Kapitel 17: "Ich war dumm. So so so dumm."

1.9K 173 48
                                    

Ich schlug mir die Hände über den Kopf und weinte.
Sekunden, Minuten, wenn nicht Stunden.
Von Tim keine Spur.

Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren, bemerkte erst, dass ich noch immer auf dem Boden kauerte als ich mich langsam beruhigte und aufhörte zu weinen.


Tim's Sicht:


Ich wusste nicht wie lange ich schon rannte, aber mein Atem war unregelmäßig und ich keuchte. Ich hatte die Haustüre mit einer Wucht zugeschlagen und war losgerannt. Die Tränen die mir in die Augen stiegen erschwerten mir die Sicht, ich rannte einfach. Weg von Stegi, weg von unseren, vielmehr meinen, Problemen. Er machte es mir wirklich nicht leicht. So gerne würde ich ihn verdrängen und vergessen können, ihn einfach verletzten können. Vielleicht hatte ich das ja gerade getan? Vielleicht würde er mich jetzt hassen und ich könnte damit abschließen, müsste ihm nicht von der Wetter erzählen, müsste ihn nicht damit quälen. Ich hatte sein Vertrauen missbraucht, habe ihn verletzt. Er würde es mir niemals verzeihen.

Also rannte ich. Die Tränen ließen mich meine Umwelt nur verschwommen wahrnehmen und so brachte mich eine Wurzel in der sich mein Fuß verhakte zum abrupten Stillstand. Ich landete auf dem feuchten Waldboden, blieb ein paar Sekunden liegen, atmete tief ein und wieder aus und rappelte mich wieder auf.

Ich war dumm. Ich war so so so dumm.

Stegi würde nicht mit mir schlafen und ich wollte ihn nicht dazu zwingen. Ich würde meine Wette verlieren. Ich würde vor meinen Kumpels als Weichei dastehen und es könnte mir nicht weniger egal sein. Aber das Schlimmste: Stegi würde davon erfahren. Ich könnte meine 'Freunde' noch so sehr anflehen, sie würden es sich nicht nehmen lassen einen unschuldigen Menschen zu verletzen und Beziehungen zu zerstören. Stegi würde davon erfahren, mich hassen, noch mehr als er mich im Moment hasste, und er würde mich verlassen. Der Mensch der mich binnen so kurzer Zeit verändert hat, mich glücklich machte, würde mich hassen und alleine zurücklassen. Ich würde es nicht ertragen.

Gedankenverloren stapfte ich weiter durch den Wald, dachte darüber nach was war und was noch alles passieren könnte. Ich schenkte meiner Umwelt erst wieder Beachtung als ich bemerkte, dass ich mich auf einer grünen Lichtung, einer Sackgasse befand. Das Gras reichte mir bis zu den Knöcheln und vereinzelt blühten ein paar weiße Blumen auf. Wäre ich nicht zu beschäftigt damit gewesen über Stegi nachzudenken wäre ich ganz bestimmt überwältigt gewesen. Am Rand der Lichtung glitzerte Wasser. Ein See, mitten in diesem so düster wirkenden, verlassenen Wald. Ich trat näher und setzte mich an das Ufer um weiter meinen Gedanken nachzuhängen.

Ich bereute langsam, dass ich keine Drogen in meinen Koffer gepackt hatte. Ich war der festen Überzeugung gewesen clean zu werden - für Stegi. So gerne hätte ich sie jetzt genommen und vergessen. Ich wäre friedlich eingeschlafen, sie hätten mich betäubt, wenn auch nur für einen Moment. Sie hätten meinen Körper, meine Gefühle betäubt und ich hätte nichts mehr gespürt.

Ich bemerkte nicht wie es dunkler und kühler wurde. Ich saß einfach nur da und starrte perplex auf das schimmernde Wasser.

So merkte ich auch nicht wie sich von hinten Schritte näherten. Wie das Gras leise raschelte und sich jemand neben mich setzte. Ich musste meinen Blick nicht vom Wasser nehmen um zu wissen wer es war. Stegi war mir nachgelaufen. Ich traute mich nicht ihn anzusehen, starrte weiterhin ins Nichts.

Er sagte auch nichts, rückte näher und legte seinen Kopf auf meiner Schulter ab. Das Gesicht drückte er in meine Halsbeuge und seine Hand wanderte auf meinen Rücken.

Nach Minuten immer noch Stille. Wir saßen beide da, schienen überfordert mit der Situation. Ich reagierte erst als ich spürte wie Tränen meinen Hals runter liefen. Reflexartig legte ich eine Hand um den Rücken des kleineren. Mit der anderen umfasste ich sein Gesicht und versuchte ein paar der Tränen aufzufangen. Ein 'Shhh' entkam mir und ich küsste instinktiv sein Haar.

"Tim, ich brauche dich." , wimmerte er, als er sein schlutzen langsam wieder unter Kontrolle hat. Seine Stimme war brüchig und es tat mir weh ihn so verletzt zu sehen.

"Ich brauche dich auch Stegi."

Mehr brachte ich nicht heraus.

Er sah zu mir auf und ich schaffte es endlich seinen Blick zu erwidern.

"Wir haben unseren ersten Streit überwunden, Schatz." , versuchte ich die Stimmung wieder zu lockern und küsste seine Wange.

"Haben wir ihn denn wirklich überwunden? Was war das?" , fragte er und sah mich mit glänzenden, tränengefüllten Augen an.

"Weißt du, Stegi, ich hab einfach ziemliche Angst dich zu verlieren, da reagier ich manchmal wohl 'n bisschen speziell."

"Und das was du gesagt hast? Dass wir 'ne scheiß Idee waren?"

"Blödsinn. Du bist das beste was in mein Leben gestolpert kam, ich bereue nichts. Und es tut mir so unendlich Leid dich verletzt zu haben. Du hast das nicht verdient."

Eine Träne bahnte sich ihren Weg über meine Wange und zum ersten Mal in sehr langer Zeit zeigte ich einem anderen Menschen offen meine Schwäche.

"Wir schaffen das."

Stegi lächtelte mich schwach an.

"Versprochen?"

"Versprochen."

Eine Weile verharrten wir im Arm des jeweils Anderen. Es war mir egal ob ich fror und ob ich in regelmäßigen Abständen einen Regentropfen auf meiner Haut spürte. Erst als der Himmel bedrohlich grummelte und sich das bereits erahnte Sommergewitter ankündigte regte ich mich.

"Wollen wir zurückgehen? Wird wohl gleich ganz schön anfangen zu schütten."

Ich richtete mich auf und gab Stegi meine Hand um ihm auf die Beine zu helfen. Auf halber Strecke holte uns die düstere Regenwolke dann ein und wir kamen keuchend und nass an der Holzhütte an. Nass, außer Atem, aber wir hätten trotzdem nicht glücklicher sein können.

Wir entledigten uns unseren nassen Klamotten und ließen uns erschöpft, ganz ohne Hintergedanken, nur in Boxershorts bekleidet, ins Bett fallen. Ich zog den kleineren vorsichtig an mich und er umklammerte direkt meinen Oberkörper. Zufrieden fielen wir, trotz des Unwetters das vor dem Fenster wütete, in einen tiefen Schlaf.

Ich war froh darüber Stegi wieder bei mir zu haben. Ich könnte nicht ohne ihn und ich war mir sicher ich würde alles geben um ihn nicht zu verletzen.


"Willst du..?" - #Stexpert FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt