Kapitel 1

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Mario's Sicht
Freitag

Noch bevor ich irgendetwas sagen konnte, haben meine Eltern hinter meinem Rücken entschieden, dass wir umziehen werden. Aber ich wollte nicht weg, weil Memmingen mein Zuhause ist, na ja...war. Ich besass wirklich wenig Durchsetzungskraft. Das hatte ich gemerkt, als ich mich schon im Auto befand, auf dem Weg in dieses neue Leben, das mir so fremd vorkommt. Naja, jedenfalls stehe ich genau hier vor meinem neuen Haus in Dortmund. Es fühlte sich so surreal an, so als würde ich bloss einen schrecklichen Albtraum durchleben, von dem ich nicht wieder aufwachen könnte, aber es war die Realität. Die bittere Wahrheit. Ich bin tatsächlich nach 18 Jahren, die ich zuvor in meinem Leben hatte, umgezogen.
"Ach, komm Mario! Zieh nicht so ein langes Gesicht, es wird dir bestimmt auch hier gut gehen!", sagte meine Mutter Astrid hoffnungsvoll. Woher wollte sie das denn wissen?! Sie hatten mich nicht einmal nach meiner Meinung gefragt, oder wie ich mich fühlen würde, wenn wir umziehen würden. Nein, so ging das bei meinen Eltern ja gar nicht!
Ich bin stinksauer! Ich hatte Freunde in Memmingen, ich hatte gerade mit meinem Wirtschafts-Studium begonnen, ich hatte dort ein LEBEN, verdammt nochmal! Hätten sie mich gefragt, hätte ich nein gesagt und wir wären immer noch in Memmingen, dort wo ich nun mal hingehöre. Scheisse!
"Na los Fabian, hilf den Umzugshelfern unsere Sachen ins Haus zu bringen. Du kannst mit deinen Sachen anfangen.", sagte mein Vater.
"Alles klar.", sagte er und ging zu den Helfern.
"Das Gleiche gilt auch für dich, Felix.", sagte Mum.
"Wenn's sein muss..."
Wenn sie tatsächlich glaubten, ich würde mitanpacken, dann haben sie sich aber richtig geschnitten. Aber es brachte auch nichts sich dagegen zu wehren. Ich musste mich Wohl oder Übel damit abfinden, dass ich von jetzt an, hier wohnen würde.
"Mario, warum gehst du nicht ein wenig in die Stadt, dich ein bisschen umsehen, was angeboten wird? Und wir kümmern uns um das Haus.", schlug mein Vater vor, der gerade ein Karton mit Geschirr unter seiner Armbeuge hielt.
"Ach komm Jürgen, wenn er nicht will, dann muss er doch nicht.", ermahnte ihn meine Mutter. Er gab das Paket einem Umzugshelfer und hob dann entschuldigend seine Hände.
"Ich dachte nur es könnte ihm helfen sich einzugewöhnen."
Wohl eher mich damit abzufinden...
"Na gut, mach was du willst. Wir halten dich nicht auf.", sagte er zum Schluss und widmete sich wieder den grossen und kleinen Kisten.
Ich, so brav wie ich nun mal war, folgte ausnahmsweise mal meinem Vater und machte mich auf dem Weg zum Auto. Ich hatte meinen Führerschein vor zwei Jahren gemacht. Durch die Prüfung war ich stolzerweise bloss einmal durchgerasselt. Der Grund war mein Fahrlehrer...Ich gab immer ihm die Schuld für mein Versagen. Zu enge Hosen sollten aber auch verboten sein. Jetzt war ich 18 und fahrtüchtig, dank meiner Fahrlehrerin. Ich schaltete mein Navi ein und tippte danach die Koordinaten eines x-beliebigen Cafés in der Innenstadt ein. Dann konnte es auch schon losgehen.

Marco's Sicht

Und ein weiterer anstrengender Tag näherte sich dem Ende zu. Ich studierte an der Dortmunder Universität Wirtschaft und Recht, weil ich später mal was aus mir machen wollen würde. Es ist 17.00 Uhr und die letzte Vorlesung wurde gerade von Herr Bubendorf beendet. Er unterrichtet Wirtschaft und nebenbei auch Philosophie. Aber ich dachte nicht, dass sich überhaupt jemand traute zu seinem Kurs zu gehen. Denn, wenn es um Philosophie ging, kannte Herr Bubendorf kein erbarmen, deshalb war es auch so schwer eine gute Note bei ihm zu bekommen. Ich packte meine Bücher in meine Umhängetasche und verschwand Richtung Ausgang.
"Hey, Marco.", kam es von einer süssen Brünette, die mich passierte. Ich winkte ihr zu. Dann, ein paar Sekunden später, sah ich zwei andere, die mir von ihren Spinden aus zuwinkten. Ein paar Schritte später, traf ich schon auf die anderen Jungs, Mats, Moritz, Auba, Kevin und Marcel. Befreundet waren wir schon von Klein auf. Wir gingen immer durch dick und dünn, uns konnte keiner trennen und ausserdem...waren wir die beliebtesten Studenten der ganzen Universität. Wenn irgendwo 'ne Party stieg, waren wir dabei und standen wie immer stets im Mittelpunkt. Uns konnte keiner das Wasser reichen. Auba und Moritz sind beide 21, genauso wie ich. Sie studierten aber Architektur und hatten den Traum zusammen ein Unternehmen zu gründen. Moritz & Auba AG, sagten sie solle es heissen. Sie sagten aber zum Glück auch, dass der Name ausbaufähig sei...
Kevin war 20 und studierte Jura. Er war im vierten Semester und hatte vor sich für einen Monat eine Pause zu gönnen. Was sollte ich da sagen...Jura studieren war scheisse, aber wenigstens hatten dann Moritz und Auba einen Anwalt, falls ihre Firma doch den Bach runterginge. Marcel und Mats verfolgten andere Pläne. Beide mit 22 Jahren, hatten sie es tatsächlich gewagt sich in Herr Bubendorfs Philisophie-Kurs anzumelden und versagten schon teilnahmslos bei der ersten Prüfung. Aber ich hatte sie gewarnt...
"Und Marco, bist'e heute dabei, oder was?", fragte mich Auba. Heute soll eine Party bei Julian stattfinden. Er war der einzige Mensch auf dem Kampus, der in einem Haus wohnte. Seine Eltern waren reich, wer konnte's ihm schon verübeln. Würd ich auch tun, wenn ich das nötige Geld hätte...Naja, wir hassten ihn, änderte aber nichts an der Situation, dass er geile Parties schmiss.
"Ich weiss nicht, ich überlegs mir noch."
"Was gibts da noch zu überlegen, man! Bräute ohne Ende, die nur darauf warten von uns abgeschleppt zu werden!", sagte Auba.
"Und vergiss das Saufen nicht, Alter. Du weisst wie Julian ist, man. Bei ihm gilt immer: All you can drink!", mischte sich Marcel ein.
"Du musst einfach dabei sein.", sagte Kevin anschliessend.
Ich wollte eigentlich meinen Freitagabend ausnahmsweise mal Zuhause bei meinen Eltern verbringen, weil ich am Wochenende bloss noch am Feiern war, was mich schon langsam anfing zu nerven, aber...da konnte ich einfach nicht nein sagen.
"Alles klar. Ich bin dabei.", sagte ich und Auba, so wie er sich nun mal freute, die Truppe wieder beisammen zu haben, schlug bei mir ein und sagte ständig, dass ich es nicht bereuen würde.

Götzeus - Es passierte in jener Nacht (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt