99. Zweite Chance?!

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Er sah mich erwartungsvoll an. „Das weiß ich nicht. Ich habe sie von meinem Grundstück geworfen!", antwortete ich ihm schüchtern und stand auf. „Wo gehst du hin?", kam es mir aufgebracht hinterher. „Weg von dir bis du dich beruhigt hast und meine Töchter suchen!", schrie ich zurück. „Töchter?", ertönte es von unten und Madeleine stand mit Vilu auf dem Arm im Treppenhaus. Ich stieß einen spitzen Schrei aus und rannte die Treppe nach unten. 

Diego stürmte erschrocken aus dem Schlafzimmer um nachzusehen, was passiert war. Ich fiel Madeleine um den Hals und drückte sie an mich. Violetta quiekte überrascht. „Wo wart ihr bitte schön? Ich habe mir fürchterliche Sorgen um euch gemacht!", schluchzte ich wieder los. Madeleine drückte sich an mich, Violetta hielt sie noch immer auf ihrem Arm. 

Die Kleine kicherte begeistert. „Ich war ein wenig mit ihr spazieren. Ich wollte dir keine Angst einjagen! Violetta sollte sich nur ein wenig ablenken... Sie war so am weinen gewesen, da bin ich mit ihr auf den Spielplatz gegangen", erklärte Maddie mir ruhig und strich mir genauso wie Diego über meinen Rücken. „Mama!", sagte Violetta glücklich. Ich löste mich von Maddie und nahm ihr meine kleine Tochter ab. 

„Hey, kleine Maus!", hauchte ich sanft. „Gut?", fragte sie leise und sah mich ernst an. „Ja, mir geht es gut, Süße!", versicherte ich ihr. Sie schlang ihre Arme um meinen Hals und kuschelte sich an meine Schulter. „Was hattest du eigentlich vor? Wolltest du dich umbringen?", fragte Madeleine mich vorwurfsvoll und traurig. Ich schwieg, doch Diego antwortete für mich. „Ja, genau das wollte sie tun! Sie hielt es für das Richtige", erklärte er schuldbewusst.

 „Der Tod ist nie die richtige Entscheidung, Clara! Wir hatten das Spiel schon einmal!", meinte sie leise. Ich nickte vorsichtig. „Aber ich denke, du solltest nochmal mit Lara sprechen. Sie ist deine Schwester und ich finde, auch wenn sie nicht alles richtig gemacht hatte, so hat sie noch immer ein Recht auf eine zweite Chance", versuchte mich ausgerechnet Diego zu überreden. Ich seufzte leise. „Ich weiß nicht. Irgendwann vielleicht, aber jetzt bin viel zu enttäuscht von ihr!", murmelte ich und gab Vilu an Maddie zurück. 

Langsam schritt Diego die Treppe herunter und kam auf mich zu. „Und was ist mit mir? Habe ich in deinen Augen eine zweite Chance verdient?", fragte er mich leise. Ich sah ihn zögernd an. Soll ich ihm vergeben oder nicht? Hatte er noch eine Chance verdient? „Clara? Nun sag doch was! Habe ich noch eine Chance bei dir?", fragte er mich erneut. Ich seufzte leise und suchte nach den richtigen Worten. „Ich weiß es nicht. Gib mir Zeit das Geschehen zu verdauen und darüber nachzudenken. Geh jetzt bitte!", bat ich ihn und deutete auf die Tür. 

Diego seufzte und trat ein paar Schritte auf mich zu. Zaghaft senkte er seine Lippen auf meine und küsste mich sanft. Ich dachte darüber nach zu erwidern, doch ich tat es nicht und entzog mich ihm. Seufzend strich er mir über die Wange und verließ dann das Haus. „Papa!", jammerte Vilu und versuchte sich zu befreien. „Clari?", fragte Madeleine hinter mir. Ich drehte mich um und nahm ihr Violetta ab. „Warum hast du ihn weggeschickt? Du liebst ihn doch!", meinte sie ruhig.

 Ich ging mit Vilu ins Wohnzimmer, wo auf dem Boden ganz viele Spielsachen verteilt lagen. „Hast du mitbekommen, warum ich das gemacht habe?", fragte ich sie leise. Madeleine schüttelte den Kopf. „Lara meinte Diego hätte mich mit ihr betrogen... Als wir in Italien waren!", erklärte ich ihr und ließ Violetta auf den Boden spielen. „Das würde er niemals tun! Schon gar nicht mit deiner Schwester!", verteidigte Madeleine ihn.

„Das weiß ich ja jetzt auch... Lara hat mir gesagt, dass sie ihm in dem Glauben gelassen hat, dass sie miteinander geschlafen haben. Dabei ist das nie passiert. Ich weiß nicht was ihr durch den Kopf gegangen ist, dass sie so einen Blödsinn macht. Ich habe sie sofort von meinem Grundstück geworfen. Die nächste Zeit will ich sie nicht sehen. Was du machst ist mir egal. Du bist volljährig und kannst selber entscheiden, schließlich habt ihr euch ja immer so gut verstanden!", sagte ich seufzend und beobachtete das kleine, dunkelhaarige Mädchen auf dem Boden. 

„Wie kam sie denn auf das schmale Brett? Ich weiß nicht was ich machen werde... Aber eins will ich dir sagen! Vergib Diego! Er hat es nicht verdient. Lara hat ihn genauso hintergangen wie dich! Gib jedem eine zweite Chance, denn irgendwann brauchst du sie selbst!", riet sie mir. Ich seufzte leise. „Was vielen nicht klar ist: Es tut mir Leid ist kein Radiergummi. Das 1. Mal verzeiht man aus Liebe. Das 2. Mal verzeiht man aus Hoffnung. Doch das 3. Mal verzeiht man aus reinster Dummheit...", murmelte ich als Antwort. 

„Leg dich hin und schlaf ein wenig. Du hattest eine stressige Nacht. Ich werde auf Violetta aufpassen!", versprach Madeleine mir und schickte mich ins Schlafzimmer. Ich bedankte mich bei ihr und tappte leise die Treppe hoch. Während ich die Treppe hoch ging, betrachtete ich die Bilder von Diego und mir, die an der Wand hingen. Hier hingen auch die Zeitungsartikel, die Lara über uns geschrieben hatte. 

Ich betrachtete das Bild, wo ich im Regen auf dem, im Matsch liegenden, Diego lag und wir uns küssten. Unsicher kaute ich auf meiner Unterlippe herum. Sollte ich ihm wirklich verzeihen? Er hat im Grunde ja wirklich nichts getan... Maddie hatte Recht. Er wurde von Lara genauso hintergangen wie ich... Vielleicht ist es für ihn sogar schlimmer, weil er ja auch Schuldgefühle mir gegenüber hatte und ich mich zu allem Überfluss auch noch umbringen wollte. 

Es war einfach eine Schnapsidee gewesen. Ich ließ von dem Bild ab und ging in mein Schlafzimmer. Es war still. Es war kein Diego da, der mich von hinten in den Arm nahm, meinen Hals küsste und mir sagte, wie sehr er mich liebte. Es fehlte mir... ER fehlte mir! Sollte ich ihm wirklich verzeihen? Ich liebte ihn doch oder nicht? Seufzend ließ ich mich auf mein Bett fallen und schloss die Augen. Vielleicht brachte ein wenig Schlaf Klarheit über meine Gedanken!

Claras Vergangenheit ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt