Wir sind wie Regentropfen

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Am Ende war ich doch nichts anderes als ein Regentropfen. Genau wie du.

Wir schwebten zusammen hoch oben, weißt du noch?

Erhitzt von unseren Gefühlen und dem Reiz des Verborgenen, der uns beide hell entflammte, sind wir in die Höhe gestiegen, inmitten einer Wolke aus geflüsterten Versprechen und wunderbaren Momenten, Entdeckungen und neuen Freundschaften.

Kannst du noch sagen, wann sich alles geändert hat?

Wann ich anfing, abzukühlen und mich immer weiter von dir zu entfernen?



Ich bin der Erde entgegengesunken.

Bin immer schneller dem harten Boden entgegengerast. Der harten Realität entgegen, denn kein Moment dauert ewig, auch nicht dieser Sommer.

Egal, wie sehr ich das will.

Du bist mir nicht gefolgt und ich glaube, du hast nicht mehr gesehen, wie ich auf dem Grund zersprungen bin, weil du schon weitergezogen warst, verweht vom Wind.

Fasziniert von dem, was der Windhauch dir zuflüsterte. Er versprach dir, dir fremde Orte und ungelöste Geheimnisse zu offenbaren, wenn du bei ihm bleibst, nicht wahr?

Jemand anderes hat meinen Platz eingenommen und ich frage mich, wer von euch beiden zuerst fallen wird, oder ob ihr zusammen fallt.

Natürlich wünsche ich es euch nicht, wer würde es seinem Zwilling auch wünschen?

Aber es ist wahr.

Dieser Ort trägt seinen Namen nicht umsonst, das wird mir nun bewusst.



Hier unten bin ich zersprungen.

Und mit mir alles, was mir wichtig ist.

Alleine habe ich keine Kraft, aber ich bin nicht alleine gefallen, glaub mir.

Man fällt nie alleine.

Und ich glaube, du bist auch schon hier gewesen, oder?

Ich weiß es nicht genau, aber ich denke schon.

Ich habe es nur nicht gesehen, weil du so getan hast, als wäre nichts passiert.

Wir bilden hier unten Pfützen, tausende Tropfen, verbunden zu einer Masse.

Wir spiegeln den Himmel, die Wolken, die Sonne. Wir spiegeln die Zeit, in der noch alles gut war und wir verbergen dabei unser wahres Gesicht und die Narben und Verletzungen, die uns geblieben sind.

Wir träumen vom Himmel und versuchen, zurückzukehren, die Zeit rückwärts laufen zu lassen und zu dem Moment zurückzuspulen, den wir so sehnlich vermissen.

Wir versuchen, alles wieder zu reparieren.

Und eines Tages steigen wir wieder auf und kehren zurück. Getragen von neuen Gefühlen, erfüllten Versprechen, Worten der Versöhnung und den ausgesprochenen Dingen, die uns so selbstverständlich vorkommen.

Wann wir wieder fallen, das weiß keiner.



Aber wir können versuchen, zusammen zu fallen, um dann gemeinsam wieder aufzusteigen und einen Regenbogen zu bilden, der Hoffnung schenkt und den Regen vertreibt.


Wir sind wie RegentropfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt