Kapitel 4

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"Hi Dad!", ich besuche meinen Vater im Krankenhaus. Er liegt im künstlichen Koma und lauter Geräte sind mit ihm verbunden. Er sieht schrecklich aus. Überall Narben und Verletzungen. Ich schlage meine Hände vor den Mund und versuche mir den Vater vorzustellen, den ich immer in ihm gesehen habe. Die Vorstellungen waren immer schöner, als es  je war.  Doch meine Fantasie gewinnt immer. "Hier hab jemanden bei mir." Alex betritt das Zimmer. "Hi Boss." sagt er schüchtern. Ich gehe zum Bett hin und küsse meinen Dad auf die Wange. Meine beiden Brüder sind bei dem Deal gestorben. Über ihren Tod bin ich hinweg. Ich besuche eine Therapeutin, schon seit sechs Monaten. Also direkt nach dem Tod meiner Brüder. Jedes mal schockieren mich die Verletzungen meines Vaters aufs neue und ich sehe all die Narben. Körperlich wie Seelisch bei meinem Papa.

Alex und ich sind glücklich. Wir leben seit dem Tod meiner Brüder zusammen und es klappt erstaunlich gut. Ich finde auch keine fremden Frauen im Haus oder bei Alex. Alex hat die Gang übernommen und führt sie verantwortungsvoll. Also bin ich schon wieder mit dem Boss unter einem Dach. Am Anfang versuchte Alex mich zu überreden aus zu treten, doch das kommt nicht in Frage. Ich bleibe in der Gang als einziges Mädchen.

Die Aufnahmerituale übernehme ich und steche auch noch das Skorpion-Tattoo. Mir macht es Spaß zu stechen. Deshalb hat Alex ein A auf der Brust für Ainara. Ich habe ein A auf den rechten Rippen für Alex. Alex hatte beschlossen noch ein kleines Motorradrennen an die Rituale dran zu hängen, so dass die Mitglieder gleich am Anfang ihren Mut und Stärke beweisen müssen. Ich war das halbnackte Girl, das den Beginn mit einem Fahne schwenken anzeigt. So auch heute wieder. Wenn solche Rennen statt fanden, waren noch andere Latino Mädchen da. Sie feuern immer an. Ich stehe hier immer im Mittelpunkt und das brauche ich auch. Ich gehe runter in die Hocke uns halte die Fahne zwischen meinen Beinen. Langsam stehe ich auf und schwenke die Fahne. Die Motorräder brausen an mir vorbei. Ich schreie Alex noch viel Glück zu. Ich möchte gerade die Fahrbahn verlassen, als mein Absatz abbricht. Scheiße tat das weh. Alex drehte sich zu mir um und reißt sein Lenker mit. Er fällt hin. Ich ziehe die Schuhe aus und renne zu ihm. "Alex! Alex! Nein, nein, nein!" ich fange an zu weinen. Blut rinnt über seine Stirn und er atmet nicht. Ohne Helm zu fahren ist doch nicht besonders schlau. Aber ich verliere gerade ein weiteres Mitglied meiner Familie.

Ich sitze im Polizei Präsidium und warte auf einen Beamten. In dem kleinen Wartezimmer starren mich die grauen Wände an. Ich habe das Gefühl die kämen immer näher. Scheiße, ich drehe noch durch. Ich brauche eine Kippe. Aber, halt stopp, Nira! Polizei-Kippe-nicht volljährig! Scheiße hier! Fuck, fuck, fuck! Ich hasse es. Frustriert lasse ich mich auf den Stuhl sinken. Bestürzt stütze ich meinen Kopf in meine Hände. Leise, bittere Tränen laufen meine Wangen runter. Sie lassen keine Platz für Hoffnung. Ein fetter Beamte mit Glatze reißt mich aus meiner Trauer. Schnell wische ich mir die Tränen. Sofort kommt die taffe Ainara wieder zum Vorschein. Ich laufe auf den Polizisten zu, der sofort die Hand an die Waffe legt. "Ich beiße nicht und falle sie auch nicht an. Keine Angst!" sage ich zu dem Mann. Er lässt die Hand von der Waffe und bittet mich mit zu kommen. Endlich nach Hause...Nein, nicht dem sein Ernst, oder? Er bringt mich in ein Büro. Eine weiße Frau und ein weißer Mann warten dort schon auf mich. "Darf ich vorstellen, Frau und Herr Chapman. Sie werden sich um dich kümmern. Sie sind deine Pflegeltern.", "Aha. Was ist, wenn ich das aber nicht will. Ich kann für mich alleine sorgen.", "Du bist aber nicht volljährig. Du gehst in die Familie." Das waren klare Worte. Der Beamte verlässt das Büro mit den Worten "Lernt euch mal kennen". Na toll. Herr und Frau "Wir-sind-weiße-und-reich" Ehepaar schauen mich an. Ich merke den Blick wie sie mich von Kopf bis Fuß mustern. "Was?" frage ich schnippisch. "Schön dich kennen zu lernen Ainara. Wir kennen deine Vorgeschichte. Du machst uns durch deine Abweisende-Art keine Angst." Na, noch besser. Ich lasse mich auf einen Stuhl fallen und schaue die beiden mit hoch gezogener Augenbraue an. "Also. Ainara. Wir wohnen ein bisschen weiter weg von hier. Du wirst eine andere High School besuchen. Unser Sohn Leon wird dir bei der Eingewöhnung helfen. Deine Vorgeschichte spielt bei uns keine Rolle. Du wirst nach den gleichen Regeln leben, wie jeder andere auch." Scheiße noch eins. "Hier ist ein Bescheinigungspapier, das du unterschreiben musst. Damit gibst du uns das Recht dein Vormund zu sein." Da ich anscheinend keine andere Wahl habe, unterschreibe ich schnell das Papier. Herr und Frau Chapman versprechen mir, alles nach zu kaufen, was ich noch benötige. Na immerhin haben die Asche. 

Badgirl und Nerd, geht das überhaupt?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt