Nacht der Hexen

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Sanft spielt der Wind mit den Vorhängen, die vor ihrem Balkon hängen. Eine laue Briese weht durch ihr Schlafzimmer. Der Vollmond beleuchtet ihr Gesicht, ihre vollen Lippen, ihr kastanienbraunes Haar, ihre, von langen Wimpern umkränzten, funkelnden grünen Augen, ihre schlanke Silhouette. Die Leggins, in der sie bis eben noch geschlafen hat, umschließt zwei wohl geformte Beine und ihr Top, über dass sie jetzt einen dicken Kapuzenpulli zieht, liegt eng an einer schlanken Taille und schließt oben mit einem Ausschnitt über ihren Brüsten. Mit einem Lachen und einem boshaften Funkeln in den Augen zieht sie das Haargummi aus ihren dicken Haaren und schüttelt sie einmal aus.
Vibrierend vor Spannung hüpft sie zu ihrem Schrank, dreht den Knopf, nicht wie sonst nach recht, sondern nach links, und öffnet die Tür. Mit einer Hand greift sie in den Schrank und holt einen Besen heraus, mit dem anderen greift sie nach einem dunklen warmen Mantel. Der Mantel ist dunkelblau, besteht nur aus Kapuze und einem bodenlangen, dicken Stoff. Sie wirft ihn sich um die Schultern, und nimmt den Besen in die linke Hand. Schnell schlüpft sie noch in ihre schwarzen Lederstiefel, dann läuft sie auf den Balkon hinaus.
Der Wind weht ihre offenen Haare nach hinten, und ein glückliches Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus.
„Ich komme.“ flüstert sie in die Nacht, besteigt ihren Besen und drückt sich vom Boden ab.

Ihr Besen fegt über den Himmel, ihr Lachen lässt die Sterne heller Leuchten.

Wenn wir Hexen zueinander kommen,
Gemeinsam zu den selben Plätzen wollen,
Wenn die Magie ganz frei umher geht,
Und der Wind uns um die Nase weht,
Wenn Hexenkinder neu geboren,
Schon mit uns alten, weisen Feen rumoren,
Wenn der Mond hell am Himmel steht,
Und das Kind der Nacht lebt,
Dann Hexenschwestern seit bereit,
Denn unsre Zeit ist nicht mehr weit.“

singt sie vor sich hin und lenkt ihren Besen langsam tiefer.
Ihr Stiefelspitzen streifen über die Baumwipfel, irgendwo über ihr krächzt ein Rabe, und eine Katze miaut.

Vollmond bist unser Gefährte,
Kämpfst für uns mit silbernem Schwerte,
Freiheit spülte uns in deine Arme,
Dort erfahren wir das sichre und das warme,
Lehrst uns deine Kraft,
Tief in uns liegt deine Macht,
Schenkst uns jede neue Nacht,
Das sie uns ganz besonders macht,
Kinder der Nacht erhebt euch jetzt,
Denn niemals kommen wir zuletzt,
Sind stehts die ersten und die besten,
Denn in uns schlummert Hexenmacht!“

murmelt sie vor sich hin, als sich spitze Krallen in ihre Schulter bohren und sie streicht mit ihrer freien Hand über Damons seidenes Gefieder.
„Hallo mein Großer.“ murmelt sie, „Hast du Salvia heute Nacht schon gesehen?“
Der Rabe krächzt freundlich und piekst seinen Schnabel leicht in ihre Wange bis sie lacht.
„Na dann suchen wir die vornehme Katzen-Dame mal.“ schmunzelt sie und zieht den Besen wieder Richtung Himmel.

„Hexen leben ewig.“ ruft sie in den Wind, der ihr mit einem stürmischen Heulen antwortet.
„Und wer uns unterschätzt kommt in Teufelsküche!“

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