Wieder zurück

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Der Roccaluce-See war einer der beliebtesten Orte unter Schülern an einem heißen Tag. Seine Lage war besonders günstig, da er sich genau in der Mitte von den drei Schulen von Magix befand. Die frische Waldluft und der wunderschöne Ausblick auf die Berge waren dabei ideal, um sich von dem ganzen Schulstress zu entspannen und einfach nur abzuschalten.

Der einzige Nachteil war natürlich die Menge an besagten Schülern, die alle den besten Platz ergattern wollten.

Und ausgerechnet heute war so ein heißer, überfüllter Tag.

Bloom seufzte genervt, als sie durch den Wald nahe am See lief und immer wieder zwischen den Bäumen hinausspähte, um nach einem relativ ungestörten Ort zu suchen.

Immerhin wollte sie endlich mit Daphne reden. Und da ihre große Schwester sie nicht mehr in ihren Träumen besuchte, musste Bloom sie eben über den See finden. Und das erforderte Konzentration. Außerdem wollte sie nicht unbedingt von anderen dabei beobachtet werden, wie sie mit dem Geist ihrer Schwester in Verbindung trat. Sie konnte wirklich keine Störungen gebrauchen.

Es grenzte auch so schon an ein Wunder, dass sie es geschafft hatte ihre Freunde dazu zu überreden, sie alleine gehen zu lassen. Nach dem gestrigen Tag waren sie ganz schön besorgt um sie und hatten sie ausgiebig darüber ausgefragt, was passiert war. Sie hatte ihnen vom Kampf erzählt und sie hatte auch wahrheitsgemäß zugegeben, dass sie von jemandem gerettet und geheilt wurde. Die einzige Lüge war, dass sie keine Ahnung hatte, wer dieser »vermummte Fremde« gewesen war. Na ja, und die Tatsache, dass sie alleine irgendwo auf dem Berg aufgewacht war.

Tecna und Timmi hatten beide sofort nach weiteren Lebensformen auf Domino gescannt, jedoch nichts gefunden. Daraufhin hatten sie den Schluss gezogen, dass besagter Fremder möglicherweise nicht gefunden werden wollte - was an sich sogar stimmte.

Dementsprechend hatten sie das Thema beendet und waren wieder zu ihren jeweiligen Schulen zurückgekehrt. Das Buch blieb zunächst bei den Feen, damit sie es später Miss Faragonda übergeben konnten.

Was sie auch bereits getan hatten.

Die Direktorin war wirklich zufrieden mit ihrem Fund gewesen. Nichtsdestotrotz hatte sie Bloom eine kleine Predigt gehalten, von wegen sie sollte sich nicht so kopflos in Gefahren stürzen und danach hatte sie sie sofort zur Schulkrankenschwester geschickt, damit diese ihren verheilten Biss noch einmal genauer untersuchen konnte. Zum Glück schien alles in bester Ordnung zu sein und das Einzige, was Miss Ofelia ihr verschrieben hatte, war ein Kräutertee, den sie abends trinken sollte. Der würde dafür sorgen, dass die minimalen Überreste des Giftes - sollte es noch welche geben - endgültig aus ihrem Körper gereinigt wurden.

Kurz darauf hatte sich Bloom auf den Weg zum Roccaluce-See gemacht.

Und nun war sie hier.

Mittlerweile hatte sie einen kleinen, beschatteten Bereich gefunden, der zumindest weit von den überfüllten Wiesen lag. Die Bäume standen hier viel zu dicht aneinander, als das man hätte ein Handtuch oder eine Picknickdecke ausbreiten können.

Umso besser.

Bloom wollte sowieso in den See hinein gehen.

Langsam watete sie durch das angenehm kühle Wasser. Da sie Shorts trug, musste sie sich keine Sorgen darum machen, irgendwelche Hosenbeine hochzukrempeln. Sie arbeitete sich bis zu der Stelle vor, wo der Boden unter ihr abrupt in die Tiefe stürzte. Dort blieb sie dann stehen und schloss ihre Augen.

Nach und nach entspannte sie ihre Muskeln und lauschte in sich hinein. Die Geräusche um sie herum rückten in die Ferne, klangen beinahe schon, als würde sie sie unter Wasser hören. Vor ihrem inneren Auge formten sich exotische Korallenriffe im klaren Wasser, die von vielen bunten Fischen umschwärmt waren. Wie in Trance folgte sie einem unsichtbaren Sog, der sie zum Eingang einer großen Unterwasserhöhle zog, dort wo das Gestein von elegant gebogenen Mustern durchzogen war.

Sobald sie hineinging, wurde sie von strahlendem Licht empfangen.

Bloom lächelte. „Hallo, Daphne."

Daphne erwiderte das Lächeln sanft. „Hallo, liebste kleine Schwester. Was führt dich hierher zu mir?"

Die rothaarige Fee zögerte, sammelte ihre Gedanken, die Fragen, die sie an ihre Schwester hatte. „Daphne, ich habe eine Entscheidung getroffen", fing sie leise an, „und ich weiß nicht, ob es die richtige war. Oder ob es überhaupt die war, die du mir prophezeit hast."

Nervös rang sie mit ihren Händen. Wusste die Nymphe überhaupt wovon sie sprach? Hatte sie eine Ahnung von dem Pakt, den sie mit Valtor eingegangen war?

Ihr Gesicht zeigte keine Regung und die goldene Maske verbarg den Ausdruck ihrer Augen. Es war unmöglich zu erraten, was sie dachte.

Daphne nickte langsam. „Eine Entscheidung ist lediglich nur eine Momentaufnahme auf deinem Weg. Ob es die eine richtige ist, lässt sich so früh nur schwer sagen."

Bloom runzelte die Stirn. „Aber du meintest doch bei deinem letzten Besuch, dass mir meine Entscheidung kurz bevor steht! Die Wichtigste von allen. Eine, die rettet oder die den Untergang herbeiführt!"

„Und du wirst durchgehend vor diese Wahl gestellt werden. Durchgehend bis zu dem Moment, wo das Schicksal der Magischen Dimension endgültig besiegelt ist."

Sprachlos blickte sie Daphne entgegen. Sollte das heißen, dass ihr die Entscheidung noch bevorstand? Aber nein, es hörte sich so an, als würde sie periodisch vor dieselbe Wahl gestellt werden. Das konnte nicht sein, oder?

Valtor konnte ihr doch nicht kontinuierlich denselben Vorschlag unterbreiten!

Hatte Daphne letzten Endes doch etwas ganz anderes gemeint?

Blooms Kopf begann sich zu drehen. Sie hatte Valtors Pakt unter anderem auch wegen der verwirrenden Warnung ihrer Schwester zugestimmt! Von wegen, es lohnte sich mal komplett anders zu handeln, als sonst!

Ihre eigenen Hände hatte sie mittlerweile so ineinander gekrallt, dass ihre Knöchel weiß under der Haut hervortraten.

„Bloom", lenkte Daphne ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich, „ich habe dir bereits gesagt, dass es die eine richtige Lösung nicht gibt. Ein einziger Schritt bewältigt noch nicht die gesamte Reise. Noch ist nichts verloren."

Noch ist nichts verloren, wiederholte sie gedanklich. Noch ist nichts verloren und ich habe die Magische Dimension nicht dem Untergang geweiht.

Sie würgte das Wort »noch« mit Mühe in ihren Gedanken ab.

„Okay", stieß sie hervor und befreite ihre Hände aus ihrem gegenseitigen, umklammernden Griff. Dann hob sie bittend ihren Blick. „Kannst du mir nicht wenigstens einen Hinweis geben? Zum Beispiel, was ich auf gar keinen Fall tun sollte?"

Diesmal war Daphne diejenige, die für einen kurzen Moment zögerte. „Gib niemals auf", sprach sie schließlich, „egal, in welchem Kampf du dich auch befinden wirst. Verliere nie dein Vertrauen an dich selbst und deine Fähigkeiten. Fasst du einen Entschluss, wird dir die Drachenflamme deinen Weg erleuchten, ganz gleich, wohin dieser auch führen mag."

Bloom zog scharf die Luft ein und öffnete schlagartig ihre Augen.

Sie befand sich immer noch knietief im Wasser. Die Schatten waren mittlerweile so weit gewandert, dass sie mitten im Licht der prallen Sonne stand. Auf ihrer Stirn hatte sich ein Schweißfilm gebildet und ihre Haut war unangenehm warm.

Na super. Das würde definitiv einen Sonnenbrand geben.


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Okay, okay, ich weiß, das Kapitel ist viel kürzer als die anderen, aber dafür wird das andere etwas länger. Und das danach. Und das danach. Dafür garantiere ich euch.

Und danke für eure lieben Kommentare und für die Votes! Ich kann mich echt glücklich schätzen, euch zu haben! ^^


Blooms dunkles GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt