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Er macht die Augen nicht auf. Scheiße. Zane liegt still da. Er ist so wehrlos und ich nutze diese Chance nicht einmal. Nein, ich stehe vor ihm und will ihm helfen. Mein Rucksack, der Koffer, ein Messer zur Abwehr - alles steht bereit. Und ich verdammt nochmal stehe hier und helfe meinem Entführer. 

Zögerlich gehe ich auf ihn zu und mustere ihn. Seine Muskeln zeichnen sich auf seinem vollgeschwitzten T-Shirt ab. Er ist gut gebaut. So unglaublich gut gebaut. Wäre er einer dieser Perverslinge, die darauf stehen, Frauen Schmerzen zuzufügen, wäre ich wahrscheinlich nur durch seine bloßen Fäuste in den Himmel befördert worden.

Wenn es einen Himmel gab. 

Ich stehe unmittelbar vor ihm und ziehe den Hoodie aus, falte ihn zusammen und presse den Stoff fest gegen seine immer noch blutende Wunde. Ich weiß nicht, wie weit ich gehen darf oder wie stark ich zudrücken kann. 

Vorsichtig knie ich mich vor ihn. Seine Beine stehen aufrecht links und rechts neben mir. Ich richte mich auf und bin ihm sehr nahe, als ich gegen seine Wange schlage. Ein Kribbeln durchläuft meine Hand. Ich habe seine Haut berührt, freiwillig. Sie war so weich und gleichzeitig so gefährlich rau. Seine Wangenknochen hatte ich gespürt. Doch keine Reaktion von Zane. 

Ich blickte auf den schwarzen Hoddie, hob ihn kurz an und bemerkte, dass es bis zur Hälfte blutig war. "Scheiße",seufze ich und sehe mich um. Ich habe keine Ahnung, was ich machen soll. Ich weiß nicht einmal, warum ich überhaupt etwas mache. Gott, was mache ich hier? Meine Mutter wartet auf mich, meine Familie wartet auf mich, sie alle. Es kann nicht sein, dass die Dinge, über die Zane gesprochen hat, wahr sind. Hätte meine Mutter davon erfahren, dass ich gegen Lösegeld wieder nach Hause gehen könnte, wäre das Geld schon in Übermaßen bei Zane. Dann wäre das alles nicht passiert. Dann hätte man mich nicht gefunden. 

Mit zitternden Händen lasse ich den Hoodie los. Ich presse nicht mehr auf seine Wunde. Langsam weiche ich zurück. Was wenn ich einfach gehe? So tue, als ich hätte ich nicht gesehen oder mitbekommen, das er angeschossen wurde. Ich kann einfach loslaufen. 

Mit einem Ruck greife ich wieder nach meinem Rucksack, hebe das Messer auf und renne durch die Hintertür. Schnell packe ich den Koffer mit der anderen Hand und laufe über den nassen Rasen. Freiheit. Ich komme frei. Ich werde das schaffen. Ich werde meine Mutter in die Arme schließen und ihr sagen, dass ich hier nicht sicher bin. Wir haben das Geld. Sie werden uns schon irgendwie beschützen. Und Zane...Zane wird es überleben. Und wenn nicht, dann schmore ich für meine Unmenschlichkeit in der Hölle.

Wenn es eine Hölle gibt. 

SerenaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt