5- Die Zeit läuft

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Meine innere Uhr war schon auf die morgendlichen Treffen mit Ares eingestellt, sodass ich pünktlich wach wurde und zu unserem Treffpunkt fliegen konnte. Diesmal entschied ich mich für mein lilafarbenes Nachtkleid und steckte mir eine Lilie hinter mein Ohr. Mit einem kleinen Fingertipp an meine Schlafblume, schloss sich diese und ließ es so wirken, als schliefe ich noch tief und fest in dieser. Dass ich aber bei Ares war, würde hoffentlich niemandem auffallen.
Schnell und heimlich flog ich los, und blickte immer wieder über meine Schulter, um sicher zu gehen, dass niemand hinterher fliegen würde. Es wäre sowohl für mich, als auch für Ares fatal, wenn unsere Liebe entdeckt werden würde.
Der Krieg zwischen unseren beiden Clans zerstörte alle Freundschaften, die es gegeben hatte. Ging es doch in den ganzen Streitigkeiten nur um Macht und nichts weiter. Dabei waren Ares und mein Vater, bevor es zu den Unstimmigkeiten kam, beste Freunde gewesen. Sie verbrachten ihre Kindheit gemeinsam, Blume an Blume, bis sich beide in meine Mutter verliebten. Seit diesem Tag war alles anders. Unsere Väter versuchten jeden Tag aufs Neue zu beweisen, wer der bessere Mann von ihnen war. Zauberten meiner Mutter Geschenke herbei und buhlten um ihre Aufmerksamkeit. Dadurch kam es im ganzen Zauberwald zu Spannungen und das Volk spaltete sich in zwei Lager. Als meine Mutter sich dann für meinen Vater entschied, war allen bewusst, dass es zu keiner Aussprache mehr kommen würde. Das Volk wurde entzweit, und seit dem Tag, darf niemand mehr das Terrain des anderen Volkes betreten.
Ares saß schon auf unserem Stein und wartete auf mich. "Schön dich zu sehen, Liebes."
"Ich habe dich vermisst", sagte ich und schmiegte mich an seine starke Brust. Er fragte wie die Hochzeit meiner Schwester war und ich erzählte ihm alles bis ins kleinste Detail. Auch von Eros. Als ich ihm von dem anderen Feenmann erzählte, verdüsterte sich seine Miene sofort.
"Wer ist das?", fragte er in harschem Ton. "Wahrscheinlich ein potenzieller Ehepartner für mich. Er wird Mitglied der Truppen meines Vaters und er ist schrecklich. Nicht, dass ich ihn lieben möchte, aber er ist so langweilig. Ich gebe mir alle Mühe, den Anschein zu erwecken, ihn zu mögen, aber es fällt mir so unendlich schwer. Ich hasse ihn schon jetzt. Und meine Eltern auch, weil sie mich dich nicht lieben lassen."
Eine einzelne Träne kullerte meine Wange hinunter und Ares wischte diese sanft fort. "Wir werden schon eine Lösung dafür finden", sprach er uns Mut zu. Doch im nächsten Satz hörte ich etwas, was ich sicherlich nicht hören wollte. Denn es setzte uns noch mehr unter Druck.
Die Hochzeit von Ares und Rhea stand fest. Sollten er und ich uns nicht schleunigst etwas überlegen, dann wären wir beide die unglücklichsten Feen im ganzen Wald. In vier Wochen werden die Hochzeitsglocken läuten und Ares würde mir für immer weggenommen werden.
Leise begann ich zu schluchzen und ein Meer aus Tränen lief meine rosigen Wangen hinunter. Vor Wut schlug ich immer wieder auf Ares Brust ein und er ließ es zu.
Immer wieder und wieder, bis ich keine Kraft mehr hatte und mich verzweifelt an ihn klammerte. Sanft strich Ares meinen Rücken auf und ab, um mich zu beruhigen. Ich blickte zu ihm auf, jedoch legte sich ein Schleier über meine Augen und ich sah, durch meine Tränen, alles verschwommen.
Wie konnten seine Eltern es nur wagen ihn mit dieser Rhea vermählen zu wollen? Er war doch für mich bestimmt!
Meine Mauer der Hoffnung löste sich immer weiter in Luft auf und hinterließ ein ganz großes Loch in mir. Welches nur dann wieder gefüllt werden konnte, wenn Ares und Rhea nicht heirateten.
Doch welche Möglichkeiten blieben mir, die Hochzeit zu verhindern, ohne meinen Geliebten und mich nicht in Gefahr zu bringen?

Kristallklarer MorgentauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt