22. Ghosttown

2.3K 102 11
                                    

"Die anderen werden bestimmt bemerken, dass wir nicht hinter ihnen sind, oder?", fragte ich Collin, der irgendwie nervös mit dem Daumen auf seinem Lenkrad herum hämmerte.
"Ich weiß es nicht. Bis jetzt haben sie es ja vermutlich noch nicht getan."
"Komm schon Chace, schau in den Rückspiegel.", sagte ich mehr zu mir selbst.
"Was?"
Ich sah ihn verwirrt an und realisierte dann, was er meinte.
"Ach nichts, ich rede nur mit mir selbst."
Er sagte nichts mehr, genauso wenig wie ich.
"Ich habe Hunger. Haben wir etwas zu essen hier?" Ich hatte natürlich Hunger, schließlich hatte ich immer Hunger. Und dann auch noch in so einer Stress Situation.
"Lass uns mal nachsehen." Er stieg aus, was ich ihm gleich machte und wir gingen zusammen zum Kofferraum. Natürlich war er absolut leer.
"Sag mal hast du eigentlich irgendwas in deinem tollen Porsche?", fragte ich ein wenig genervt.
"Es tut mir leid, dass dein Bruder alles in sein Auto gepackt hat."
Ich stieß einen Seufzer aus und lehnte mich gegen das Auto.
"Was machen wir denn jetzt?"
"Wenn ich mich nicht täusche war vorher ein Schild, dass ein Restaurant in ein paar Kilometer kommt."
"In ein paar Kilometer?"
Er nickte und ging vor um die Autotür zu schließen und schloss das Auto ab, was man mit einem lauten Klicken hören konnte.
"Sollten wir hier nicht lieber auf die anderen warten?"
"Ich weiß nicht, aber wir haben kein Netz und vielleicht haben wir dort ja eines. Oder sie haben Wlan, wer weiß?", er sah mich fragend an und nach einer kurzen Weile stimmte ich zu.
"Na gut, lass uns laufen. Aber ich sage es dir im vorn herein: Ich habe kurze Beine, das heißt, dass ich langsam laufe."
____________________

"Ich glaube ich muss sterben", brachte ich gerade noch heraus, danach ließ ich mich nach hinten fallen.
"Na komm schon, es ist bestimmt nicht mehr weit." Collin packte mich an beiden Handgelenken und zog mich wieder nach oben.
"Das hast du auch schon vor einer Stunde gesagt!" Ich konnte nicht mehr, mittlerweile liefen wir fast 3 Stunden und es war immer noch kein Restaurant in Sicht. Meine Beine schmerzten und obwohl es nicht sonderlich warm war, fühlte es sich an, als hätte es mindestens 40 Grad. Ja, ich war nicht gerade die sportlichste.
"Du schaffst das schon, ich glaube an dich."
Ich sah ihn verzweifelt an. Warum waren die anderen immer noch nicht hier? Mittlerweile müssten sie doch wohl gemerkt haben, dass wir nicht mehr hinter ihnen sind, denn sie müssten schon lange angekommen sein. Und Netz hatten wir natürlich auch noch nicht. Das war ein toller Start in die Woche.
Langsam setzte ich mich in Bewegung und trottete neben Collin her.
"Ich schwöre, wenn wir nicht gleich da sind, dann setzte ich mich hier hin und warte, bis ein Auto vorbei kommt." In den letzten drei Stunden war nämlich tatsächlich noch keines vorbei gekommen, warum auch immer. Ich weiß ja wirklich nicht, wo diese Hütte war, aber anscheinend wollte niemand in die Richtung fahren oder von ihr kommen.
"Wenn wir endlich bei dem Restaurant angekommen sind, dann kaufe ich dir das größte Essen, das sie haben, okay?", sagte er und lächelte mich an.
"Na gut, und ich will Kuchen.", gab ich ebenfalls lächelnd zurück.
"Für dich alles, Prinzessin." Ich ignorierte das, da ich es irgendwie nicht toll fand, dass er mich so nannte. Ich konnte mich jedoch an die Party bei uns erinnern, da hatte er mich auch schon so genannt. "Fall nicht hin Prinzessin." hatte er gesagt, nachdem er mich aufgefangen hatte.
"Oh mein Gott!", rief ich dann aus, denn ich sah, zwar in der Ferne, das Restaurant, "schau da Collin, ich sehe es!"
Er fing nur an zu lachen.
"Was ist so lustig?"
"Na wie du dich freust."
"Ich freue mich auf den Kuchen."

Es standen keine Autos davor, jedoch verrät ein Schild an der Tür, dass es geöffnet hatte. Wer würde in so einer Einöde denn ein Restaurant hin bauen?
Ich öffnete die Eingangstür und es sah wirklich verlassen aus.
"Denkst du hier ist überhaupt jemand da?", fragte ich Collin, der genau hinter mir war.
"Hoffen wir es mal." Er sah auf sein Handy, "Immer noch kein Netz."

"Hallo?", rief ich hinein und ich erschrak fast, als eine Antwort kam.
"Ja? Ich bin gleich bei euch!", es war eine weibliche Stimme und es dauerte nicht lange, da kam eine Frau hinter den Tresen hervor. Sie sah überrascht aus, uns zu sehen.
"Hey, kann man hier etwas zu essen bekommen?", fragte Collin und sie erwiderte erfreut: "Natürlich! Setzt euch doch an einen Tisch und ich bringe euch gleich die Karte!"
Somit gingen wir zu einem Tisch ans Fenster und schon Sekunden später kam sie aufgeregt zu uns.
"Hier bitte. Möchtet ihr Kaffee? Bei uns geht Kaffee immer aufs Haus." sie reichte uns die Karte.
"Das wäre lieb.", sagte ich und Collin stimmte zu. Sie lief hinter den Tresen und kam mit einer Kaffee Kanne und zwei Tassen wieder. Die Frau war nicht älter wie 30 und hatte kurze, braune Haare. Ihr Lächeln war freundlich, was sie sofort sympathisch machte. Ihre Schürze hatte die Farben gelb und rot, welche auch überall im Restaurant zu sehen waren, anscheinend waren also das die offiziellen Farben. Nachdem sie uns Kaffee eingeschenkt hatte, ging sie wieder und wir schauten in die Karten.
"Ich nehme einen Burger." stellte ich fest, "Mit großen Pommes und Cola."
"Dann nehme ich das gleiche", erwiderte Collin und als die Bedienung wieder kam, gaben wir das zu ihr weiter.
"Haben sie hier vielleicht Wlan? Oder ein Telefon?", fragte er, nachdem sie alles notiert hatte.
"Das Telefon steht dort.", sie zeigte nach hinten, "du kannst es gerne benutzen, wenn du möchtest."
Sofort stand er auf um wahrscheinlich die anderen anzurufen.
"Ihr habt hier nicht häufig Gäste, oder?", fragte ich die Frau.
"Nein, leider nicht, hier kommt fast nie jemand vorbei."
"Warum denn, wenn ich fragen darf?"
"Nicht weit von hier, ungefähr zwei Kilometer, liegt San Brose." sie sagte das, als müsste ich wissen, was das ist. Als ich nicht antwortete, redete sie weiter.
"Die Geisterstadt? Noch nie davon gehört?" Ich schüttelte den Kopf.
"Vor 20 Jahren war San Brose eine wunderschöne Stadt. Viele süße Läden in der Innenstadt und das beste war vermutlich der riesige See in der Mitte. Dorthin kamen oft viele Touristen, denn er ist wirklich wunderschön. Der schönste."
"Ich dachte der Silbermondsee ist der schönste?", ich erinnerte mich daran, was die anderen im Cafe gesagt hatten."
"Ja jetzt. Oder nein, vermutlich ist er es nicht, denn der Lake Brose, so nennt man ihn, sieht immer noch genauso aus, wie vor 20 Jahren. Ich war dort oft mit meinen Eltern, als ich klein war. Doch Dann passierte etwas seltsames. Die ganzen Einwohner sind einfach verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt."
"Das ist doch nicht ihr Ernst, oder? So etwas ist nicht möglich, sie müssen irgendwo hin sein."
"Ich weiß nicht wo sie hin sind, das ist ja genau das komische, niemand weiß das. Sie waren an einem Tag noch da und am anderen weg. Seit diesem Tag traut sich niemand mehr in die Nähe dieser Stadt. Es ist fast so, als hätte jeder Angst, dass sie ebenfalls verschwinden. Na gut, genug mit den Geistergeschichten, ich mache mal euer Essen.", mit einem lächeln verschwand sie hinter den Tresen, genau in dem Moment, als Collin wieder kam. Er ließ sich auf den Sitz fallen und sagte dann: "Sie sind schon lange in der Hütte und dachten, dass wir vielleicht "eine Auszeit" gemacht hätten.", er formte mit seinen Fingern Gänsefüßchen.
"Was?", fragte ich verwundert, "und auch wenn, Chace würde das in Ordnung finden?" Ich war ein wenig schockiert, dass mein Bruder nicht sofort zurück gekommen wäre, wenn er gewusst hätte, dass ich und Collin irgendwo am Seitenstreifen rummachen würden.
"Anscheinend ja. Liegt an meinem Charme." Wir fingen beide an zu lachen und dann sagte er, dass Chace und Liam sofort zurück fahren würden, um uns zu holen.
"Gott sein Dank.", sagte ich nur.

___________________

Wie gefällt es euch? Meinungen bitte :(

Three sided love. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt