29. Behind the wall.

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Er ließ mich einfach im Wohnzimmer stehen und dort blieb ich dann auch eine Weile. Dieses ganze Drama ist mir wirklich einfach zu viel. Warum musste mein Leben diese komplizierte Wendung nehmen? 

Nach einer halben Stunde warteten wir alle unten im Wohnzimmer, bis jeder da war. Laura und Dylan waren natürlich die letzten und sie hüpfte wie ein Honigkuchenpferd die Treppe hinunter. 
"Also dann mal los!", sagte sie freudig, als sie zu uns getreten war. 
"Ich fahre wieder vorne, Collin mir hinterher.", erwiderte Chace sofort. 
"Wir sollten wahrscheinlich so aufgeteilt sein wie beim Weg hier her.", ich wusste, dass Laura das nur sagte, damit ich alleine mit Collin in einem Auto war, aber das war mir eigentlich ganz recht. Dann müsste er schließlich mit mir reden. 
Collin grummelte nur irgendetwas vor sich hin und ging nach draußen, ich ihm hinterher. Er sah mich kein einziges Mal an, stieg einfach in sein Auto. Laura warf mir noch einen aufmunterten Blick zu und somit stieg auch ich ein. Jetzt hatte ich ungefähr eine halbe Stunde, bis wir in der Stadt waren. Das würde ich wohl hin bekommen, oder? 

Die Luft im Auto fühlte sich extrem stickig an und ich öffnete meine Jacke ein wenig. Okay, ich war ziemlich nervös. 
"Hast du jetzt Zeit?", fragte ich, nachdem ich endlich den Mut gefasst hatte. Er starrte jedoch nur auf die Straße und antwortete mir nicht. 
"Irgendwann musst du mit mir reden, weißt du.", versuchte ich es noch mal. 
"Muss ich nicht.", erwiderte er kurz, seine Mundwinkel nach unten gezogen. Was war sein Problem?
"Na schließlich hast du vorher versucht mich zu küssen und...", doch ich konnte nicht weiter reden, denn er unterbrach mich. 
"Dich küssen?", sein darauf folgendes Lachen war kühl und sarkastisch, "das wollte ich gar nicht." Ich konnte nicht erkennen, ob er das ernst meinte, oder einfach nur sagte, damit er nicht da stand als wäre er abgewiesen worden. 
"Collin. Was war das denn sonst?"
"Nichts. Ich weiß echt nicht, was du da rein interpretierst. Ich stehe absolut nicht auf dich. So gar nicht." 
Um ehrlich zu sein trafen mich diese Worte härter als gedacht, denn schließlich hatte ich das doch schon befürchtet. Doch trotzdem tat es unheimlich weh sie ausgesprochen zu hören. 
Ich konnte nichts darauf antworten. Alles was ich sagen wollte hörte sich unglaublich dämlich an. Am liebsten hätte ich ihn angeschrien, er solle nicht so mit meinen Gefühlen spielen. Vor heute morgen hatte ich schließlich noch nicht solche Gedanken gehabt. Deshalb drehte ich mich einfach nach vorne und sah ebenfalls auf die Straße, er sagte kein Wort mehr zu mir. 

Es dauerte zum Glück nicht mehr lange, bis wir die Kreuzung erreichten, die zur Stadt führte. San Brose stand auf einem großen gelben Schild. Vielleicht bildete ich mir das alles nur ein, doch sogar die Straße dorthin sah gruselig aus. Einfach verlassen. In der Ferne konnte ich die Häuser schon sehen. An der Straßenseite waren Schilder aufgestellt worden, die mit Sprühfarben bemalt worden waren. Eigentlich hatten sie alle nur eine Botschaft mitzuteilen: Nicht in die Stadt zu fahren. Nicht wirklich beruhigend. Nach noch ein paar hundert Metern stoppte das Auto von meinem Bruder und Collin parkte dahinter. Sofort stieg ich aus, da ich echt nicht mehr in dem Auto bleiben konnte. Laura tat das gleiche und kam sofort zu mir. 
"Findest du nicht auch, dass das alles ziemlich gruselig aussieht?", sagte sie sofort und hackte sich bei mir unter. Ich nickte ihr nur zu und sah zu den Häusern. Es war eine Absperrung aufgestellt worden, somit konnte man nicht weit hinein sehen. 
"Ich schätze wir müssen da drüber klettern.", sagte mein Bruder und zeigte auf die Absperrung. 
"Im Ernst? Da komm ich nie drüber.", sie war ungefähr zwei Meter hoch. 
"Stell dich nicht so an Jess.", erwiderte er und wir gingen alle näher dran. 
"Helfen wir den Mädchen zuerst drüber.", sagte Dylan, stellte sich an die Absperrung, welche eigentlich mehr wie eine Mauer aussah und stellte sich so hin, dass wir eine Räuberleiter bilden konnten. 
Als ich mich nicht bewegte seufzte Laura laut, ging auf ihn zu und hob ihren rechten Fuß in seine Hände. Er zählte bis drei, sie stieß sich von unten ab und sprang nach oben. Dann zog sie sich über die Mauer und saß kurz dort oben, während sie hinein sah. 
"Leute, das ist echt gruselig. Alles ist total heruntergekommen."
"Jetzt spring schon rüber!", rief Liam ihr zu und sie sagte noch "Wehe ihr kommt nicht nach", bevor sie runter sprang. 
"Jetzt du Jess.", Dylan sah mich erwartungsvoll an und ich ging langsam zu ihm. Ich war echt nicht sportlich, ich würde es nicht schaffen. 
"Nur Mut.", sagte er, während auch ich meinen Fuß auf seine Hände stellte. Wieder zählte er und bei drei stieß ich mich so fest ich konnte vom Boden ab, doch durch seinen Schwung war es gar nicht mal so schwer. Schnell griff ich nach der Mauer und er stieß mich an beiden Beinen noch ein wenig nach oben, damit ich es leichter hatte. Schnell hüpfte ich auf der anderen Seite wieder herunter und stand nun direkt neben Laura. Gott sei dank, ich hatte es geschafft. Jedoch versuchte ich nicht daran zu denken, dass ich auch wieder auf die andere Seite musste. 
Laura hatte recht gehabt, es sah wirklich unheimlich aus. Es sah so aus, als würde die Stadt nur aus einer einzigen Straße bestehen, rechts und links waren jeweils Häuser, welche jedoch aussahen, als hätten sie seit Jahren keine einzige Menschenseele gesehen. Im Erdgeschoss waren größtenteils Geschäfte gewesen, jedoch waren die Schaufenster eingeschlagen und auch alle Türen standen offen. Die Wände waren vielleicht mal weiß gewesen, sahen jetzt doch eher grau aus. Das einzig schöne war der See in der Ferne, der blau glitzerte. 
Die Jungs kletterten alle gleichzeitig über die Mauer, denn natürlich brauchten sie keine Hilfe, so wie wir Mädchen. Als sie alle drüben waren standen wir erst mal eine Weile regungslos da, niemand sagte ein Wort. 
"Also dann mal los, oder?", Dylan beendete die Stille und ging zu Laura, um ihre Hand zu nehmen. Danach liefen wir alle die Straße entlang, ich wusste jedoch nicht, was ich alles ansehen sollte, da es unglaublich aussah. Wie in einem Film. 
"Wir sollten mal da rein gehen.", sagte Chace und deutete auf einen Laden rechts von uns. Das Schild darüber war zu verstaubt um zu sehen wie er hieß. Sofort gingen wir alle dort hin und Liam öffnete die Tür ohne Probleme. 
"Nicht abgeschlossen.", sagte er und ging hinein. Auch wenn sie geschlossen gewesen wäre, da war schließlich auch noch das eingeschlagene Schaufenster. 
Vorsichtig gingen wir alle hinein und ich musste aufpassen, nicht auf Glasscherben zu treten. 
"Das war wohl ein Haushaltswaren-Laden.", stellte Laura fest und nahm einen zerbrochenen Teller von einem Regal, "es muss hier ziemlich hübsche Sachen gegeben haben." Vorsichtig stellte sie den Teller wieder zurück, was eigentlich sinnlos war, denn schließlich war er schon kaputt. In diesem Moment hörte ich etwas quietschen und fühlte auch gleich etwas leichtes auf meinem Fuß. Schnell erkannte ich, dass mir soeben eine Maus über die Füße gelaufen war und natürlich sprang ich schreiend nach oben, die Hände in die Luft geworfen und drehte mich ruckartig um, damit ich weg laufen konnte. Jedoch kam ich nicht weit, denn ich prallte an Collins Oberkörper ab. Dieser nahm mich nur an beiden Oberarmen und drückte mich ein wenig weg. 
"Entschuldigung.", sagte ich und spürte schon, wie ich rot wurde. 
Er sah mich nur an, länger als wahrscheinlich nötig gewesen wäre. "Schon o-ok.", sagte er dann und ich drehte mich langsam wieder um. Ich merkte, wie die anderen so taten, als hätten sie das nicht gesehen, was natürlich nicht der Fall war. 

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Danke für die netten Kommentare:)
Ich hoffe euch gefällt die Geschichte und Verbesserungsvorschläge höre ich immer wieder gerne :) 
:*

Three sided love. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt