(56) 01.03.1946 - sign of life

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Keine Reaktion kam von der abgefangenen Aubrey Granger. Statt ihren gleichgültigen Blick bei zu behalten, löste sie kopflos wie auf Kommando den Zauberstab und steckte ihn weg. Kopfschüttelnd brach sie die Trance ab und sah mich mit einer leichten Fassungslosigkeit an.

„Wie kannst du nur so positiv leben, wenn es dir nie wirklich gut geht?" verlangte sie von mir zu wissen.

Mit großen Augen sah ich sie an. Anscheinend hatte Bree Miss Cloude noch nicht bemerkt; fixierte mich regelrecht wohlerzogen. Sie wusste nun, dass nur noch ein Wunder mich erretten könnte. Sie wusste nun, was in meinem Inneren passierte, wie ich mich jeden Tag fühlte und warum ich doch immer wieder aufstand. Umso fassungsloser wurden ihre Blicke als sie bemerkte, dass ich stärker war als all das Leid in meinem Leben. Unbewusst hatte ich wohl Hazelle als Ideal genommen, da sie sich selbst zu fein war um sich selbst an erster Stelle zu nennen. Sie war nicht umsonst Vertrauensschülerin. Sie war durch ihre besondere Leistung und ihrem herausragendem Talent in die britische Quidditch-Mannschaft gekommen.

Ehe sie sich nach einem Jahr für einen anderen Weg entschieden hatte und den Platz an Augustus Rockwood weiterreichte. Er war hierfür all die Zeit sehr dankbar. Sogar schon fast so dankbar, dass er ihre Anwesenheit und ihre Feinfühligkeit akzeptierte und sich selbst damit identifizierte. Ich schätzte ihren Charakter in gewisserweise so ein, da es nicht nur Augustus und mir so ergangen war. Auch Riddle, meinem Bruder und sämtliche Schüler aus dem verfeindeten Haus der Schlangen waren durch ihre Einfühlen zu bessere Menschen geworden. Sie war das Mädchen, welches mehr Licht im Leben hatte als die Schatten zerstörten konnten. Weswegen ich ihr nacheiferte und ihr Standpunkt vertreten wollte.

Bree war nicht sonderlich wie ihre Schwester. Sie hatte zwar auch ohne Fleiß gute Noten, aber sie gab am Ende doch nichts auf diese Bildung. All das was sie bereits wusste, hatte sie von ihrer Schwester beigebracht bekommen. Seufzend stellte ich fest, dass Balthasar ein guter großer Bruder war, dennoch hatte er sich nie Zeit genommen um ihr schulische Magie beizubringen. Stattdessen musste sie immer wieder ihren Vater dazu nötigen, damit sie des Weiteren erlernte.

„Oh, Miss Cloude, Ihr habt mich erschreckt!" stöhnte Aubrey auf.
„In der Tat, ich habe mich gefragt, was sie mit Miss Lestrange veranstalten?" fragte die Heilerin misstrauisch.
„Es sah zwar sehr eigenartig aus, das gebe ich offen zu, aber mit diesem Zauber konnte ich mich in sie hineinversetzen. Und konnte all ihre Gefühle und ihre Wertungen erkennen."
„Interessant, aber woher habt Ihr diesen Zauber? Und warum wolltet Ihr Euch in ihre Freundin einfühlen?"
„Sie müssen mich verstehen, ich möchte Madi helfen. Aber da ich das Gefühl hatte, dass Madi mir nicht die ganze Wahrheit erzählen wollte, bat ich sie darum, bei ihr diesen Zauber anzuwenden."

Die ältere Heilerin nickte kurz und verschwand in ihren kleinen Raum.

„Ich sollte meinen Bruder über meinen Gesundheitszustand benachrichtigen." gab ich kurz nachdenklich hinzu.
„Dürfte ich den trotzdem dir meine Anwesenheit vorzeigen?"
„Sicherlich." sagte ich amüsiert.

Ich öffnete den Kasten, welches neben dem Bett stand und nahm mir einen Brief und einen Stift. Schnell zauberte ich ein stabiles Buch herbei, damit ich eine feste Unterlage hatte. Jedoch nahm ich noch einen Schluck Kamillentee aus der gelben Tasse und besah mir dabei unberührt die befremdlichen Blumen an, die ich nie zuvor gesehen hatte.

»Brüderchen,

»ich hab schon eine lange Zeit nichts mehr gehört von dir.
»Eigentlich schon seit mehr wie zwei Jahren.
»Du hast dich anscheinend von der Familie abgewandt.
»Deine Gründe möchte ich nicht wissen.
»Dennoch will ich dir sagen, dass es mir weiterhin immer schlechter geht.
»Hast du schon irgendetwas herausfinden können,
»da du dich darum kümmern wolltest?

»Ich hab seit einiger Zeit in meiner Bewusstlosigkeit immer denselben Traum.
»Ich brauch deinen brüderlichen Rat und hoffe, du schreibst mir zurück.
»Egal, wo du dich gerade aufhälst.
»Egal, was du gerade machst.
»Egal, bei wobei ich dir gerade störte.
»Ich vermisse dich und möchte nur ein Lebenszeichen von dir wissen.

»In Liebe, deine Schwester Madi.

Ich faltete den Brief und überreichte ihn Bree. Sie sollte zum Eulenturm und diese Nachricht an meinen Bruder senden, da sie das schon öfters für mich erledigt hatte, war sie geübt darin. Schließlich fiel mir das Treppensteigen in jener Zeit ziemlich schwer. Die unterstützenden Krücken waren mehr Last als Hilfe. Die stützende Schulter von Bree war mehr Anstrengung wie Balsam. Doch Tag ein und Tag aus musste ich die Stufen immer wieder herunter und wieder hinauf steigen. Manchmal ertappte ich mich sogar und dachte daran, was gewesen wäre, wenn ich in Slytherin wäre. Vorteil wäre, dass ich weniger Stufen bewältigen musste. Nachteil wäre, dass ich die mich umsorgte Bree nicht an meiner Seite hätte. Also nahm ich die Stufen an, weil mir Freundschaft wichtiger war.

„Ich werde dann mal zum Eulenturm gehen. Meinst du dieses Mal kommt ein Brief zu dir?" fragte Aubrey interessant.
„Ich gebe die Hoffnung nicht auf."
„Ich weiß, ich wünschte es mir trotzdem." gab sie aufmunternd hinzu.

Als sie den Raum verließ legte ich mich wieder hin, nachdem ich das hergezauberte Buch auf den Kasten neben mir legte. Ich schloss meine Augen und schlief erschöpft ein.

Expecto PatronumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt