Der Fluch bester Freunde und 299. Geburtstage

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von malecfan_forever

Auf alles gefasst saß Ragnor auf seinem Sofa und aß einen Vanille-Joghurt. Eigentlich müsste er um diese gottverdammte Uhrzeit noch schlafen, es war noch dunkel und heute war sein 299. Geburtstag, aber letztes Jahr hatte Magnus für mehrere traumatische Erlebnisse gesorgt und Ragnor wollte vorbereitet sein.

Grimmig tätschelte er den Baseballschläger neben sich. Keine Ahnung wo er den her hatte, aber Magnus würde sich nicht besonders darüber freuen, sollte er es wagen hier aufzutauchen. Als die Türklingel laut durch die Wohnung hoch über London schallte, wäre fast ein Joghurtbecher eines grausamen Todes (sprich durch Aufprall auf das weiße Sofa) gestorben.

Den Baseballschläger in der Hand schlich Ragnor zur Haustür. Innerlich bis drei zählend riss er die Tür auf: "MAGNUS! Ich hab dir doch gesa..."

Vor der Tür stand Raphael Santiago, frischgebackener Vampir, ehemaliger Mitbewohner von Magnus Bane und Zerstörer dessen neuester Glitzerkollektion, der den Finger schon fast wieder an der Türklingel hatte und Ragnor mit hochgezogener Augenbraue anstarrte.

So unauffällig wie möglich ließ Ragnor den Schläger hinter seinem Rücken verschwinden. "Gut, du bist nicht Magnus. Komm doch rein."

"Dios. Sehe ich aus wie ein Irrer mit zu viel Glitzer?" Raphael schnaubte empört. „Netter Schläger übrigens." Damit trat er ein und Ragnor schloss schnell die Tür. Dann führte er den Vampir ins Wohnzimmer. "Was kann ich für dich tun?"

"Ich hab gehört du hast Geburtstag." Raphael sah sich in der Wohnung um "Da wollte ich dir gratulieren." Ragnor setzte sich aufs Sofa und Raphael nahm neben ihm Platz. "Danke sehr. Und um auf den Baseballschläger zurückzukommen, ich wünsche nicht mehr von Magnus früh morgens an meinem Geburtstag geweckt zu werden. Einmal im Leben reicht vollkommen."

Raphael grinste, wobei seine Eckzähne zum Vorschein kamen. "Ich glaube weniger, dass er dazu in der Lage wäre. Außer er hat schon bemerkt, dass etwas mit seinem Kleiderschrank passiert ist. Ich habe ihm ein Abschiedsgeschenk dagelassen."

Hach, er mochte diesen Jungen. Obwohl er mit Magnus zu tun gehabt hatte, war seine Gesellschaft mehr als nur erträglich. Auch wenn Ragnor sein Wissen über Magnus' Privatleben nicht wirklich teilen wollte. Um genau zu sein, wollte er dieses Wissen gemeinsam mit dem leeren Joghurtbecher auf Nimmerwiedersehen im Müllschlucker verschwinden lassen.

"Das freut mich zu hören", Raphael seufzte. "Wusstest du dass er ein Extrafach nur für schimmernde Hosen hat? Das Fach sieht aus wie in Einhornkotze getränkt." Allein der Gedanke löste in Ragnor eine Welle des Grauens aus. "Es wundert mich nicht einmal. Darf ich dir etwas zu trinken anbieten?"

Raphael winkte ab. "Ich habe schon gespeist. Und fühlte mich gleich an Magnus' Katzenvieh erinnert." Er schauderte.

"Jaja, der arme Vorsitzende. Sein Leben besteht aus Hochs und Tiefs. Futter und Glitzer und Partys mit zu vielen Leuten mit zu wenig Kleidung." Ragnor erinnerte sich an das eine Mal, wo er zu seinem Leidwesen zugestimmt hatte auf die Katze aufzupassen. Die nächsten vier Tage hatte er seine Wohnung entglittert. Er hatte damals sogar überlegt einfach auszuziehen, statt sich die Mühe zu machen, lila funkelnde Katzenhaare aus seinem Perserteppich zu sammeln (das hätte auch noch den Vorteil gehabt, dass er Magnus seine neue Adresse hätte verheimlichen können).

"Ob man mal den Tierschutz auf ihn loslassen sollte?" Raphael grinste verschlagen.

Ragnor schüttelte bedauernd den Kopf. "Hab ich schon versucht. Die Behörde hätte ihm beinahe noch einen Gecko geschenkt. Er hat ihn glatt genommen –weil er angeblich so fantastisch zu seinen Schlangenlederschuhen passte."

Den restlichen Tag verbrachten Ragnor und Raphael damit, Magnus Glitzerkollektion zu beleidigen, über seine Kleidung abzulästern und den armen Kater zu bemitleiden. Ragnor erzählte von einigen Abenteuern aus Peru, jene Nacht wurde ausreichend bedauert, während das Abenteuer auf hoher See Raphael sehr zu amüsieren schien.

Als die Sonne unterging, saßen Ragnor mit Weinglas und Raphael mit einer dunkelgrünen Tasse beisammen auf der Dachterrasse. Sie waren mittlerweile zu dem Schluss gekommen, dass Ragnor schon mehr als genug unter Magnus' Existenz hatte leiden müssen.

"Aber ich muss ehrlich zugeben, Magnus hat auch gute Seiten", nachdenklich starrte Ragnor in sein Weinglas. "Man kann sich hundert pro auf ihn verlassen, Langeweile ist bei ihm verboten und er schafft es immer und immer wieder sich das Herz brechen zu lassen, ohne seine Lebensfreude zu verlieren. Und dafür verdient er meinen vollsten Respekt."

Raphael runzelte nickend die Stirn. "So sehr ich es auch gehasst habe bei ihm zu wohnen... und so sehr ich es hasse das zuzugeben...ohne ihn würde ich nicht mehr leben. Und –dios– er hatte unglaubliche Geduld mit mir."

Kurze Zeit blieb es still, Ragnor starrte abwesend in sein Weinglas. Der Wein war wirklich gut. Ein Geschenk vom Rat der Hexenmeister. Ragnor war positiv überrascht gewesen, dass sie an seinen Geburtstag gedacht hatten. Aber irgendwas war anders gewesen heute. Irgendwas fehlte.

"Wie alt ist er eigentlich, Ragnor? Er hatte es mir nie verraten."

Ragnor verzog das Gesicht. "Letzte Woche war er dreihundert, vor fünfzig Jahren war er fest überzeugt vierhundertachtzig zu sein. Ich persönlich schätze ihn ja auf sechshundert."


Raphael nickte, "Das ist ziemlich alt. Schade dass er keine Falten hat."
Bei dem Gedanken musste Ragnor grinsen. "Er würde ausflippen und jede Faltencreme des Landes aufkaufen."

Raphael stellte seine Tasse ab und stand auf. "Das macht er doch sowieso schon", er streckte sich. „Nun, ich muss dann auch gehen. Es war wirklich erfrischend, einen Tag mit dir zu verbringen, Ragnor."

Ragnor begleitete ihn zur Tür. "Das müssen wir unbedingt wiederholen!" Er klopfte Raphael grinsend auf die Schulter.

Als er dem Vampir die Tür öffnete, fiel ihm noch etwas ein: "Ich werde demnächst übrigens bei Magnus auftauchen. Du bist herzlich eingeladen mitzukommen. Dürfte interessant werden. Bring eine Kamera mit."

Raphael nickte überrascht. "Und warum hast du vor ihn zu besuchen?"

"Der Idiot hat meinen zweihundertneunundneunzigsten Geburtstag vergessen!!!"




Die Chroniken des Ragnor FellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt