10. Kapitel

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"Du bist neugierig, habe ich recht?", höre ich ihn plötzlich hinter mir und lasse aus Schreck das eingerahmte Foto von ihm und einem wunderschönen Mädchen fallen. Das Glas zerspringt in tausend Teile. Ach du Scheiße. Ich bücke mich, um die Teile sofort aufzusammeln. "Bist du verrückt?! Hör auf die Scherben aufzusammeln, sonst ..." Und im selben Moment schneide ich mich an einem großen Splitter. Der Schmerz ist klein, trotzdem merke ich, wie Harry schnell verschwindet und kurze Zeit später mit einem Verband wieder auftaucht. Ich habe mich schon auf sein für ihn viel zu großes Bett gesetzt, als er meine Hand nimmt und sie verarztet. Harry scheint es mehr weh zu zu tun als mir. Das ist irgendwie süß. "Es ist nur ein kleiner Schnitt, keine große Sache.", murmel ich, das schlechte Gewissen immer noch im Nacken. "Darum geht es nicht.", zischt er, nimmt das Foto aus dem Rahmen und legt es in eine Schublade. Ich kann nicht aufhören mir zu überlegen, wer sie ist. Und meine Eifersucht macht mich wütend. "Worum geht es dann?", hake ich nach und folge ihm in die Küche. Zwei Pizzakartons stehen auf der Theke und warten darauf verspeist zu werden. Ich halte inne. "Wann sind die denn gekommen?" Ich bin von seinen ständigen Stimmungsschwankungen echt verwirrt. "Gerade eben." Harry dreht mir den Rücken zu und wäscht sich mein Blut von den Händen. Ohne ein weiteres Wort schnappe ich mir einen Karton und setze mich ins Wohnzimmer auf die Ledercouch. Er folgt mir. "Bitte nicht kleckern.", murmelt er und schaltet den Fernseher ein. Macht er das mit Absicht? Keinen Blickkontakt mehr, kein Lächeln ... mir reicht's. Ich stelle meine Pizaa auf den Couchtisch und schiebe seine auf das Sofa, bevor ich mich rittlings auf seinen Schoß setze. Die Überraschung in seinen Augen ist nicht zu übersehen. "Was ist los mit dir?" Schnell umfasse ich sein Gesicht mit beiden Händen, bevor er es wegdrehen kann. "Offensichtlich stimmt etwas nicht, ich würde gerne wissen, was das genau ist." Doch Harry starrt mich nur an. Sein Blick ist leer, ich kann keine Emotionen entschlüsseln. Ich hasse es, wenn Menschen mit mir nicht sprechende. Wenn sie einfach starren und man selbst nur noch wütender wird. "Harry!" Ich habe seinen Namen erst ein oder zweimal gesagt, es fühlt sich merkwürdig an. Aber anstatt sich auf ein Gespräch mit mir einzulassen, schiebt er mich beiseite und steht auf. Ich merke, wie mein Kopf dunkelrot wird. "Dann kann ich auch einfach gehen!", schreie ich stocksauer, aber er bleibt sofort stehen und dreht sich zu mir herum. "Nein, bitte, geh nicht ...", bittet er mich der Art leise, dass ich es kaum verstehe. Sein Gesichtsausdruck ist wie ein Schlag ins Gesicht. Ich komme mit der Situation einfach nicht mehr klar. Hatte ich mir nicht vorgenommen, mich voll und ganz auf das Projekt zu konzentrieren? Mich nicht von meinen Gefühlen steuern zu lassen? Nach einem tiefen Atemzug gehe ich an ihm vorbei und ziehe Schuhe und Jacke an. Noch bevor ich die Türklinke erreiche, nimmt er meine Hand und zieht mich zu sich. Uns trennen nur noch ein paar Zentimeter. "Geh' nicht.", wiederholt er mit kehliger Stimme. "Ich muss, es tut mir leid. Das alles ist keine gute Idee. Ich hätte niemals zu deinem Geburtstag kommen sollen. Es tut mir leid." Nach diesen Worten lässt er meine Hand los und gibt mich frei. Stille. "Leb wohl ...", flüstere ich und offene die Tür. Ich lasse einen total zerstreuten Harry Styles zurück.

