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Ich erinnerte mich noch ganz genau an die Worte meiner Mutter. Sie erzählte immer, wie stolz sie auf mich war. Ich hatte nie das Bedürfnis danach auf Party's zu gehen, mich zu betrinken oder als Teenager irgendwelche Jungs zu daten. Manchmal saß ich sogar stundenlang in meinem Zimmer und las oder lernte. Ich schätze, ich war der Traum einer Tochter. Dass ich nicht gerade unbemerkt blieb, war mir klar. Im Gegenteil, es gab eine Menge Kerle, die auf mich standen und einige von ihnen fand ich sogar auch ganz süß. Was mich daran hinderte mit ihnen auszugehen war, meine Mutter zu enttäuschen. Das Bild der artigen Serena hatte sich bei ihr über die Jahre eingeprägt. Ich hatte zu große Angst, sie ins kalte Wasser zu werfen. Vor allem nach dem Tod meines Vaters hatte ich das Gefühl, dass eine Beziehung mich nur noch weiter von ihr entfernen würde. 

"Scheiße, kannst du gar nichts richtig machen?",höre ich Zane schreien und mit einem Ruck geht die Tür auf. Ich beobachte sein verärgertes Gesicht. Die Adern an seinen Unterarmen stechen hervor. Ein zweiter kommt hinein. Mein Herz setzt sofort aus. Es ist seltsam jemanden nach so langer Zeit zu sehen. Er hatte blondes lockiges Haar, das ihm bis zu den Schultern reichte. Seine Arme waren von etlichen Tattoos umkleidet. Er blickt mich kurz an, doch ist er viel zu aufgebracht, um sich auf mich zu konzentrieren. 

"Sorry, man",seufzt der Blonde. Plötzlich dreht Zane sich um und packt ihn am Kragen. Ich schreie kurz auf und springe vom Bett. 

"Sorry? Mal sehen, ob du dich immer noch entschuldigen kannst, wenn diese Wichser dir ein Loch in deinen Schädel geballert haben",brüllt Zane und wirft ihn zurück. Dieser senkt den Kopf. Er hatte etwas verbockt. Aber warte...wer knallt hier wem etwas in den Kopf? 

"Z-Zane?",stottere ich und sehe ihn erwartungsvoll an. Er zieht eine Tasche unter dem Sofa hervor. War die schon immer da?

"Pack alles wichtige oben ein",befielt er dem Blonden. "Und beeil dich!",hetzt er ihn. Ich beobachte, wie der Lockenkopf nach oben hastet. Sofort schnellt mein Blick zu Zane. Irgendwas stimmt nicht. Nein, irgendetwas läuft gerade schief und es machte ihn nervös. 

"Zane?",frage ich wieder, doch er ignoriert mich. Seine Wangenknochen stechen hervor. Er steht unter Druck. Gezielt greift er nach dem silbernen Koffer und legt ihn auf den Esstisch. Hatte er vor zu gehen? Was sollte die Eile? 

"Keegan!",ruft er, während er den Computer öffnet und etwas eintippt. Wenige Sekunde später hastet dieser die Treppen runter und legt die Tasche ebenfalls auf dem Esstisch ab. Zane packt ihn am Nacken und hält sein Gesicht in Richtung des Computers. "Du nimmst jetzt die Hintertür und läufst in den Wald rein. Es sind mehrere Kilometer, bis ihr den Highway erreicht. Keegan!",rüttelt er den Lockenkopf wach, der verträumt auf den Bildschirm starrt. "Am Highway wird ein weißer Van parken. Mit dem fährst du einfach los, bis ich dich anrufe, verstanden?"

"J-Ja",stottert Keegan. Zane drückt ihm einen Schlüssel in die Hand, ehe er auf mich zukommt. 

"Zane?",frage ich und sehe ihm zu, wie er mir die Fußschellen abnimmt. Er sieht mich nicht einmal an. Mein Blick schnellt zwischen ihm und Keegan hin und her. "W-Was ist los?",frage ich. Die Handschellen fallen zu Boden und Zane packt mich am Unterarm. Ich stolpere vorwärts. 

Keegan ergreift mich und zieht mich zur Hintertür mit. "Nein! Warte! Zane, was passiert hier?",schreie ich und drehe mich zu ihm um. Keegan zieht mich mit sich und schließt die Tür auf. 

"Zane!",schreie ich, doch er sieht mich emotionslos an. "Nein!",wehre ich mich und ziehe an Keegan's Arm, als er mich hinaus zerren will. "Wo bringt er mich hin? Zane!",brülle ich.

Meine nackten Füße berühren den nassen Rasen. Immer wieder reißt Keegan an meinem Arm, während wir über das weite Feld laufen. Zum ersten Mal erblicke ich meine Umgebung. Um uns herum ist nur Wald. Mit jedem Schritt nähern wir uns den Gebüschen. Ich drehe mich laufend um und blicke auf das verlassene Häuschen, dessen Umrisse immer kleiner werden. Plötzlich ein Schuss. Keegan und ich bleiben, wie angewurzelt stehen. Es kam aus dem Haus. Scheiße, es kam aus dem Haus.

"Fuck",höre ich ihn fluchen und sehe ihn mit großen Augen an. 

"Was?",frage ich drängend, doch er wirft mir nur einen kurzen Blick zu, ehe er mich weiterzieht. 

"Komm",schreit er und beginnt schneller zu rennen. Ich bin immer kurz davor über meine eigenen Füße zu stolpern. Die Kälte trifft mich wie ein Schlag ins Gesicht. Meine Wangen sind wie taub, denn der Wind stößt unangenehm dagegen. Ich drehe mich ein letztes Mal um, bevor wir in den Wald hineinlaufen. Klein und unscheinbar wirkt das Haus, das vor einigen Sekunden noch mein Gefängnis gewesen war. Hatte man Zane getötet? 


SerenaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt