Mitten in der Nacht saß ich auf meinen Balkon und sah auf London hinab. Der Mond schien hell und tauchte meine Heimatstadt in ein unwirkliches Licht. Doch mich kümmerte dies nicht, da ich viel zu aufgewühlt war. Seit Monaten plagte mich eine Frage. Soll ich den Job in Neuseeland annehmen und alles hinter mir lassen oder weiterhin als Professor in London arbeiten? Ich wusste auch nicht, warum mich das so sehr beschäftigte, doch ich konnte nicht abschalten. Unruhig tippte ich mit meinen Fingern auf dem Geländer herum und wertete wieder einmal die beiden Möglichkeiten aus. Ich sollte langsam schlafen gehen. Es bringt doch eh nichts dauernd darüber nachzudenken., dachte ich seufzend und ging in meine kleine Wohnung hinein. Entschlossen ging ich ins Schlafzimmer und legte mich in mein Futonbett, um wenigstens etwas Schlaf zu bekommen. Doch nur wenige Minuten später, öffnete ich wieder meine Augen und starrte an die Decke. Ich werde heute wohl nicht mehr schlafen können...warum fällt mir die Entscheidung auch so schwer? Entweder ich nehme den Job an und ziehe ans Ende der Welt oder ich bleib hier und unterrichte weiter Meeresbiologie...
Das laute Klingeln meines Handys schreckte mich aus meinen Gedanken. Mein Lieblingslied, „Ghosttown" von Adam Lambert, kam, also musste es eine Nachricht von Brutus sein.
„Was will er denn jetzt?", grummelte ich leicht genervt und griff nach meinem Handy. Warum ich so reagiere? Er nervt mich schon seit Monaten diesen Job anzunehmen, da wir dann im gleichen Land wären und uns öfter sehen könnten. Mit lauter Gedanken, wie er mich wieder dazu bringen wollte, nach Neuseeland zu reisen, entsperrte ich mein Handy und öffnete die E-Mail. Doch es kamen keine neuen Einwände, warum ich unbedingt nach Neuseeland ziehen müsste, sondern einfach nur ein Bild und ein kurzer Text:
„Hey Noah...
Nein, ich nerve dich heute mal nicht, ich glaub du wirst eh noch schlafen. Sei es dir gegönnt.
Habe heute die Trümmer eines Öltankers vor Neuseelands Küste untersucht und habe ein Mädchen gefunden. Natürlich habe ich sie sofort auf mein Boot geholt. Sie war nackt und hatte eine Wunde an der Hüfte, linke Seite, in der auch Öl eingetreten ist. Habe dir ein Foto geschickt. Du kennst dich ja damit etwas besser aus. Kannst du mir sagen wie ich ihr helfen kann? Bitte um rasche Antwort.
Dein Kumpel Brutus"
Stirnrunzelnd sah ich mir das Bild an und fragte mich, warum ich ihm da helfen sollte. Er war selber Meeresbiologe, wir hatten zusammen studiert, warum fragte er mich da um Rat? Doch desto mehr ich das Bild von der Wunde musterte, desto mehr Fragen tauchten in meinen Kopf zu diesem Ereignis auf. Wo kam das Mädchen her? Gehörte sie zu den Leuten auf dem Öltanker? Und warum war sie nackt? Ich muss Brutus unbedingt anrufen. Gesagt, getan. Ich setzte mich auf mein Bett auf, lehnte mich an die Wand an und wählte seine Nummer. Nach längerem Warten, dass er endlich ran ging, schaltete sich die Mailbox an.
„Ey Brutus, du musst auch ran gehen, wenn du mit mir reden willst...Ruf zurück, ja? Noah.", sprach ich aufs Band und beendete die Konferenz. Toll, jetzt kann ich erst recht nicht mehr schlafen...danke Brutus..., seufzend stand ich auf und startete etwas verfrüht meinen Tag. Den ganzen Tag wartete ich auf eine Nachricht von Brutus, doch es kam nichts an. Doch bei ihm macht man sich nicht so schnell Sorgen, da er immer mal wieder das Handy vergisst zu laden oder es irgendwo liegen lässt, um es dann nicht mehr zu finden. Ich ging meinen gewohnten Pflichten nach, arbeitete in der Universität für Meeresbiologie, traf mich mit meinen alten Freunden und vergaß Brutus fast wieder. Doch immer, wenn ich alleine zuhause war, fiel es mir wieder ein und ich studierte das Bild. So ging es mehrere Tage. Immer wieder versuchte ich meinen besten Freund zu erreichen, doch es ging immer die Mailbox dran. Mittlerweile waren es schon 20 Nachrichten in fünf Tagen.
Das war dann doch nicht Brutus Art und ich fing an, mir langsam Sorgen zu machen. Ich hoffe ihm ist nichts passiert. Ich muss doch jemanden erreichen können. Ich sah auf die Uhr. Es war 02:14 Uhr, also könnte ich seine Chefin erwischen. Ich wählte ihre Nummer und wartete ungeduldig ab. Endlich ging jemand ran und sagte: „Meeresbiologie-Zentrum in Wellington. Frau Johnson, guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen?"
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Die kleine Meerjungfrau - einmal anders
FantasíaTief unten im Meer lebte die kleine Meerjungfrau als Jüngste von den sechs Töchtern des Meerkönigs. Sie war schon immer anders als ihre Schwestern gewesen, sie hatte nicht so langes goldenes Haar wie sie und auch ihr Fischschwanz war nicht so glänze...