh nach ihm.", flüsterte die Blauhaarige leise und stand schon von ihrem Drehstuhl auf, als Chichi sie zurückhielt.

„Das würde ich jetzt lassen. Ich habe eben Vegeta reingehen sehen."

„Oh.", kam es aus ihrem Mund unwirklich.

„Komm, ich mache dir jetzt erst einmal einen Tee. Einen schwarzen, damit du deine Nerven beruhigen kannst.", lächelte sie und zog ihre Freundin aus dem Labor ins Wohnzimmer...



Trunks weinte immer noch, als er das Zimmer betrat und nur langsam ging er auf das Gitterbett zu. Er lag auf dem Rücken und strampelte mit seinen Beinchen hoch und runter. Seine Hände waren geballt und seine Lider petzte er aufeinander.

An seinem Bett angekommen, nahm sich Vegeta einen Stuhl und setzte sich an dessen Seite. Wie, als ob er auf einen Schalter gedrückt hatte, hielt Trunks inne und sah auf die Seite. Die Lider öffneten sich und strahlende blaue Augen, starrten in seine schwarzen Opale.

„Dada...", brabbelte er sogleich fröhlich los und streckte seine kleinen Finger nach ihm aus.

Es fühlte sich immer noch seltsam an, wenn er ihn so sah. Er schien wahrlich auf ihn geprägt zu sein. Schon damals in der Schwangerschaft hatte er auf seine Berührungen reagiert.
Vegeta konnte diese Verbindung nicht ganz zuordnen. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Er hatte das Gefühl, egal was er machte, es war falsch. Der Streit von eben drang in sein Gedächtnis und er musste an ihre Worte denken.

„Schu, schu...", brabbelte er wieder vor sich hin und machte gewisse Anstalten, sich an seinen Gitterstäben hoch zu ziehen.

„Was ist Kurzer?", grinste er leicht und sah seinem Sohn zu, wie er es nach mehreren Anläufen endlich geschafft hatte.

Doch Vegetas Mimik wurde wieder ernster. Er war unzufrieden mit dem Verlauf der Geschichte. Vor allem, weil sein Sohn am meisten darunter zu leiden hatte. Vielleicht bekam er es noch nicht so wirklich mit, aber irgendwann würde er das. Ein Leben im Bunker. Tief unter der Oberfläche. Das war keine berauschende Zukunft.

Er sollte die Welt da draußen kennenlernen. Ein normales Leben. Eine Kindheit eben. Eine, die er selber nie wirklich gehabt hatte. Das wünschte er sich.

„Dapa."

„Mhm?", kam es von ihm und er sah seinen Jungen an, der seine Arme nach ihm ausstreckte und dabei gefährlich schwankte.

„Pa... pa."

Vegeta bekam eine leichte Gänsehaut, als er die brabbelten Worte verstand. Er musste zaghaft lächeln, als er seine rechte Hand hob und die Handfläche auf Trunks' Haarschopf legte. Sanft strich er über seine lila Haare und der Kleine gluckste fröhlich.

„Lass das ja nicht deine Mutter hören...", sagte er dann leise und Trunks wiederholte es erneut aufgeregt, „Sie wird nur noch mehr durchdrehen, wenn sie erfährt, dass das dein erstes, richtiges Wort war."

„Papa."

„Ja, du mich auch.", seufzte er resigniert.

„Schu, schi-sch... Papa."

„Was willst du von mir?", fragte er, hob eine Augenbraue und beobachtete ihn, wer er seine verkorksten Worte immer und immer wieder von sich gab.

Vegeta hatte keine Ahnung, was sein Sohn nun jetzt schon wieder von ihm wollte. In Zeichensprache hatte er sich mittlerweile geübt, aber diese Wortfetzen und Gebrabbel war ihm ein erneutes Rätsel. Wie Bulma das immer machte, verwunderte ihn immer wieder. Er schob es auf den Mutterinstinkt, aber manchmal war dessen Gestammel einfach nur ein Kauderwelsch.
Also versuchte er sich auf seine Bewegungen zu konzentrieren und es fiel ihm auf, dass er wohl Mühe hatte, seine Äuglein offen zu halten. Kein Wunder, es war bestimmt weit nach Mitternacht. Ein Uhr, oder gar zwei. Er sollte doch eigentlich schlafen, oder?

„Du verlangst aber nicht von mir, dass ich dir etwas erzählen soll?!", kam ihm dann der Gedanke.

Trunks Mundwinkel zogen sich nach oben, was der Saiyajin sofort verstand und seufzte wieder einmal. Sein Sohn ließ sich auf seinen Popo fallen und sah seinen Vater gespannt entgegen.
Er faltete seine Hände ineinander und stützte sein Kinn auf ihnen ab.

„Da gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen.", versuchte er sich aus dieser Lage heraus zu winden, doch den großen Augen konnte er wohl nicht entkommen.

Vegeta stöberte in seinem Gedächtnis, nach einer Erzählung, die nicht gerade von seinen dunkelsten Tagen handeln sollten. Bulma würde ihm nur den Hals umdrehen – wenn sie es denn könnte. Also begann er etwas weiter in die Vergangenheit zu suchen, bis er einfach seine Gedanken mit seinem Jungen teilte...

„Wiesen,... freie Felder. Das Meer so blau, wie die Augen deiner Mutter. Vegeta-Sai war ein belebter Planet. Trotz der rötlichen Atmosphäre, der in die Weiten des Alls ausgestrahlt wurden. Das Phänomen fand ich immer schon faszinierend, als kleiner Junge. Durch die vier Monde, die die Strahlen der Sonnen in unserem System aufgenommen hatten und den Planeten dadurch in ein rotes Licht tauchte. Aber auf dem Planeten selber sah es anders aus. Sie sieht der Erde nicht einmal annähernd ähnlich. Ich erinnere mich nur vage daran, weswegen ich es als Segen ansehe, wenigstens dieses Blau immer wieder zu sehen. Auch wenn es mich betrübt stimmt. Gibt es meinen Heimatplaneten immerhin nicht mehr..."

Ein leises Schnaufen riss ihn aus der kurzen Erinnerung und er sah ins Bettinnere. Ein Lächeln stahl sich über sein Gesicht, als er Trunks schlafend vorfand.
Er stand von seinem Stuhl auf und war schon im Begriff, das Zimmer zu verlassen, als er sich noch einmal zu ihm umwandte.

Hel te nigta, Saiyajin no Ouji.*²", flüsterte er leise, bevor er die Tür hinter sich schloss...



_________________________

A/N:
Hel te nigta, Saiyajin no Ouji. = "Gute Nacht, kaiserlicher Prinz der Saiyajins."
Da dieser Satz mit der passenden Übersetzung nicht mehr wirklich in dieser Geschichte auftaucht, habe ich mir die Freiheit genommen, sie hier im Anschluss zu posten ;)


Eine etwas andere ZukunftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt