Ich fange an panisch zu werden. Kein Wunder, wer würde das schon nicht werden, wenn er um Mitternacht überfallen wird?
Ich fange an, um mich herum zu treten. Schnell lässt die Person mich los.
Es ist dunkel auf dem Flur. Ich erkenne schemenhaft, dass es sogar zwei Personen waren, die mich festhielten. Die Personen stehen nur stumm da und sehen mich an. Ich sehe sie auch an. Eigentlich hätte ich schon längst bei Luisa sein müssen.
Plötzlich vernehme ich ein leises Kichern. Es kommt von den beiden Personen. Und dieses Gekicher kenne ich nur zu gut."Hannah, Sophia!! Was macht ihr um Mitternacht noch auf dem Flur?!", sage ich, erleichtert, dass es niemand anderes ist. "Das könnten wir dich aber auch fragen!", erwidert Sophia lachend. Mist, jetzt sitze ich in der Falle. "Ich ähm... Ich muss auf die Toilette!", versuche ich, mich rauszureden. "Jajaja", grinst Hannah, "Du bist erstens schon an den Toiletten vorbei gelaufen und zweitens... Warum ziehst du dich extra fürs Klo an?!"
Oh man, das war eine wirklich lächerliche Ausrede von mir. Was jetzt bloß sagen? Von Luisa kann ich den Beiden nicht erzählen. Sie würden es weiter erzählen. Oder? "Ok", seufze ich "ihr habt mich durchschaut. Also die Wahrheit ist... Ähm... Also ich hab da heute morgen vor dem Frühstück naja... So einen Jungen getroffen. Und jetzt wollen wir uns treffen, weil wir tagsüber ja Programm haben. Und er wohnt im zweiten Stock ok? Kann ich jetzt bitte weiter?" Puh, was für ne Notlüge. Ein bisschen bin ich auch stolz auf mich selber. Sich so eine Geschichte in einer Notsituation ausdenken zu können, schafft bestimmt nicht jeder.
Ich steige ohne mich weiter mit Hannah und Sophia zu beschäftigen in den Aufzug und drücke auf den zweiten Stock. Als die Türen langsam zugehen sehe ich die beiden noch grinsend ihre Köpfe zusammenstecken. Sobald die Türen ganz zu sind drücke ich auf den Knopf des Erdgeschosses. Es ist schon 00:07!! Und diese Lüge wird noch Folgen haben, das weiß ich jetzt schon genau! Ach was tut man nicht alles für seine Schwester.
Es ist irgendwie komisch so zu denken, da ich Luisa ja erst seit heute kenne, aber irgendwie gibt sie mir auch Kraft. Ohne, dass ich sie kennengelernt hätte, wäre ich eben nicht so selbstbewusst gewesen. Jetzt weiß ich nämlich, wofür ich lebe, worum ich kämpfen muss!Die Aufzugtüren öffnen sich und ich trete schnell heraus und laufe zur Tür. Ich sehe, dass Luisa schon auf mich wartet, reiße die Tür auf und falle ihr um den Hals. Ich weiß, das ist ein wenig ungewöhnlich für jemanden, der sonst sehr schüchtern ist, aber mein Gott... Es ist meine Schwester!!! Auch wenn ich erst seit vorhin weiß.
"Hey, du bist zu spät!!", begrüßt sie mich vorwurfsvoll. "Sorry", antworte ich, "ich wurde aufgehalten und musste mir eine Notlüge einfallen lassen."
Luisa guckt mich mit großen Augen an und fragt: "Wirklich? Das hast du für unser Treffen gemacht?" "Ja", antworte ich lachend. "Aber du bist hergekommen, weil du mit mir reden wolltest!" Luisa lächelt und sagt: "Ja, ich finde, wir sollten uns ein bisschen besser kennenlernen. Ich meine, wir sind Schwestern!" Ich sage: "Ja, das finde ich auch. Soll ich einfach mal anfangen mit einer kleinen Vorstellungsrunde?" Luisa lacht und nickt. Wir gehen zusammen zu der großen Trauerweide vor der Jugendherberge und setzen uns, geschützt von allen Blicken, auf die Bank. Ich komme mir vor wie in einer riesigen Höhle."Also", fange ich an, "Meine Hobbies sind Tennis und Lesen. Ich bin anderen gegenüber immer sehr schüchtern und in meiner Klasse relativ unbeliebt, da ich gut in der Schule bin. Ich habe eine sehr enge Bindung zu meinem Vater, hatte aber mein ganzes Leben schon das Gefühl, dass irgendetwas fehlt. Ich glaube ich habe das Fehlende heute beim Einkaufen gefunden", schließe ich ab und lächele Luisa an.
Sie fängt unsicher an zu lachen und stellt sich dann auch mir vor. "Meine Hobbies sind Karate und Hockey. Ich bin anderen gegenüber aufgeschlossen und in meiner Klasse bin ich mit meiner Clique sehr geschätzt. Insgesamt bin ich eher abenteuerlustig, muss dauernd lachen und rede manchmal einfach zu viel", erklärt sie mir und bekommt prompt einen Lachkrampf. Ich kann nach kurzer Zeit nichts anderes als mitlachen, da es einfach zu lustig ist, wie sich Luisa über ihre eigenen, komplett unlustigen Worte, schlapplacht.Nach zehn Minuten haben wir uns wieder beruhigt. "Wie wollen wir es eigentlich schaffen, unsere Eltern wieder zusammen zu bringen?", frage ich Luisa. "Ich weiß es nicht", seufzt sie.
"Ich würde so gerne mal deine Mutter kennenlernen", sage ich. "Unsere Mutter!", berichtigt Luisa mich. "Ja, richtig" Ich muss schmunzeln.
Mein ganzes Leben lang habe ich mich danach gesehnt, meine Mutter zu sehen. Jetzt bin ich so knapp davor, doch habe keine Chance dazu, weil wir jeden Tag Aktivitäten mit der Klasse unternehmen.
Luisa sieht mich an und ich sehe, dass ihre Augen glitzern. Sie hat eine Idee, das weiß ich, denn diese glitzernden Augen kenne ich noch von mir, als ich in meiner Kindheit tolle Ideen hatte. "Ich habe eine Idee", sagt sie. "Wir tauschen! Du fährst heute zu mir nach Hause und ich nehme deinen Platz in der Jugendherberge ein." Ich reiße die Augen auf. Das geht auf keinen Fall!!
"Das geht nicht Luisa, das würde auffallen!"
Luisa sieht mich enttäuscht an und sagt: "Ach komm schon! Und wenn schon. Du willst unbedingt deine Mutter sehen, ich gebe dir die Chance dazu und du nutzt sie nicht? Das kann ich nicht zulassen!"Soll ich dieses Risiko wirklich eingehen? Ich würde meine Mutter das erste Mal sehen. Allerdings müsste ich auch in Luisas Schule gehen und mich komplett so wie sie verhalten. Das schaffe ich nicht! Sie ist viel mutiger, sie ist einfach viel lockerer drauf als ich. Andererseits... Ich muss meine Mutter einfach sehen! Ich will unbedingt wissen, wie sie so ist.
Ich sehe Luisa an, die auf einmal nur noch in Unterwäsche vor mir steht. Ich sehe sie verwirrt und fragend an. "Kleidertausch", erwidert sie grinsend. Ich kann nicht anders, als auch zu grinsen. Sie meint es Ernst. Sie tut das alles nur für mich. Damit ich meine Mutter kennenlerne. Ich werde das schaffen! Also tausche ich mit ihr die Kleidung und sie überreicht mir ihre Busfahrkarte und erklärt mir wo sie wohnt, wo ihre Schule ist, wie sie sich in welchen Situationen verhält und und und.
Ich erkläre ihr im Gegenzug, wo mein Zimmer ist, wie ich mich meiner Klasse gegenüber verhalte usw.Wir verabschieden uns voneinander und Luisa geht in die Jugendherberge. Ich atme tief durch. Ich bin jetzt Luisa, versuche ich mir einzureden.
Jetzt kann es losgehen!
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Hey Leute :)
Na, hättet ihr heute noch mit einem Kapitel von mir gerechnet? Nein? Ich auch nicht!! ;)WICHTIG:
Dieses Kapitel ist ziemlich lang und soll eine Art "Special" sein! ;)
Hiermit möchte ich mich für über 100 Views und mehr als 10 Votes bedanken! :D
Ihr seid echt verrückt! Ich hätte nie gedacht, dass diese Geschichte zwei Tage nach ihrer Veröffentlichung schon so oft gelesen wurde. Das bedeutet mir echt viel und ich bin mega dankbar dafür!! <3An dieser Stelle möchte ich auch noch sehr herzlich Maria (xcookiekeks) danken, da sie mir diese App gezeigt hat. Sie schreibt übrigens auch ein Buch (Nach den Sommerferien war alles anders) und das kann ich echt nur weiterempfehlen!
Ich habe es auch in meiner Leseliste, falls ihr es sucht :D
Bis morgen :*
Lg eure Lena (melonturtle)
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Schwesterherz
RandomClara ist ein Einzelkind und wohnt bei ihrem Vater in Bremen. Sie ist nicht sehr beliebt in der Schule und wünscht sich nichts sehnlicher als eine beste Freundin mit der man einfach alles machen kann. Eigentlich hat sie keine Lust auf den Schulausfl...