.:02:. Meredia

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Ich erwachte, aber ich war nicht mehr im Wasser. Ich sah mich um und konnte weder den Himmel noch das Meer entdecken. Wo bin ich?, war das erste, was mir durch den Kopf schoss. Plötzlich brach alles über mich herein, ich war im Meer, als ich mich auf einmal an etwas Scharfem geschnitten hatte und kurz darauf solche Schmerzen verspürt hatte, dass ich zu schwach zum Schwimmen war. Ich erinnerte mich daran, wie sich meine Schwanzflosse verändert hatte. Bei diesem Gedanken setzte ich mich auf und stellte fest, dass aus meiner Flosse Beine geworden waren.

„Was...", flüsterte ich, als ich verwundert meine Beine ansah und sie berührte. Ich konnte es nicht glauben, meine wunderschöne Schwanzflosse war weg und nun hatte ich diese komischen Stelzen, die zu nichts zu gebrauchen waren. Ich wollte lauthals schreien, als ich ein Geräusch hörte. Es hörte sich so an, als ob einer die Treppe hinunter kommt, genau auf die Tür zu, die mein Zimmer von der Außenwelt abtrennte. Ich schaute gespannt darauf, während sie sich öffnete und ein Menschenmann den Raum betrat.

„Ah, du bist wach.", sagte er. Er kam zu mir und setzte sich mit auf das Bett. „Ich habe dich im Wasser treibend gefunden. Gehörst du zur Besatzung des Öltankers?", wollte er wissen.

Ich schaute ihn verwundert an. WaWas WWas für ein Öltanker? Er sah wohl mein verwirrtes Gesicht und erklärte mir, was passiert war. Es hatte ein Unglück gegeben, bei dem ein Öltanker untergegangen war und nun würden Tonnen von Öl ins Meer fließen. Deshalb die ganzen Trümmerteile und die schwarze Substanz. Das war Öl! Aber wie konnte es derart meine Schwanzflosse verändern?, dachte ich. Ich sah aus dem Fenster, wobei mein Blick auf mein Spiegelbild fiel. Das kann unmöglich ich sein!, überlegte ich. Meine Hand ging automatisch zu meinem Gesicht, während ich sie an meiner Wange spürte, tauchte auch im Fenster eine Hand auf. War das wirklich ich? Seit wann hatte ich rote Haare und so ein schönes Gesicht? Ich war verwirrt und konnte mir nicht erklären, was passiert war. Noch vor kurzem war ich das hässliche Entlein der Familie gewesen und nun war ich eine strahlende Schönheit. Mein Blick glitt meinen Körper hinunter und ich merkte zum ersten Mal, dass ich nackt war, bis ich die Wunde sah. Sie war groß und tief, man konnte sogar noch etwas Öl sehen, dass die Wunde bedeckte. Was war nur mit mir passiert?, dachte ich. Diese Frage ließ mich nicht mehr los. Als ich wieder aufsah, bemerkte ich, dass der Menschenmann immer noch neben mir saß.

„Wer bist du?", fragte ich ihn.

„Ich bin Brutus, Meeresbiologe.", sagte er voller Stolz.

Ich neigte leicht den Kopf zur Seite, während ich ihn musterte. Plötzlich überkam mich eine Lust nach Blut und Menschenfleisch. Ich stellte mir vor, wie es wäre, wenn er vor mir liegen würde, die Haut nur noch in losen Fetzen an ihm herunterhängend. Das Fleisch von seinen Knochen mit brutalster Gewalt gerissen. Und ich vornübergebeugt, wie ich versuche auch das letzte bisschen Menschenfleisch, in Blut getränkt, aus ihm herauszuholen. Ich konnte nicht aufhören daran zu denken, ich ertappte mich sogar dabei, als ich mir mit der Zunge über die Lippen leckte in freudiger Erwartung auf das Mahl. Ehe Brutus wusste, wie ihm geschah, stürzte ich mich auf ihn und begann seinen Körper aufzuschlitzen. Er schrie vor lauter Schmerz, Verzweiflung und Angst. Ich genoss seine Schreie, sie ließen mich immer mehr in einen rauschähnlichen Zustand fallen. Es bereitete mir Freude ihn zu töten. Ihm die Bauchdecke aufzuschlitzen und sämtliche Eingeweide rauszureißen. Ich konnte mich nicht bremsen und war demzufolge auch leicht enttäuscht, als ich kurze Zeit später alles aus ihm herausgeholt hatte. Es war kein schöner Anblick mehr. Nur vage erinnerte sein Erscheinungsbild an einen Menschen. Die Knochen waren zertrümmert, einzelne Fleischreste hingen noch daran und die Haut sah aus, als ob sie durch Säure verätzt worden wäre. Schwankend stand ich auf und betrachtete mein Werk. Ich leckte mir genüsslich den letzten Rest seines Blutes von den Lippen. Ich war immer noch in meinem Rausch gefangen, doch ich merkte, dass mein Körper auf einmal ungeahnte Kräfte entwickelte. Ich spürte sie förmlich durch mich fließen. Von da an wusste ich, was ich zum Überleben brauchte: frisches Menschenfleisch. Als ich die kleine Treppe hinaufging, stieg mir sofort der Geruch von salziger Seeluft in die Nase. Ich atmete sie tief ein und auf eine bizarre Art und Weise fühlte ich mich richtig gut. Ich schloss für einen Moment die Augen und sog tief die Seeluft in meine Lungen. Ich warf noch einmal einen Blick auf Brutus, oder zumindest auf das, was noch von ihm übrig war. Es tat mir fast leid, er schien ein anständiger Mann gewesen zu sein, doch ich hatte solchen Hunger gehabt und war getrieben von der Gier. Ich stieg auf die Reling des Bootes und ließ mich dann ins Meer fallen. Sobald mein Körper das Wasser berührte, verschwanden meine Beine und meine Schwanzflosse kehrte zurück. Erst jetzt bemerkte ich, wie sehr sie sich verändert hatte. Sie ist auch wesentlich stärker geworden, was mich automatisch schneller schwimmen ließ. Ein verschlagenes Grinsen machte sich auf meinem Gesicht breit. Ich fühlte mich so gut wie nie zuvor und ich strotzte nur so vor neuem Selbstbewusstsein. Mal sehen, was meine ach so wunderbare Familie dazu sagen wird..., dachte ich und schwamm auch schon davon.




Die kleine Meerjungfrau - einmal andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt