Für @Nalivia_135

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Thranduil fuhr herum. Seine eisblauen Augen funkelten hasserfüllt. "Hau ab Laëla!"
Laëla schien nicht sonderlich beeindruckt. Sie war an solche Anweisungen schon gewöhnt und Thranduil sollte sich eigentlich schon daran gewöhnt haben, dass sie sie niemals befolgte.
Vergnügt sprang sie vor Thranduil auf und ab, wobei ihre braunen Haare wippten. "Ich bin mit dir verheiratet, weißt du. Du solltest wenigstens ein wenig Zuneigung zeigen."
Thranduil stolzierte weiter. "Ich zeige genug Zuneigung, um dich geheiratet zu haben. Reicht das nicht?"
Laëla zog einen Schmollmund. "Ich weiß genau, dass du mich nur geheiratet hast, weil mein Papa reich ist."
In der Tat war Laëlas Vater Bard aus Seestadt. Nach dem Tod von Thorin Eichenschild hatte er sich gut mit Daìn und Thranduil angefreundet, was ihm einerseits viel Gold (und unter anderem auch die weißen Steine von Lasgalen) einbrachte, andererseits allerdings auch Thranduil als Schwiegersohn.
Bard war langsam alt. Er nahm nicht mehr alles wahr, was um ihm passierte, also hatte er die Heirat seiner Tochter und dem König des Waldlandreiches auch als Akt der Liebe gesehen und nicht als das, was es war: Eine Eheschließung, weil Thranduil an seine weißen Edelsteinchen wollte.
Laëla war ein Mensch von zwanzig Jahren. Vielleicht noch achtzig, neunzig mehr, und Thranduil würde sie wieder vergessen haben. Und trotzdem glücklich mit seinen Steinchen sein, die, oh Wunder, Bards Hochzeitsgeschenk gewesen waren.
Anfangs hatte Laëla ja noch daran geglaubt, dass Thranduil wenigstens ein wenig Zuneigung zu ihr verspürte. Sie hatte allerdings schnell lernen müssen, dass dies nicht der Fall war.
Laëla hatte erst zwei freundliche Momente mit Thranduil gehabt: Ihr Hochzeitskuss und der Moment, in dem er ihr das Collier mit den weißen Diamanten umgelegt hatte. Hätte Laëla sich zwischen einem von beiden entscheiden müssen, hätte sie vermutlich den Moment mit dem Collier genommen. Sie hatte sich dort beinahe geliebt gefühlt, als Thranduil mit sanften Fingern den Verschluss eingehakt und ihr im Anschluss einen leichten Kuss auf den Nacken gegeben hatte. Es war das einzige Mal, dass er sie von sich aus geküsst hatte. Und Laëla überlief immer noch ein heftiger Schauer, wenn sie daran dachte.

Thranduil drehte sich zu ihr herum und seufzte. "Sehr schön dass du das weißt, ich verspüre nämlich in keinster Weise das Bedürfnis, es dir noch einmal zu erklären."
Obwohl Laëla von Anfang an mit der Gewissheit darüber, dass Thranduil sie nicht leiden konnte, in diese Ehe gegangen war, versetzte es ihr doch immer wieder einen Stich, wenn er ihr mal wieder klar machte, wie sehr er sie hasste.
Mittlerweile war er an seinem Thron angelangt und Laëla ließ sich, ohne zu zögern, auf ihren Stammplatz fallen: Auf seinem Schoß. Anfangs hatte er sie noch unwillig hinuntergeschoben, allerdings schnell gemerkt, dass es nichts brachte. Sie saß dort gerne. Immerhin war sie die Königin des Waldlandreiches und der König hatte sie geheiratet. Ein paar Rechte standen ihr schon zu.
"Ich sehe nichts." murmelte Thranduil in ihre Haare. Heute hatte sie es sich noch bequemer gemacht als sonst und nun hatte Thranduil nunmal ihre braunen Haare im Mund.
Widerwillig rutschte sie ein wenig vor. Thranduil stöhnte. "Du bist so abgrundtief nervig, weißt du das eigentlich?"
Weil sie ganz genau wusste, wie sehr ihn das provozierte, drehte sie sich langsam zu ihm um und strich ihm sachte über die Wange. "Und ich bin stolz drauf."
Eine der Wachen räusperte sich. Anfangs war es den Wachen unangenehm gewesen, Thranduil und Laëla so zu sehen, aber mittlerweile hatten sie sich dran gewöhnt.
Weil Laëla direkt vor Thranduil saß, musste er sich weit nach links beugen, um die Wache sehen zu können. Zu allem Überfluss hatte er auch noch Laëlas Haare im Gesicht.
"Ihre Bestellung, eure Hoheit."
Er versuchte, Thranduil einen Teller mit Keksen zu reichen, er kam allerdings nicht an ihn ran. Also streckte Laëla ihre Hand aus und nahm ihm den Teller aus der Hand.
"Eure Hoheit lässt seine dankbarsten Grüße ausrichten." Sie steckte sich einen von den handtellergroßen Keksen auf einmal in den Mund.
Thranduil starrte sie entsetzt an, während sie auf dem Keks herumkaute und ihm den Teller reichte. Sie verzog das Gesicht. "Iieeh. Alkohol."
Thranduil schüttelte den Kopf. "Das sind Lembaskekse mit feinster Auenlandschokolade und Dorwinion- Aroma. Banausin."
Er knusperte vornehm an einem der Gebäckstücke herum.
"Du hast einen furchtbar schlechten Geschmack." bemerkte Laëla.
"Sonst hätte ich dich nicht geheiratet, oder?"
Laëla zog eine Augenbraue hoch und tippte auf ihr Collier. "Du hast mich nicht wegen deines Geschmacks geheiratet, sondern wegen deiner heiligen Kronjuwelen. Die ich um den Hals trage." fügte sie grinsend hinzu.
"Das einzig Schöne an dir, wie ich anmerken möchte."
Laëla deutete, so gut es ging, eine Verbeugung an. "Deine Liebesbeweise
sind immer wieder wundervoll, Liebster."
Thranduil schenkte ihr ein gekünsteltes Lächeln. "Gerne. Mein Bein schläft übrigens ein. Würde es dir etwas ausmachen, dich von ihm runterzubequemen?"
Laëla verschränkte die Arme. "Ja, ganz viel." Sie überschlug die Beine und verlor dabei einmal kurz das Gleichgewicht, fing sich aber schnell wieder. Sie war erst einmal von diesem Thron hinuntergefallen (sehr zu Thranduils Amüsement, er hatte noch tagelang darüber gelacht) und sie wollte es ihren Knochen zuliebe nicht noch einmal tun.

Sechs Monate später

Laëla war jetzt schon zwei Jahre lang mit Thranduil verheiratet und ging ihm immer noch erfolgreich auf die Nerven. Allerdings hatte er mittlerweile akzeptiert, dass er Tag für Tag von ihr provoziert wurde, und er hatte sich angewöhnt, ihre ironischen Bemerkungen stets mit eigenem Sarkasmus zu erwidern.
Noch immer teilten sie sich einen Thron, einen Platz am Tisch und ein Bett. Thranduil weigerte sich einzusehen, dass Laëla wirklich eine eigene Person mit eigenem Leben war und eigene Bedürfnisse hatte. Für ihn war sie ein vorübergehendes Übel. Dass seiner Ansicht nach noch nicht einmal einen Geschmack für die wahren Genüsse des Lebens hatte. Sie mochte nämlich keinen Wein, und dass jemand existierte, der diese rubinrote Flüssigkeit nicht verehrte, hätte Thranduil sich nicht in seinen kühnsten Träumen ausmalen können.

Eines Tages ließ Laëla sich sogar dazu herab, Thranduil in den Weinkeller zu begleiten und dort seine tägliche Flasche auszuwählen. Ihr war nämlich ganz schön langweilig. Die drei Jahre, die sie jetzt schon Thranduils Frau war, hatten sich in die Länge gezogen und waren ihr so lang vorgekommen wie eine Ewigkeit.
Es war ja klar, dass Thranduil ihren Hochzeitstag vergaß. Im ersten Jahr hatte er sogar noch daran gedacht und irgendeine spitzfindige Bemerkung wie "Ein Jahr lang habe mich also schon erfolgreich davon abgehalten, dich umzubringen" zugeworfen. Letztes Jahr war er einfach ein bisschen netter gewesen als sonst, was aber auch daran hatte liegen können, dass die jährliche Weinlieferung auf diesen Tag fiel, und heute hatte er es dem Anschein nach völlig vergessen.

Laëla turnte ein wenig im Weinkeller herum, währen Thranduil vor dem Regal stand und versuchte, eine Auswahl zu treffen. Sie hatte irgendwo mal eine Geschichte aufgeschnappt, in der erzählt wurde, dass dreizehn Zwerge und ein... Mensch? Elb? Ork? mal durch diesen Keller entkommen waren. Was natürlich vollkommener Quatsch war. Hier gab es nirgendwo einen Ausgang oder dergleichen.
Allerdings ragte irgendein Hebel aus dem Boden. Ob man damit die Regale verschieben konnte? Laëla warf einen vorsichtigen Blick zu Thranduil, der allerdings immer noch in seine Weinauslese vertieft war. Vorsichtig legte sie eine Hand an den Hebel und zog daran.
Prompt gab der Boden unter ihren Füßen nach und auf einmal baumelten ihre Füße in der Luft. Ihr einziger Halt war der Hebel, an dem sie sich mit einer Hand festklammerte.
Sie war zu geschockt, um zu schreien. Sie starrte nur kreidebleich in den Abgrund unter ihr. Spitze Felsen ragten ihr entgegen und ganz unten plätscherte Wasser. Man konnte den Sturz in das sicherlich eiskalte Wasser zwar überleben, aber Laëla konnte nicht schwimmen!
"Hi-hilfe..." krächzte sie. Ihre Hand wurde langsam rutschig.
Etwas klirrte. "Laëla!"
Thranduils Gesicht tauchte in ihrem Blickfeld auf und seine Hand schloss sich um ihren Arm. Als wäre sie leicht wie eine Puppe, zog er sie langsam wieder auf den Holzboden des Kellers. Vom Schock immer noch wie gelähmt, blieb sie einfach so in seinen Armen liegen. Beinahe wäre sie eben gestorben. Sie hätte niemals gedacht, dass Thranduil ihr helfen würde. Sosehr wie er sie hasste...
Langsam befreite Thranduil sich aus Laëlas Klammergriff und sah ihr in die Augen. "Was machst du denn für Sachen?"
Erst jetzt bemerkte Laëla sie roten Pfützen und die Glasscherben auf dem Boden. Das Klirren, was sie vorhin vernommen hatte, rührte anscheinend daher, dass Thranduil mindestens zwei Flaschen Wein hatte fallen lassen.
Dieser folgte ihrem Blick und seufzte. "Mein Dorwinion. Weißt du eigentlich, wie viel zwei Flaschen davon kosten?"
Laëla atmete tief ein. "Du...ich... du hättest mich nicht..."
"Was würde ich denn ohne meine Nervensäge tun?" unterbrach Thranduil sie. "Der Tag wäre so endlos langweilig." Die Betonung klang abweisend, aber seine Augen lächelten. Laëla starrte ihn mit offenem Mund an. Thranduil legte einen Finger unter ihr Kinn und schloss ihn. "Mund zu, sonst ist gleich eine Fliege drin."
Laëla konnte noch immer nichts anderes tun als ihn anzustarren. Er hasste sie nicht? Er fände seinen Alltag ohne sie langweilig? Das war das höchste Lob, was sie je aus seinem Mund erhalten hatte. Und auf einmal fand sie sich in seinem Armen wieder.
Thranduil stieß sie nicht weg, sondern erwiderte die Umarmung. Von diesem Moment an bildete Laëla sich ein, dass sie eine fast freundschaftliche Beziehung hatten.
Und als Laëla viele Jahrzehnte später im Alter von sechsundachtzig starb, ertappte Thranduil sich ein, zwei Mal dabei, wie er mit den Händen auf die Oberschenkel klopfte, wenn er auf seinen Thron stieg, als wolle er jemanden auffordern, sich zu setzen. Und obwohl sie nur ein Mensch in einer lächerlich kurzen Zeitspanne seines Lebens war, hat er sie nie vergessen.

Laëla wird verkörpert von: @Nalivia_135 ❤

(Fandom) One Shots/Imagines (German and English)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt