45. Ein kleines Dankeschön

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Auf meinem Bett saß ein vollkommen verweinter und verzweifelter Diego, der zusammengekauert seinen Gedanken nach ging. Seine Arme hatte er um mein Kopfkissen geschlungen und drückte es fest an sich. Mein armes Kissen... Wenn er so weitermacht erstickt er es noch. Er hatte mich noch gar nicht bemerkt. Immer wenn er einatmete, zitterte er am ganzen Körper. Es tat ihm wirklich leid und ich sah es ihm deutlich an. Ich ließ die Tür hinter mir laut ins Schloss fallen und sah wie Diego erschrocken zusammen zuckte. Er sah mich an und wurde noch kleiner als ohnehin schon. Das war der Moment, wo ich wusste, dass ich ihm schon längst verziehen hatte. „Vertraust du mir?", fragte ich ihn. Er nickte leicht und musterte mich verwirrt. Ich schloss die Tür hinter mir und nahm den Schlüssel an mich. „Du gehst nicht eh wir miteinander gesprochen haben!", sagte ich kalt. Diesen kleinen Funken Hoffnung in Diegos Augen erlosch sofort wieder und er sank noch mehr in sich zusammen. „Was sollte das vorhin am See?", fragte ich ihn und stellte mich mit verschränkten Armen vor ihn. „Es tut mir wirklich leid, Clara! Ich wollte dich wirklich nicht schlagen!", hauchte er traurig.

Er stand auf und wackelte stark. Trotzdem versuchte er mir in die Augen zu sehen. „Es hat mich nur so verletzt, dass du meintest, dass ich so wäre wie Angelo und Brutus, aber anscheinend hattest du recht... Ich habe dich geschlagen, dass macht mich wirklich nicht besser!", schniefte er und senkte wieder den Blick. Meine starke Fassade bröckelte stetig und anschließend ließ ich seufzend die Arme sinken. „Meinst du, es hat mich nicht verletzt, was du gesagt hast? Ich fand es auch nicht lustig, als du meintest, dass ich Angst davor hätte, dass sich nach dir niemand mehr für mich interessieren würde... Mir war natürlich klar, dass du meine Narben gemeint hast, denn so blöd bin ich nun mal auch nicht!", sagte ich trotzig. „Es sollte nicht so rüberkommen...", murmelte Diego leise. „Ach? Wie denn dann?", fragte ich ihn patzig. Hatte Lara doch recht und er wollte mich dazu bringen, dass ich ihm sage, dass ich ihn liebe und keinen anderen haben will? „Eigentlich wollte ich nur wissen, woran ich bei dir eigentlich bin... Aber anscheinend habe ich dich nur verletzt und das seelisch und körperlich! Ich verstehe, dass du mich nicht mehr sehen willst. Gleich morgen werde ich kündigen und zurück nach Spanien fliegen. Hier hält mich nichts mehr! Jetzt wo ich dich doch verloren habe...", schluchzte er leise.

Ich starrte ihn entsetzt an. Er darf nicht gehen! „Das hast du nicht! Das hattest du nie!", flüsterte ich und lächelte ihn traurig an. Er hob überrascht den Kopf. „Du hast vielleicht Mist gebaut, aber ich kann dir dennoch verzeihen, auch wenn ich erst daran gezweifelt habe. Mensch, Diego! Geh nicht! Bei Violetta mitzuwirken ist eine riesige Chance und die einfach hinzuwerfen wäre selten dämlich! Außerdem darfst du nicht gehen... Wer beschützt mich denn dann? Wer verbringt die Nächte neben meinem Bett nur um auf mich aufzupassen? Wen soll ich denn dann lieben?", fragte ich ihn sanft und wurde zum Ende hin immer leise. Diego starrte mich noch immer fassungslos an. Langsam ging ich auf ihn zu und schloss ihn in meine Arme. Sofort drückte er mich fest an sich und vergrub sein Gesicht weinend in meinen Haaren. Mein Gesicht drückte ich an seine Brust und auch ich weinte. „Geh nicht, bitte! Ich brauche dich doch!", schluchzte ich an seine Brust. „Du hast aber einen besseren verdient als mich, Clara! Du hast jemanden verdient, der dich nicht schlägt!", sagte er ebenfalls schluchzend. „Ich will aber keinen anderen, Diego! Ich will dich in meiner Nähe haben!", antwortete ich leise. Diego klammerte sich sanft an mich. „Wirklich?", fragte er mich unsicher. Ich nickte leicht. „Ich dachte, dir wäre es egal, wenn ich zurück nach Spanien gehe?", fragte er mich traurig. Ich löste mich etwas von ihm und sah ihn an. Seine Augen waren noch mehr gerötet als ohnehin schon und Tränen liefen unentwegt über seine Wangen.

„Das habe ich doch nur gesagt, weil ich sauer war. Es ist mir nicht egal... Ich könnte es nicht ertragen, wenn ich dich gehen lassen müsste!", meinte ich und wischte immer wieder seine Tränen weg. Diego lächelte, aber schwankte bedenklich. „Setz dich besser wieder hin. Nicht das du mir hier noch umkippst!", sagte ich sanft. Zu meiner Überraschung setzte er sich einfach auf den Boden und grinste mich frech an. Ich setzte mich neben ihn. „Dir ist klar, dass ich jetzt auch hier unten schlafen werde!", klärte ich ihn auf, doch er schüttelte widerstrebend den Kopf. „Nein, Clara. Du schläfst schön brav in deinem Bett, denn dafür hast du eins!", sagte er stur. „Aber da passen auch zwei Personen rein, also komm! Sonst lässt du es dir auch nicht zweimal sagen, wenn du dir mit mir ein Bett teilen kannst!", lachte ich leise. Diego seufzte. „Na gut, dann musst du mich nur auf die Beine ziehen!", stellte er klar. Ich lachte freudig auf und zog ihn auf die Beine. Wie damals stolperte ich, doch Diego fing mich auf. Wir sahen uns lange an, dann kam Diego mir vorsichtig näher. „Na, küsst man denn seine beste Freundin?", fragte ich ihn streng. Er seufzte traurig und schüttelte den Kopf. Ich fing an zu grinsen, lehnte mich nach vorne und küsste ihn sanft. Überrascht zog er mich erst auf die Beine und dann näher an sich. Ich löste mich sanft wieder von ihm. Er lächelte glücklich. „Ich dachte, beste Freunde küssen sich nicht?", fragte er scheinheilig. Ich umarmte ihn sanft. „Das war ein kleines Dankeschön!", hauchte ich in sein Ohr. „Wofür?", fragte er mich verwirrt.

„Einmal, dafür, dass du mich gerettet hast vor dem Auto und einmal, weil du dich so lieb um Lara kümmerst um sie glücklich zu machen!", antwortete ich sanft. „Das ist doch kein Problem. So etwas machen beste Freunde doch!", murmelte er und ich wusste, wie weh ihm diese Sätze taten. „Ich habe dich lieb, Diego!" Ich drückte ihm ein Kuss auf die Wange und löste mich dann von ihm. Müde setzte ich mich auf mein Bett. Diego setzte sich neben mich. „Leg dich hin und schlaf, Clara! Ich werde auf dich aufpassen! Das bin ich dir schuldig!", raunte er mir zu. Ich gab ihm den Schlüssel. „Du musst aber auch ein bissen schlafen, Diego! Du bist auch ziemlich fertig. Ich habe dich doch eben selbst gesehen!", gab ich zurück. Nach einer kurzen Diskussion legten wir uns also beide hin und ich kuschelte mich an ihn. Sanft deckte er uns zu und legte seine Arme um mich. „Gute Nacht, Diego!", flüsterte ich erschöpft. „Gute Nacht, Clara! Träum schön, kleine Prinzessin", hauchte er und zog mich an sich. „Du auch!", sagte ich leise im Halbschlaf und binnen weniger Sekunden war ich schon eingeschlafen.

Claras Vergangenheit ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt