Entscheidung

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MIA'S SICHT:

Seit meiner ersten Begegnung mit Liam, war er derjenige, an den ich fast ununterbrochen dachte, der all meine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, auch wenn er nicht in der Nähe war. Im Prinzip hätte mir viel früher klar werden müssen, dass ich definitiv mehr als Freundschaft für ihn empfand. Die Gewissheit, dass er genauso empfand hatte ich. Alles hätte zu einer Art Happy End führen können.

Doch dann war Luke wiedergekommen. Und mit ihm kam auch die Einsicht, dass ich so wie bisher nicht weitermachen konnte. Es war nicht fair gegenüber Liam. Und auch nicht mir selbst gegenüber. Auch wenn es erst den Anschein gemacht hatte, wir würden einander niemals glücklich machen können. Ohne Zweifel hatte ich nach wie vor Gefühle für Luke. Ob ich ihn noch liebte, wusste ich nicht, aber die Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit machten mich nachdenklich. Unsere Beziehung war nie perfekt gewesen. Aber wir hatten uns geliebt. Und wir konnten uns vertrauen. Grund dafür, war vermutlich auch die Nähe gewesen. Wir hatten uns so gut wie jeden Tag gesehen, hatten immer gewusst was der andere gerade machte. Dieses Vertrauen war sofort wieder spürbar. Ich wusste nicht wie er darüber dachte, aber in meinen Augen waren wir Freunde. Gute Freunde. Doch daraus hatte sich bereits einmal mehr entwickelt. Würde das erneut passieren? Allerdings gab es jetzt eine dritte Person, die das verhindern konnte. Oder doch nicht? Denn im Gegensatz zu Luke, war Liam nicht hier. Ich würde ihn zwar am Wochenende wiedersehen, aber danach wäre er wieder weg. Wie lange würde das funktionieren? Egal was wir füreinander empfanden, eine Beziehung war unmöglich. Und es wäre ganz einfach nicht fair, ihn trotzdem am Wochenende nach Deutschland kommen zu lassen. Ganz abgesehen davon, dass ich nicht stark genug war um ihm all das ins Gesicht zu sagen.

LIAM'S SICHT:

Es war schon Donnerstag. Und noch immer hatte ich keinen Flug nach Deutschland gebucht. Mir war selbst unklar, was genau mich daran hinderte. ich wollte Mia wiedersehen. Unbedingt. Vermutlich hatte ich einfach nur Angst. Angst, dass sie eine Entscheidung getroffen hatte. Was wenn sie meine Gefühle tatsächlich nicht erwiderte? War unsere... Freundschaft dann für immer zerstört? Es gab nur eine Möglichkeit um das herauszufinden. Ich musste nach Deutschland. So konnte ich wenigstens versuchen, sie für mich zu gewinnen. Sonst würde ich mir nur ewig Vorwürfe machen. Entschlossen schaltete ich meinen Laptop an, um nach Flugtickets zu suchen. Ziemlich überrascht zuckte ich zusammen, als mir auf einmal ein Skype-Anruf angezeigt wurde. Als ich sah wer mich anrief, wurde meine Überraschung nur noch größer. Obwohl dieser Anruf vermutlich nichts positives bedeuten konnte, nahm ich ihn entgegen. Wenige Sekunden später erschien Mias Gesicht auf dem Bildschirm. Ihr Lächeln wirkte ziemlich gequält. Sofort bereute ich, den Anruf entgegen genommen zu haben. "Hey..", murmelte sie, so leise, dass ich sie kaum verstand. "Mia... was ist los?" Es stand außer Frage, dass sie mich nicht einfach so aus Langeweile anrief. "Ich wollte  nur fragen ob du... ob es vielleicht besser wäre... wenn du nicht nach Deutschland kommst." Jedes einzelne Wort aus ihrem Mund fühlte sich an wie ein Messerstich mitten ins Herz. "Wie bitte?", fragte ich nach, obwohl ich sie natürlich bestens verstanden hatte. Mein Gesichtsausdruck schien ihr auch genau das zu sagen, trotzdem wiederholte sie: "Du solltest mich besser nicht besuchen kommen." - "Wieso nicht?" Meine Stimme war nur noch ein seltsames Krächzen. Mia seufzte. "Ich habe... nachgedacht." Okay. Das waren die Worte, die ich nicht hören wollte. Sie hatte nachgedachte und ihr war klar geworden, dass sie meine Gefühle nicht erwiderte. Doch dann fuhr sie fort: "Bevor du das jetzt falsch verstehst... es ist nicht so, dass ich nichts für dich... empfinden würde. Aber es würde niemals funktionieren, Liam." Sie empfand etwas für mich. Diese Tatsache bildete meinen Rettungsring, an den ich mich nun panisch klammerte. "Woher willst du das wissen? Wir könnten es doch wenigstens versuchen. Gib mir eine Chance." Langsam schüttelte sie den Kopf. "Überleg doch mal, wie schwer uns der Abschied schon am Montag fiel. Das möchte ich nicht jede Woche aufs Neue durchmachen müssen. Und wer sagt, dass wir uns wirklich jedes Wochenende sehen können? Du hast jetzt gerade frei, aber was ich danach? Ihr geht wieder auf Tour, du bist in der ganzen Welt unterwegs. Und ich sitze hier Zuhause und gehe jeden Tag zur Schule. Wie soll das funktionieren, wie?" All das sprudelte so schnell aus hier heraus, dass mir keine Zeit blieb, Gegenargumente zu finden. Hinzu kam, dass sie wahrscheinlich Recht hatte. Fernbeziehungen waren nicht leicht. "Irgendwie finden wir eine Lösung.", versprach ich halbherzig. Ich konnte sie nicht verlieren. Auf keinen Fall. "Liam, du kannst nicht sagen, dass eine Beziehung zwischen uns funktionieren würde, während du mit einem komplett anderen Mädchen zusammen bist." Seufzend schüttelte ich den Kopf. "Das verstehst du nicht. Ich kann mich nicht von ihr trennen. Das Management bestimmt die Länge der Beziehung." Ungläubig sah Mia mich durch ihre Webcam an. "Was? Liam, du bist derjenige um den es geht. Sag denen doch einfach was Sache ist. Die werden dich schon nicht umbringen." Umbringen vielleicht nicht.  "Mia, wir finden eine Lösung.", wiederholte ich, dieses Mal klang es flehend. "Nein. Und je länger wir nach einer suchen, desto unglücklicher werden wir. Es funktioniert einfach nicht." Sie war unglücklich. Und ich war Schuld. Ich hatte versagt. "Ich... muss los." Erst als ich den Anruf bereits beendet hatte, wurde mir klar, was ich gerade getan hatte. Genau das waren ihre Worte gewesen, als sie mich am Flughafen hatte stehen lassen. Wie bescheuert war ich denn? Vielleicht hatten wir tatsächlich die Chance auf eine Freundschaft gehabt. Jetzt jedoch musste sie denken, dass ich das nicht wollte. Dass ich sauer auf sie war. Die einzige Chance ihr das Gegenteil zu beweisen wäre genau jetzt. Doch zurückrufen konnte ich sie nicht mehr, sie war bereits offline. Und ihr einfach nur zu schreiben, wäre feige. Aber genau das war ich schließlich. Und genau deshalb hatte sie mich zurückgewiesen. Vermutlich wollte sie sowieso nicht mit mir befreundet sein. Ich hatte sie nicht verdient. Den Rest des Tages, lief ich ziellos in meiner Wohnung umher, rasend vor Wut auf mich selbst. Erst am späten Abend wurde mir klar, dass es nur eine Sache gab, die ich jetzt tun konnte.

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... was könnte das wohl sein? ;)

I want you to stay..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt