Nachdem ich meinen Entschluss gefasst hatte, stand ich auf. Schnell zog ich mir meine Sportsachen an, steckte mir eine Taschenlampe ein und ging aus meinem Haus. Neben meinem Zuhause war ein riesiges Waldgebiet, das ich liebend gern einmal auskundschaften würde.
Gesagt getan, nach ein paar Dehnübungen joggte ich in Richtung Wald. Immer tiefer lief ich durch diesen und genoss die Ruhe. Mit jedem Meter wurde mein Gemüt ruhiger und meine Gedanken über diesen mysteriösen Fall ließen nach. Seit Tagen hatte ich einen freien Kopf und konnte endlich über etwas anderes nachdenken. Befreiend atmete ich tief die kalte Waldluft ein und lächelte.
Gedankenverloren joggte ich weiter und war froh allein zu sein. Doch so allein, wie ich dachte war ich nicht, denn fünf Minuten später lief ich an einer Frau vorbei. Eine Frau? Mitten im Wald? In der Nacht? Ich sollte lieber zurück...nicht das ihr noch etwas passiert., dachte ich besorgt und stoppte kurz hinter ihr.
"Verzeihen Sie bitte, aber was macht eine so junge Frau abends allein im Wald?", rief ich ihr zu, nachdem ich mich zu ihr umgedreht hatte.
Auch sie drehte sich um und antwortete mir knapp: "Ich war schwimmen."
Schwimmen? So spät? Oh wie unhöflich von mir, ich hab mich noch nicht einmal vorgestellt. "Oh, bitte entschuldigen Sie. Ich bin Noah, Noah Walker", meinte ich daraufhin und hielt ihr die Hand hin.
Leicht fing ich an zu lächeln, als sie mir ihren Namen verriet. Was für ein sehr außergewöhnlicher und schöner Name, Meredia. Den werde ich so schnell nicht vergessen, genauso wie diese Frau. Kurz musterte ich sie. Wunderschöne wellige rote Haare, die ihr bis zur Mitte ihres Rückens reichten und ein ebenmäßiges Gesicht. Was mich am meisten an ihr faszinierte, waren ihre dunkelbraunen Augen. Sie strahlten richtig. Kurz musste ich nachdenken, was sie noch zu mir gesagt hatte. Ach ja, sie meinte, dass ich sie duzen dürfte. Freundlich lächelte ich sie an und meinte: "Ich würde dich gerne nach Hause begleiten. Mir ist irgendwie nicht wohl bei dem Gedanken, so eine hübsche Frau allein durch die Dunkelheit gehen zu lassen."
Kurz wollte sie protestieren, doch ich ging darauf nicht ein und begleitete sie aus dem Wald heraus. Um die unangenehme Stille zwischen uns zu beenden, erzählte ich ein bisschen von mir und meinem Fall, an dem ich dran war. Ich musste einfach mit jemanden darüber reden und dachte, dass es nicht schlimm wäre, es Meredia zu erzählen. Interessiert fragte sie, worum es bei diesem Fall ging. So fing ich beim Anfang an: "Mein bester Freund hat mir vor einiger Zeit ein Foto geschickt, auf der eine Wunde zu sehen war. Er hatte mir geschrieben, dass er ein Mädchen im Wasser treibend mit dieser seltsamen Wunde gefunden habe. Als ich nach Neuseeland kam, um mit ihm darüber zu reden, wurde er bereits seit Tagen vermisst. Irgendwann hat die Polizei sein Boot und seine Leiche gefunden, die auf grausamste Art zugrichtet worden war. Seitdem arbeite ich daran, herauszufinden, was damals passiert ist und wer meinen Freund umgebracht hat."
Nachdem ich es ihr erklärte, war es kurz still zwischen uns und ich versuchte die Bilder von seiner Leiche zu verdrängen. Wieder bildete sich ein Kloß in meinem Hals und mein Blick wurde leicht verzweifelt. Doch ich riss mich zusammen und hoffte, dass sie meinen kurzen Gefühlsausbruch nicht mitbekommen hatte. Zum Glück merkte es sie wirklich nicht und fragte mich stattdessen: "Weißt nur du davon?"
Es war erstaunlich wie ruhig sie es aufnahm, andere Menschen wären entsetzt gewesen und hätten mir ihr Mitleid gezeigt. Dies bekräftigte mich, ihr noch etwas darüber zu erzählen und schüttelte den Kopf. "Nein, offiziell weiß niemand davon, nur ich."
Als sie weiterhin interessiert fragte, was ich denn schon herausgefunden hätte, kratzte ich mich verlegen am Kopf und wich geschickt, oder weniger geschickt, ihrer Frage aus. Vielleicht dachte sie dadurch, dass ich es ihr noch nicht erzählen wollte, was eigentlich verständlich wäre, ich kannte sie schließlich erst seit, sagen wir mal, zehn Minuten. Endlich hatten wir den Wald verlassen und gingen nun die Straße entlang. Nach einer kurzen Zeit, blieb sie am Gartentor der Millers stehen. Verwirrt blickte ich sie an und fragte sie: "Du lebst bei den Millers? Die lassen doch normalerweise niemanden ins Haus, zumindest Kurt Miller, erzählt man sich."
Ich hatte in kurzer Zeit viel von den Bewohnern dieser Stadt gehört, insbesondere von den Millers und ihrer sogenannten Gastfreundschaft. Doch als sie meinte, dass sie Millers Nichte wäre, fing ich an zu lächeln und gab ein "Ach so." von mir.
Sie wünschte mir eine gute Nacht und lächelte noch einmal an. "Gute Nacht, Meredia", gab ich zurück und ging langsam nach Hause.
Seitdem ich im Wald war, wurde ich allmählich wieder ruhiger und konnte seit Tagen wieder richtig durchatmen. Zwar beschäftigte mich der Mord noch immer, aber die kurze Zeit in der ich abgelenkt war, durch das Joggen und das Treffen mit Meredia, hatte mich wieder komplett umgepolt. War ich noch vor zwei Stunden total nervlich am Ende, unausstehlich und reizbar, konnte ich nun wieder etwas lächeln und die klare Nacht genießen. Immer noch lächelnd, schloss ich meine Haustür auf und ging unter die Dusche. Das lauwarme Wasser entspannte meine Muskeln und die restliche Anspannung des Tages fiel von mir ab. Zwar wusste ich, dass sie morgen sofort wieder da sein würde, doch wenigstens heute konnte ich in Ruhe einschlafen. Nachdem ich den Wasserhahn abgestellt und mich abgetrocknet hatte, ging ich nur mit einer Jogginghose bekleidet und einem Glas Whiskey auf den Balkon. Auf diesem zündete ich mir eine Zigarette an, sah hinauf zum Mond und dachte über das Treffen nach. Meredia war sehr nett...und sie hatte es tatsächlich geschafft mich auf andere Gedanken zu bringen...sie hatte meiner Seele echt gut getan...ich hoffe ich treffe sie wieder. Sie ist zurzeit die Einzige, die mich aus meinem Loch herausholen könnte...obwohl ich sie noch nicht einmal richtig kenne...ich bin echt verzweifelt...so schnell habe ich noch nie jemanden vertraut, noch nicht einmal Brutus...Brutus...NEIN! AUS! Heute will ich nicht mehr an ihn denken...ich brauch auch mal eine Nacht für mich!
Ich verbannte nun jegliche Gedanken aus meinem Kopf, trank meinen Whiskey und drückte die Zigarette aus. Am besten wäre es, wenn ich jetzt schlafen gehen würde, da ich sonst wieder anfangen würde zu grübeln. So stellte ich das Glas in den Geschirrspüler und schmiss mich in mein Bett. Als ich endlich eine gemütliche Schlafposition gefunden hatte, schlief ich mit einem Lächeln ein. Der Traum, den ich in den letzten Tagen immer wieder hatte, begann immer gleich.
Wieder stand ich vor denÜberresten meines besten Freundes und konnte mich nicht bewegen. Das einzigeLicht in diesem Raum war über diesen Überresten, der Rest wurde durch unendlicheSchwärze verschluckt. Ich hatte jegliche Kontrolle über meinen Körper verlorenund so konnte ich nur die Leiche anstarren und hoffen, dass mich jemandwegzerren würde. Doch ich wusste, dass das niemand tun würde. Mir war so kalt,aber nicht nur äußerlich, nein, die Kälte kam aus meinem Inneren und breitetesich aus. Niemand war in meiner Nähe und sah mich hier im Obduktionsraum. Sostand ich gefühlte Stunden neben dem Leichentisch und konnte nur auf dieÜberreste starren. Langsam konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Nunverließen sie meine Augen und strömten meine Wangen hinunter. Ich hatte nochnicht einmal die Möglichkeit meine Hand zu heben, um sie wegzuwischen. Dochplötzlich wurde mir warm und hinter mir tauchte ein helles Licht auf. Ichspürte wie jemand meine Schulter umfasste und mich zu sich umdrehte. Am Anfangkonnte ich nichts sehen, da das neue Licht mich zu sehr blendete, doch dannerkannte ich die feinen Gesichtszüge von Meredia. Diese lächelte mich traurigan und strich mir die Tränen aus dem Gesicht. Die Wärme, die mich umfing,machte mich wieder lebendig. Doch ich wollte mich nicht bewegen. Ich hatteAngst, dass nur eine falsche Bewegung von mir, Meredia wieder verschwindenließ. Doch das Gegenteil trat ein. Meredia nahm meine Hand in ihre und meinte:"Komm Noah. Ich bringe dich hier weg." Und so führte sie mich vondiesem schrecklichen Ort weg und gab mir Kraft.>b
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Die kleine Meerjungfrau - einmal anders
FantasíaTief unten im Meer lebte die kleine Meerjungfrau als Jüngste von den sechs Töchtern des Meerkönigs. Sie war schon immer anders als ihre Schwestern gewesen, sie hatte nicht so langes goldenes Haar wie sie und auch ihr Fischschwanz war nicht so glänze...