Auf dem Weg in meine Wohnung läuft der Song 'Locked Away' und kann meine Tränen nicht mehr zurück halten. Ja, ich würde ihn nehmen, auch wenn der ganze Rum nicht wäre, wenn ihn nicht jeder kennen und vergöttern würde. Aber da ist noch mehr. Harry ist innerlich zerbrochen und ich muss herausfinden, warum. So wie ich ihn heute gesehen habe sollte er nicht sein. Auf die Welt macht er zwar einen glücklichen Eindruck, aber ich glaube auch er hat seine Geheimnisse. Und die soll ich aus ihm herausqurtschen und dann genau denen vorlegen, die es als letztes wissen sollten? Nein. Aber wenn ich weiterhin Zeit mit ihm verbringe, habe ich keine andere Wahl. Also gibt es nur eines, was ich tun muss. Eine richtige Entscheidung. Dieses eine Mal darf ich nicht egoistisch sein. Ich muss an ihn denken, an seine Zukunft. Er hat das alles nicht verdient. Ich bin ein so furchtbarer Mensch.

Ich habe seine Nummer gelöscht. Ich habe Angus angerufen und mich für zwei Wochen krank gemeldet. Abby habe ich das gleiche erzählt. Ich beschließe Cassie anzurufen. Wir treffen uns und ich erzähle alles. Einfach alles. Und Cassie versteht mich. Dafür liebe ich sie. "Aber du solltest es Ian auch sagen. Sei besser als er." Ich nicke, weiß aber ganz genau, dass ich es nicht tun werde. "Okay, wir beide wissen, dass ich das nicht kann." Cassie lehnt sich zurück und sieht aus meinem Wohnzimmerfenster. "Dann trenn dich von ihm." Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. "Bist du dir sicher?", frage ich und trinke einen Schluck meines Tees. "Ganz sicher. Das ist schon lange keine aufrichtige Beziehung mehr." Und ich stimme ihr zu. "Dann werde ich ihn mal anrufen." Ich will gerade aufstehen, doch Cassie hält mich zurück. "Nein. Wir fahren bei ihm zu Hause vorbei und du redest mit ihm."

Nervös zupfe ich an meinem Ärmel, bevor ich klingel. Ein letztes Mal sehe ich zu Cassie, die im Auto wartet und mir ein Lächeln zuwirft. Dann geht die Tür auf. "Emily?", fragt er sichtlich überrascht. "Hey, können wir reden?" Ich klinge freundlicher, als ich es beabsichtigt habe. Aber ich merke an seiner Reaktion direkt, dass etwas nicht stimmt. "Das ist gerade ganz schlecht ... Wie sieht's morgen aus?" ich überlege kurz. Doch bevor ich antworten kann, taucht eine Frau hinter Ian auf, schlingt ihre Arme um ihn und küsst sein Ohr. "kommst du wieder ins Bett?" Ich falle aus allen Wolken. Mir wird sofort schwindelig und ich merke die Panikattacke, die wie ein Tsunami über mich rollt und mich hinaus ins offene Meer reißt. Meine Atmung kommt stoßweise. Ich muss mich irgendwo dran festhalten, aber hier gibt es nichts mehr für mich zum Festhalten. Er hat es wieder getan. Und ich bin wieder auf ihn reingefallen. Warum? Cassie kommt sofort und legt einen Arm um mich. Während heiße Tränen mein Gesicht überfluten, bekomme ich noch so halb mit, wie Cassie Ian ohrfeigt und ihm Beleidigungen an den Kopf wirft. Dann bringt sie mich ins Auto und wir fahren.

The Deal || Harry Styles *COMPLETED* #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt