Dunkelheit

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Dunkelheit...nichts als Dunkelheit umgibt mich...schon so lange...
wie lange?...viel zu lange...sie ist mein einziger Freund...der Einzige, der für immer bei mir sein wird...
Dann erklingt ein Ruf...ganz leise ruft mich Jemand...es wird lauter...
deutlicher...
Ich schlage meine Augen auf.
Nun sehe ich weißes Licht...doch es blendet...und ich wünsche mir meine schöne Dunkelheit zurück...die sanfte Wärme der Dunkelheit ist behütender als die grelle des Lichts...
"Du kannst hier doch nicht einfach so schlafen!", sagt die Stimme.
...so eine schöne Stimme...
Wem sie wohl gehört?
...bestimmt einer wunderschönen Person, mit einer glänzenden Zukunft...an deren Ende aber nur der Tod wartet...anders als ich wird die Stimme von ihm jedoch sanft empfangen werden...und danach ewig in der Dunkelheit verweilen...
Ich kann das nicht...konnte es nie...werde es nie können...doch...wünsche ich könnte es...
Ich schaue die Person an.
Wie ich erwartet hatte: wunderschön.
Ich sehe die Person mit der Schönheit einfach nur weiter stumm an.
Als ich nicht antworte, ergreift die Stimme die Initiative und fragt: "Wer bist du?"
Ich antworte nicht.
Anscheinend verwirrt lässt sich die Person zu mir ins Gras fallen.
Ich folge der Schönheit bei jeder Bewegung.
Ich sehe in das Gesicht, das neben mir ist. Und schaue in wunderschöne, leuchtende Augen.
Sie gleichen Sternen.
Ihr Leuchten scheint mich einzunehmen...
Die Dunkelheit aus mir zu vertreiben.
Ich will das nicht, doch ich kann nicht weg sehen...so kann ich nur zusehen, wie mir mein bester Freund genommen wird...
Nach einer Weile, meldet sich die Stimme auch wieder zu Wort: "Wieso bist du hier?"
Eine Zeit, in der ich wieder nicht antworte, vergeht.
Schließlich erschließt sich die Person dazu aufzustehen.
Die Schönheit dreht sich um, und macht einige Schritte von mir weg.
Als sich herausstellt, dass diese Stimme wirklich gehen wird, entschließe ich mich dazu, doch etwas zu sagen: "Ich bin Niemand..."
Die Schritte verstummen.
"Niemand?", fragt die Stimme zögerlich.
"Ich bin ein Niemand. Gefangen in dieser Welt...gefangen in dieser Zeit...Hier um das einzige zu machen was noch Gefühle bereitet: Schlafen."
Die Person scheint verwirrt.
Nach einiger Zeit höre ich wie Etwas sich erneut ins Grad fallen lässt.
Ein Seufzen. Eine wunderschöne, traurige Stimme: "Ich bin auch ein Niemand"
Jemand so schönes, und wahrscheinlich talentiertes, nennt sich ein Niemand?
Will die Stimme, dass ich mich dieser Schönheit verbunden fühle?
Dass ich Mitleid bekomme?
Eine Generation ist merkwürdiger als die andere.
Die ganze Entwicklung der Menschheit ist komisch.
Sie bauen eine Sprache auf, fügen extra Schwierigkeiten hinzu, nur um sie dann wieder zu verlernen und zu verleugnen.
Sie sind wirklich sehr seltsame Wesen.
Ich habe auch mal zu ihnen gehört.
Eine kurze...vier zu kurze Zeit.
Jeden Tag auf dieser Welt wünsche ich mir diese Zeit zurück.
Ich wünsche mir wieder ein kleines, unbedeutendes Wesen zu sein.
Mit Gefühlen, die gebrochen, unterdrückt und erweckt werden können.
Mit Bedürfnissen, die unbedingt erfüllt werden müssen, sonst geschieht das, wovor sie sich ihr Leben lang flüchten, was ich mir nun so sehr wünsche: der Tod.
Wenn ich meine nicht erfülle, sterbe ich nicht.
Nein, ich werde von Leid geplagt.
Leid, das immer mehr zu nimmt.
So lange bis ich leer bin.
Länger noch.
So lange bis ich aufgebe.
Bis ich mich diesem Verlangen hingebe und Leben in's verderben stürze.
"Ich geh dann mal.", flüstert die Stimme.
Und das geschieht dann auch.
Wie so oft geht eine wunderschöne Präsenz.
Doch diese hat meine Neugier geweckt.
Also verfolge ich die Schönheit.
Ich bin nun der Schatten.
Dunkel und trüb verfolgt er die Lebewesen, wandert um die Objekte, und verfolgt auch sie wenn sie von anderen Gewalten an einen anderen Ort gebracht werden.
Leise laufe ich den Weg, den diese Augen schon 1000 Mal betrachtet haben. Setzte jeden Schritt, so wie diese Füße sie vorher gesetzt haben.
Bis ich vor einem Haus halte.
Hier endet es. Hier hat aber auch so vieles angefangen.
Inzwischen ist es spät geworden.
Die Sonne hat ihr rotes Abendgewannt angelegt.
Doch immer noch strahlt mir, nun schwaches, Licht in's Gesicht.
Lange kann ich nicht in die direkte Richtung des Lichts sehen.
Denn nicht sterben zu können, heißt nicht, nicht erblinden zu können.
Darum wende ich meine Augen ab, und richte sie auf das, was vor mir ist: das Haus, in dem die Schönheit verschwunden ist.
Es besteht aus roten Ziegelsteinen, was ungewöhnlich für diese Zeit ist, doch Abwechslung scheint dieser Zeit ebenso wichtig zu sein wie Normalität.
Also schleiche ich mich zu einem der Fenster des ungewöhnlich, normalen Haus, und sehe hinein.
Drei Menschen sind zu sehen.
Ein Männlicher, der in einem Sessel sitzt, welcher vor einem Gerät, welches die Menschen "Fernseher" nennen, steht, welcher wiederum schon fast gefährlich nahe an dem Fenster steht.
Ein weiblicher, der in der Mitte des Raumes steht, und anscheinend mit der Schönheit vor ihr schimpft.
Zumindest deuten ihre Gesten darauf hin. Auch die Mimik, und die Art und Weise wie die Schönheit reagiert, deuten darauf hin.
Doch will ich es genau wissen und konzentriere mich auf die Stimmen, die in dem Raum sein müssen.
Versuche sie zu greifen, sie zu verstehen.
Versetze mich in den Raum, als wäre ich ein Teil der Luft.
Ein Teil des Seins in diesem Raum.
Dann spüre ich sie.
Diese wunderschöne Stimme.
Ich greife nach ihr, und schon ertönt sie in meinen Ohren: "Mum! Alles okay!" sie klingt aufgeregt. "Aber wo warst du?", fragt die Frau panisch.
Die Schönheit will grade das Zimmer verlassen, da setzt die Frau erneut an: "Sag mir doch wenigstens wo du warst", fleht sie verzweifelt.
Nun scheint die Schönheit unentschlossen zu sein.
Während die Schönheit noch mit sich ringt, wendet der Mann seinen Kopf nun auch in Richtung der anderen beiden. Er scheint nicht froh über das zu sein was er sieht. Gar nicht froh.
So überhaupt nicht froh, dass er gleich losbrüllt: "ANTWORTE DEINER MUTTER!!"
Die Schönheit scheint geschockt.
Nun geht dieser schöne Mund auf, doch daraus kommen keine Worte.
Nur ein schwaches Keuchen.
So als würde man aus 50m Entfernung jemandem dabei zuhören wie er sein Schwert schleift.
Doch das scheint dem Mann nicht gereicht zu haben, denn kurz darauf brüllt er wieder: "ANTWORTE IHR!!!"
Jedoch ohne eine Antwort abzuwarten, geht er, mit einer Flasche Bier in der Hand, auf die Schönheit zu, sieht ihr genau in die Augen und zischt: "Antworte ihr!"
Doch lässt er der Stimme wieder keine Chance zu antworten und wieder brüllt er: "HAST DU NICHT GEHÖRT?!?! DU SOLLST IHR ANTWORTEN!!!!" Während dieser Worte krallt er sich in den wunderschönen Haaren fest und reist an ihnen. Da die Stimme jetzt mit etwas anderem beschäftigt ist, liegt es nahe, dass sie nicht gleichzeitig antworten kann.
Darum lässt er von den schönen Haaren ab.
Die schönen Wangen sind Tränennass.
Nun bringt die schöne Stimme nur ein stammeln raus: "Ich...ich..."
"Du?", fragt der Mann. Ist aber nicht im geringsten an einer wirklichen Antwort interessiert.
Er verpasst der Schönheit eine.
Die Frau hält den Atem an. Die Schönheit wirkt geschockt.
Eine der schönen Wangen färbt sich rot.
Noch mehr Tränen quillen nun aus den Augenwinkeln der leuchtenden Augen.
"ich-ich war nur...", versucht die Stimme zu sprechen, wird jedoch von Schluchzern unterbrochen.
Weitere Gewalt wird an der Schönheit ausgeübt.
Ich kann das nicht mehr mit ansehen!
Ich stürme zur Tür.
Wie ein Wirbelwind reiße ich sie auf.
Was zumindest schon bewirkt, dass das ganze Szenario stehen bleibt.
Plötzlich stehe ich hinter dem Mann.
Er hat nicht mal mehr genug Zeit sich richtig umzudrehen, da habe ich ihn auch schon gebissen und sauge das Blut aus seinem Körper.
Ein Spitzer Schrei.
Nein, es waren zwei.
Die Schönheit und die Frau stehen Fassungslos da und wollen nicht glauben, was sie dort sehen.
Die Frau hat die Hände vor den Mund geschlagen und ist ist zusammen gesunken.
Die Schönheit hatte Mund und Augen aufgerissen, und brachte nicht mehr als ein stottern raus.
Langsam stirbt der Mann.
Und wieder geht eine Präsenz.
Diese war in ihrem Leben von Leid geprägt. Sie hat es bekommen und auch wieder ausgeteilt.
Die Schönheit dreht sich um und rennt aus Tür.
Bei dem Geräusch der zuschlagenden Tür, scheint sich auch die Frau wieder zu besinnen.
Denn sie steht auf und geht zu uns.
Mit einem Kampfgeist in der Stimme, den ich nie von ihr erwartet hätte, sagt sie: "lass ihn los."
Ich reagiere nicht.
"Weg mit dir!!", schreit sie verzweifelt.
Als ich wieder nicht reagiere stürmt sie auf mich zu und reist in von mir weg, wobei sie ihm jedoch ein Stück seiner Schulter entreißt.
Aber das ist auch egal. Er ist eh tot.
Doch da ist noch etwas: sie kommt in Berührung mit meinen Zähnen.
Deutlich sehe ich die Schnittwunden auf ihrem Handrücken.
Das ist nicht gut! Es heißt, dass mein Gift nun in ihren Adern ist.
Dass die innerhalb kürzester Zeit zu einem Monster, wie ich es bin, werden wird.
Der einzige Weg, der noch bleibt, ist der Tod.
Ich wische mir mit dem Hemdsärmel das Blut vom Mund und gehe auf sie zu.
Sie will aufstehen und wegrennen, doch ehe sie sich versieht habe ich meine Zähne in ihren Hals geschlagen.

Als die Schönheit zurück kommt, sind ihre Eltern tot.
Und dort stehe ich.
Zwischen den Leichen...
voller Blut...
Diese Augen dürfen mich hassen.
Diese Stimme darf mich anschreien.
Diese Schönheit darf mich verfluchen und verjagen.
Dazu hat diese Seele jedes Recht der Welt.
Doch im ersten Moment tut sich nichts.
Der Schreck sitzt zu tief.
Dann rennt dieser Körper wuterfüllt und kreischend auf mich zu.
Ich stehe einfach nur da und lasse mit mir machen, was diese Schönheit verlangt.
Aber da kommt etwas unerwartetes:
Diese feinen Hände zücken ein Messer.
Nicht irgendein Messer.
Ein Silbermesser.
Ein mir bekanntes silbernes Messer.
"Aber woher?...", bringe ich noch hinaus, dann spüre ich es durch meine Kleidung und meine Haut gleiten.
Und ich spüre es!
Ich spüre den Schmerz!
Es ist unglaublich!
Kann dieser Moment nicht länger bleiben?
Und schließlich, nach gefühlten weiteren 2000 Jahren, spüre ich wie mich meine Existenz verlässt.
Alles wird schwarz.
Die Wärme der Dunkelheit umfängt mich...behütet mich...behält mich...für immer...

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 18, 2016 ⏰

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