Kapitel 2 - Merkwürdige Gäste

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Ich zog mir schnell meinen beigen Parka über und griff nach meiner Tasche. Dann verschwand ich aus meinem Zimmer und verließ das Kinderheim. Ich musste mich beeilen, um noch pünktlich zu kommen.

Tatsächlich ging ich noch neben meiner Ausbildung, am Wochenende, in ein kleines Restaurant und verdiente mir neuerdings noch etwas extra Geld. Ich hatte schon einiges gespart und freute mich schon auf meine eigene kleine Wohnung, die ich mir schon ausgesucht hatte und in die ich bald zog.

Es war ja nicht so, dass das Heim die absolute Hölle war. Eigentlich war es sogar annehmbar. Ich hatte mein eigenes Zimmer und die Leiter waren recht freundlich, auch wenn sie sich genauso zu mir benahmen, wie alle anderen. Aber wann benahmen sich die Leute mir gegenüber mal nicht so?

Sogar in meinem kleinen Nebenjob und der Ausbildung haben sich meine Chefs zuerst etwas unwohl mir gegenüber verhalten. Ich hatte gehofft, dass sie mich trotzdem einstellen würden und so war es dann auch, gleich bei meinem ersten Versuch.

In der neuen Stadt, wo meine Wohnung sein würde, hatte ich ebenfalls schon eine Stelle in einem schicken Restaurant gefunden.

Ich stieg in den Bus ein der gerade vorgefahren war. Zum Glück war die Haltestelle einigermaßen nah am Heim. Ich ließ mich in das nicht besonders weiche Polster eines Sitzes, nahes des Fensters, nieder und blickte nach draußen. Wegen der Sonne musste ich die Augen etwas zukneifen, aber ich wollte nicht meine Sonnenbrille aus der Tasche holen. Ich fragte mich mittlerweile, warum ich mir die Sonnenbrille überhaupt zugelegt hatte. Ich trug sie sehr selten, da es irgendwie unangenehm für meine Augen war. Mit ihr fühlte ich mich irgendwie eingeengt durch die Brille. Vielleicht übertrieb ich ja etwas, aber so war einfach mein Empfinden.

Als meine Haltestelle durch den Lautsprecher im Bus ertönte, drückte ich den Knopf und begab mich zur Tür. Ich blickte kurz auf meine schwarze Armbanduhr um mich zu vergewissern, dass ich auch pünktlich war.

Als ich den kleinen Nebenraum im Restaurant für die Angstellten betrat, legte ich meine Tasche ab und zog mir meine Arbeitskleidung über, die relativ schlicht und schwarz war. Ich band meine hellbraunen Haare zu einem Zopf zusammen, da mir sonst meine Locken ins Gesicht fallen würde.

Ich war gerade fertig, als sich die Tür hinter mir öffnete und Lilli eintrat. "Gut, du bist schon da! Es ist heute brechen voll und ich hab schon Bescheid gesagt, dass ich etwas früher gehe", erklärte sie mir und zog sich nur schnell eine Jacke über. "Wo musst du denn noch hin?", fragte ich sie neugierig.

"Ich habe ein Termin in der Stadt", entgegnete sie unpräzise und ich fragte nicht weiter danach. Sie verabschiedete sich kurz von mir und verschwand dann auch schon wieder. Ich verstand mich zum Glück relativ gut mit den anderen Angestellten hier. Sie ignorierten mich nicht, wie es beim Heim der Fall war. Bei meinem ersten Tag hier, hatte ich gehofft, dass sie freundlich sein, aber keine Freundschaften suchen würden und genauso war es dann auch.

Ich war froh, wenn die Leute nett waren, aber ich war hier nur um etwas dazu zuverdienen und sonst nichts.

An den ersten Tisch, den ich bediente saßen drei Männer mittleren Alters in Anzügen. Sie kamen mir bekannt vor und als ich ihre Bestellung aufnahm wusste ich auch warum. Sie waren bisher schon dreimal in diesem Restaurant essen. Anscheinend gefiel ihnen das Ambiente und das Essen.

Nachdem ich ihnen die Getränke gebracht hatte, nahm ich auch schon ihre restliche Bestellung auf. "Ein Steak, medium. Dazu die Nummer 22", gab einer an und schaute mir unverwandt in die Augen. Ich senkte den Blick um einerseits die Bestellung auf zuschreiben und andererseits, weil sein Blick mir zu eindringlich gewesen war. Auch die anderen zwei Männer verhielten sich merkwürdig. Der eine schrieb hastig etwas auf ein Blatt Papier, während der Dritte einen Anruf bekam und leise ins Telefon sprach, wobei er mir immer wieder Blicke zuwarf.

Ich konnte ihre Blick nicht lesen und verstand ihr Verhalten nicht, aber ich dachte auch nicht weiter darüber nach. Es gab überall merkwürdige Menschen und ich war die Letzte, die sie verurteilen sollte. Ich konnte schließlich auch nicht von mir behaupten, dass ich normal war.

Dennoch würde ich lügen, wenn ich behaupten würde, dass es nicht merkwürdig war, wie sie sich in einem Moment angeregt unterhielten und im nächsten Moment wieder dieses komische Verhalten darlegten, als ich mit ihrem Essen kam. Ich tat meine Arbeit und war etwas erleichtert, als ich dann das Essen zum nächsten Tisch bringen musste.

Lilli hatte Recht behalten. Es war ziemlich voll, aber da ich nicht die Einzige war, die heute Schicht hatte, war das kein Problem. Am Ende war ich bloß ziemlich erschöpft.

Ich schlurfte gerade zu in den Nebenraum und zog mich so schnell es ging um.

Da es mittlerweile schon nach zehn Uhr abends war, konnte ich mir eine Busfahrt aus dem Kopf schlagen. Es gab nur einen Bus, der zum Heim fuhr und das leider nur bis neun Uhr. Ich musste mir wie immer ein Taxi holen. Ein eigenes Auto hatte ich schließlich noch nicht und zu Fuß oder mit dem Fahrrad hätte es einfach zu lange gedauert.

Ich fühlte mich etwas verunsichert, als ich vor dem Restaurant auf ein Taxi wartete. Es sollte gleich ankommen, aber ich konnte es kaum abwarten endlich zurück zu fahren. Normalerweise hatte ich kein Problem damit, wenn es dunkel war, draußen zu sein, aber heute war anscheinend nicht mein Tag.

Das Gefühl beobachtet zu werden nagte an mir und auch nachdem ich mich Dutzende Male umgesehen hatte, um mich zu vergewissern, dass niemand in der Nähe war, verschwand das Gefühl nicht.

Als das Taxi endlich vor mir hielt, stieg ich erleichtert ein.

In dem Moment, als ich den Gurt um mich schloss, bemerkt ich eine Bewegung im rechten Augenwinkel. Ich schaute aus dem Fenster und bildete mir ein, ich hätte einen dunklen Schemen gesehen.

Als ich mich etwas vorbeugte, um genauer hinsehen zu können, fuhr der Taxifahrer los. Ich schaute schnell nach hinten, aber da war nichts mehr.

Mein Herz hatte schneller zu pochen angefangen und ich war mir nicht mehr sicher, ob ich mir vorher wirklich nur eingebildet hatte, dass ich beobachtet wurde.

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