Das Leben auf einer Farm ist manchmal echt anstrengend. Besonders dann wenn man in der Früh um fünf Uhr aufstehen muss um die Schweine zu füttern. Natürlich muss es jemand machen, aber warum ich? Können das nicht meine kleinen Brüder machen? Die Zwillinge sind zwar erst 11, aber trotzdem! Tobias und Mike stehen meistens erst um sieben auf und helfen mir beim Heuwenden auf dem Feld im Sommer oder beim Melken. Ich eilte in die Küche und holte ein Brett aus dem Schrank. Mit der einen Hand griff ich nach einer Scheibe Brot, mit der anderen holte ich das Glas Brombeermarmelade heraus. Hastig strich ich mir das Brot. Ich aß es, während ich zur Tür eilte. Schnell schlüpfte ich in die Gummistiefel und warf mir eine Jacke über. Mit vollem Mund rannte ich über den Innenhof, wobei ich fast über Nutella stolperte. Der Sennenhund sprang auf und bellte mich empört an. "Ist ja schon gut, Junge!", sagte ich genervt und warf ihm ein Hundeleckerli zu, welches ich aus meiner Tasche kramte. Nutella schnappte danach und mit einem Knacken zerbiss er es. Ich ging schnurstracks auf das Scheunentor zu und schob den sperrigen Riegel weg. Mit einem Knarzen öffnete sich das Tor. Der herrliche Duft von Heu stieg mir in die Nase. Ich packte den Sack mit Schweinefutter, ging mit ihm aus der Scheune und versuchte mit dem Fuß das Tor zu zumachen.
Die Schweine grunzten und steckten ihre feuchten Nasen Richtung Futtersack. Ihr Atmen ließ kleine Wölkchen in der kalten Märzluft erscheinen. Die Schweine drängten sich an das Eisengitter. Eines steckte seinen Kopf unten durch, das andere bevorzugte es mich von Oben anzuschnüffeln.
Die Schweine sind nicht immer so begierig auf Futter. Meistens wollen sie auch nur eine kleine Streicheleinheit. Man kann es kaum glauben aber : Schweine haben auch Gefühle!"Haha! Da kommt ja unsere Schweinsfrau!" ,lachte Mike. Na ja, lachen ist keine gute Bezeichnung für das komische Grunzen meines Bruders. Genervt sah ich ihn mit einem meiner Ich-Bin-Grad-Nicht-In-Stimmung Blicke an. Mike streckte mir die Zunge raus, worauf er mit einer Handvoll Getreidemischung beworfen wurde. Er wich aus: "Daneben!" Ich verdrehte die Augen. Die Schweine drängten sich noch dichter an das rostige Gitter und grunzten auffordernd. Darauf hievte ich den Sack über das Gitter und schüttete den Inhalt in den Futtertrog. Ein paar Körner fielen daneben, das machte nichts aus. Die Schweine stürzten zum Futter und steckten begierig ihre Nasen in das Korn. "Was machst du eigentlich schon so bald auf, Mike?", fragte ich beiläufig. "Eier sammeln." ,grinste er und hielt einen Korb hoch, den er bisher hinter der Wand gehalten hatte. Ich nickte. Jeder Junge aus unserer Klasse würde bei dem Ausdruck Eier sammeln in lautes Gelächter ausbrechen, aber bei uns gehörten solche Ausdrücke zum Alltag. So schlimm war das auch wieder nicht. Keiner lacht wenn man Melken sagt, also warum sollte man bei Eier sammeln lachen? Verstehe einer die Jungs! Ich packte den leeren Sack und ging mit einem Nicken Richtung Mike aus dem Stall. "Tschüß Schweinefrau", rief er mir hinterher. "Ja, ja Chicken Nugget!" Manchmal war mein Bruder ein echt lustiger Typ, manchmal aber auch ein richtig hohler Dummkopf. Als ich mit dem leeren Sack zur Scheune ging, stolperte ich wieder über Nutella. Dieser Idiot! Legt sich einfach mitten auf den Boden. Der Hund kläffte empört. In der Scheune füllte ich den Sack erneut, band ihn mit einer Schnur zu und stellte ihn neben das Tor. Morgen war Tobias mit dem Füttern dran, Gott sei Dank. Ich schlurfte wieder zurück ins Haus und warf mich auf das Sofa. Eigentlich sollte ich noch den Müll rausbringen, aber scheiß drauf. Zur Zeit las ich Harry Potter und das Schwein der Weisen zum vierten Mal. Es war einfach mein Lieblingsbuch.
Zwei Stunden später als sich gerade das Kapitel Abreise vom Gleis Schweindreiviertel zu Ende neigte,rief meine Mutter die gerade frisch aus der Dusche kam und mit einem Bademantel bestückt war :" Fiona, zieh dich an, wir gehen in die Kiiiiiiirche!" Immer wenn Mom sich auf etwas freute, zog sie die Selbstlaute in die Länge. Das kann echt ziemlich nervig sein. Aber ansonsten ist sie toll. Wenn es um ein Handy ging zwar nicht so, aber das war ja bei Daddy auch nicht anders. Seit Jahren rannte ich schon mit einem total veraltetem Nokia Tastenhandy herum, das warscheinlich schon Opa dauernd bei sich hatte. Schon ein Wunder dass es noch funktionierte. Auf jeden Fall stand ich stöhnend auf und ging mich umziehen. In der mickrigen Kleidersammlung meines Kleiderschranks dessen Hälfte aus alten Sachen vom Flohmarkt bestand, pickte ich ein dunkelgraues Shirt mit einem Pailettenherz und einer Jeans heraus. Nö... passt nicht.. muss wohl doch mein Festtagskleid anziehen... Es war ein schwarzes Kleid welches man normalerweise nur auf Begräbnissen anzog, aber okay. Jetzt war es auch schon egal. Normalerweise hasse ich Kirche, aber heute mussten die Jungs auch mit, und diese Tatsache erleichterte mir mein Leid. Die Jungs sahen in ihren Anzügen nämlich zum Schreien aus. Schon allein der Gesichtsausdruck. Und die Tatsache, das dies die Ostermesse war, machte auch alles etwas besser. Danach holte Mama immer den Osterzopf und die gefärbten Eier von Henriette und Helga (wir nahmen für Ostereier nur die Eier von ihnen weil es die einzigen Hennen waren die weiße Eier legten) aus dem Kühlschrank und dann hieß es futtern! Danach würden wir im Garten nach Nestern suchen die meistens mit Leckereien wie Schokohasen oder Eiern gefüllt waren. Wenn man Glück hatte auch Geld oder ein Buch. Eine einzige Tatsache lies mir ein nervöses Kribbeln durch den Bauch fahren. Ich holte mein uraltes Nokia heraus und las zum x-ten mal die SMS von Betty, meiner besten Freundin.
Freu dich Fini, er ist heute in der Kirche ;) hat mir Tim gesagt... Reiss dich zusammen und trag verdammt noch mal nicht diese kindischen Zöpfe!
Küsschen, dein dummes Huhn :*
Ich betrachtete die die schwarzen Buchstaben die auf dem Display leuchteten. Diese kindischen Zöpfe waren halt typisch für uns auf der Farm. Ausserdem war es die perfekte Frisur für Bauernhofarbeit. Aber jetzt hatte ich sie mir zu einem hohen Dutt gesteckt und mich mit Mamas Lippenstift geschminkt. Er war da. Das war genug Grund, mein ganzes Taschengeld für ein cooles Outfit auszugeben, obwohl ich normalerweise überhaupt nichts von Mode hielt. Leider hatte ich dazu keine Zeit mehr, diese SMS war nämlich erst heute gekommen. Hätte Betty mich früher vorgewarnt, wäre mein Sparschwein jetzt im Eimer. Vielleicht ist es sogar besser so. Mein armes Geld. Musste schon genug leiden für ihn.
DU LIEST GERADE
Schweineleben
Novela JuvenilEin Sommer in dem sich alles verändert. Finis Leben besteht aus Schweinen, Kühen und Hühnern. Die französische zickige Austausch-Schülerin Zoe macht ihr das Leben schwer und Finis erste Liebe entpuppt sich als Idiot. Schweineleben, denkt sich Fini...