Ja, Nein, Vielleicht?

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Dunkelheit umgab das Schloss Hogwarts. Die Sonne war schon
lange untergegangen und so funkelten nur noch die Sterne über die hohen Türme.
Doch die wenigsten hatten Augen dafür, für diese Sternenklare Nacht.
Die meisten Schüler in Hogwarts schliefen oder saßen in ihren Gemeinschaftsräumen und genossen den Abend mit ihren Freunden.
Allein stand nur eine junge Frau auf dem Astronomieturm und sah nach oben.
Leise seufzte sie und sah die neblige Luft, die aus ihren Mund hervortrat.

Sie rieb sich ihre kalten Hände und sah herüber zum See. Sanft lächelte sie, trotz der bitteren Kälte, genoss sie den Augenblick.
Sie liebte diesen Ausblick. Hier oben konnte man alles vergessen. Hier war sie weit weg von dem Stressigen Alltag in Hogwarts.
Sie dachte nicht mehr an die Hausaufgaben und das viele Lernen, was sie vor sich hatte. Nicht mehr an ihre Pflichten als Vertrauensschülerin. Nicht an ihre Schwester, die sich weigerte mit ihr zu sprechen. Nicht an ihre Eltern, die Mitte letztes Jahres verstorben waren bei einem Angriff von Todessern.
Nicht an die Angst, die sie verspürte wenn sie an ihre Zukunft dachte, weil Lord Voldemort immer mächtiger wurde.
Nein, es rückte immer mehr nach hinten.
Sie genoss das Rauschen des Windes, der um das Schloss wehte. Das Kreischen von Eulen, die auf der Jagd waren und so durch die Luft sausten.

Die Tür hinter ihr quietschte und ließ sie aufschrecken. Sie hatte niemanden hier oben erwartet und hoffte für einen Moment, dass es kein Slytherin war.
Sie drehte sich rasch um, ihre Hand glitt zu ihren Zauberstab.
„Was machst du den hier oben?" fragte sie nun verwirrt als sie ihr Gegenüber erkannte. Schwarze wilde Haare, die sich nicht bändigen lassen. Schokoladenbraune Augen die hinter Glas freudig funkelten.
Selbstsicher grinste er sie an. „Das könnte ich dich genauso fragen, Lily" Sie lächelte ihn an. „Aber ich habe als Erstes gefragt, James".
Noch war es komisch seinen Namen zu gebrauchen. Noch letzten Sommer hatte sie ihn nur Potter genannt. Doch das hatte sich am Anfang dieses Schuljahres geändert. Er hatte sich verändert. Das hatte sie gemerkt und war auch sehr erfreut darüber.
Und seine ständige Fragerei nach einem Date hatte aufgehört.
Ja, Lily würde soweit gehen und sagen, sie waren dabei eine Freundschaft aufzubauen. „Ich wusste das du hier bist, also dachte ich, ich komme dich abholen, damit du so spät nicht mehr durchs Schloss musst." Sie runzelte die Stirn.
„Woher wusstest du das den?"
Er grinste sie nur an, schüttelte leicht den Kopf und gab ihr so zu verstehen, dass er es nicht verraten würde.
Er schritt zu ihr herüber und blieb neben ihr stehen.
„Wunderschön oder?" fragte sie dann sanft als sie herunter sah. „Oh ja." er sah sie an. Angriffslustig blitzen ihre Augen auf, als sie ihn wieder ansah. Er grinste noch immer.
Doch Lily beließ es dabei.
„Unser vorletztes Jahr hier an Hogwarts." flüsterte sie dann. James nickte. „Aber zum Glück ist ja noch etwas Zeit"

So standen sie eine Weile nebeneinander und genossen die Aussicht.
Doch James sah nicht auf den See oder auf die Sterne, seine Aufmerksamkeit galt nur der jungen Frau vor ihn.
Das Licht des Mondes ließ ihre Haut strahlen. Ungewohnt dunkel sahen ihre langen Haare aus, schimmerten in einem noch dunkleren Rotton. Doch ihre Augen waren so hell, wie eh und je. Umrahmt von dunklen langen Wimpern.
Und bei diesen Anblick schlug sein Herz nur noch schneller. Er dachte, irgendwann würde dieses Herzklopfen aufhören aber selbst nach so langer Zeit, schlug es ihn bis zum Hals.
„Geh mit mir aus Lily" sagte er dann leise.
Er dachte schon, sie hätte ihn nicht gehört. Doch, dann drehte sie ihren Kopf zu ihn.
„Nein."
Die Antwort war knapp und deutlich. Lily seufzte auf, nachdem sie geantwortet hatte. „Ich dachte schon diese Fragerei hätte endlich aufgehört. Ich dachte wir könnten jetzt so etwas wie Freunde werden, James"
Er starrte sie an. „Ich will aber nicht nur mit dir befreundet sein Lily! Was hält dich davon ab?"
Er sah sie schlucken. „Ich will einfach nicht!" Sie drehte um und ging zur Tür. „Oh nein! Nein!" er hielt sie fest und zog sie zurück.
„Ich will eine richtige Antwort! Warum nicht! Nenne mir einen Grund dafür! Einen Grund dafür, dass du mich inzwischen 700 mal abblitzen hast lassen!" Sie schien irritiert. „Ja, 700 mal habe ich dich inzwischen gefragt! Seid der dritten Klasse frage ich dich ständig und jedes mal kommt ein Nein! Okay, ich habe dich letztes Jahr verstanden aber heute? Heute dachte ich du würdest Ja sagen, weil wir uns so gut verstehen!" James war lauter geworden.
Lily war ganz erstaunt, zum einen das James wirklich gegenüber laut wurde, zum anderen, dass er wusste wie oft er sie schon gefragt hatte. Und...das 700 Mal...nicht gerade wenig war.

Doch das Staunen wich und Wut kroch in Lily hervor. Nein, sie würde kein schlechtes Gewissen bekommen. „Du willst eine Antwort?! Die kannst du haben! Weil ich nicht dein Spielzeug bin oder werden will! Schön, mag sein das du mich so oft gefragt hast, eher sollte es mich wundern, dass es nicht noch mehr war! Aber mal so eine Frage zwischendurch, hast du je überlegt wie du mich gefragt hast?!" schrie sie zurück.
Sie ließ ihn kein Moment zum nachdenken.
„Nehmen wir nur mal das letzte Mal als Beispiel! Ende letztes Schuljahres! Oh, James Potter verhext aus Spaß einen anderen Schüler weil er so cool ist und ihn langweilig ist! Was schon echt widerlich ist und denk nicht, ich wüsste nicht was du mit Snape gemacht hast als ich weg war! Lass mich ausreden!" schrie sie ihn weiter an, vor allem als er sich verteidigen wollte.
„Mir egal, ob du ihn nicht leiden kannst oder wie er mich nennt. Damit muss ich zurecht kommen, egal ob es dich stört oder nicht! Nehmen wir ein anderes Beispiel...hm...Wie wäre es das eine mal, als du mit irgendeiner Blondine im Gang rumgemacht hast. Erinnerst du dich? Und dann bemerkst du mich zufälliger weiße und fragst mich? Denkst du echt, in so einen Moment sage ich Ja. Oh Ja James! Wenn du fertig geknutscht hast, können wir ja mal gucken wann das nächste Hogsmead Wochenende ist!"

Er schluckte schwer, er erinnerte sich. Und ja, er gestand sich ein, dass sie darin recht hatte. Doch Lily schien gerade in Fahrt gekommen sein.
„Oder habe ich immer Nein gesagt, nachdem ihr im 4. Jahrgang herumerzählt habt, ich würde auf Frauen stehen? Ich meine selbst wenn, allein das ihr so etwas behauptet ist ja schon ziemlich unter der Gürtellinie! Findest du das nicht auch?"
Er nickte leicht, daran hat er gar nicht mehr gedacht. „Weißt du James, wahrscheinlich hätte ich sogar irgendwann mal Ja gesagt, hättest du mir nicht so viele Gründe gegeben Nein zu sagen." sie schnaufte.
Was sollte er darauf erwidern. „Aber im Grunde... haben mich diese Momente nur darin weiter bestärkt, was ich von Anfang an dachte. Dass ich nichts weiter bin als ein Spielzeug. Ein Zeitvertreib!" sie war ruhiger geworden aber ihre Stimme hat nicht an Schärfe nachgelassen.
„Das warst du nie Lily! Ich...ich...." er verhaspelte sich. „Du hättest direkt nach dem zweiten Mal fragen von mir ein Ja bekommen, wäre nicht das Erste Mal so gewesen." sagte sie dann noch ruhiger. James runzelte die Stirn.
Überlegte, was damals gewesen war.

Die Ferien waren gerade vorbei gewesen und da sah er sie.
Lily Evans.
Vorher hat er sie noch nie so wirklich beachtet. Doch nun fiel sie ihn auf. Die roten Haare, die grünen Augen. Wie sie an ihn vorbei ging und sein Atem aussetzte. Und konnte nur an ihre helle Haut denken, die er gesehen hatte.
Und voller Übereifer war er gewesen, sie direkt zu einem Date einzuladen. Peinlich genug, dass er ihren Vornamen nicht mal kannte. Ewelt...Evant...Nein ganz ähnlich...
"Evans!" rief er laut, dass sie sich umdrehte und mit ihr der ganze Gemeinschaftsraum. „Willst du mit mir ausgehen?" selbstsicher war er, klar würde sie Ja sagen. Er hörte Sirius, Remus und Peter hinter ihn lachen. Mit ihnen noch ein paar Andere.
Wohl eher über ihn als über sie. Sie verzog das Gesicht. „Nein will ich nicht Potter!" sie betonte seinen Nachnamen dabei.
Er schnaubte auf. Sah dann das Mädchen neben Lily an. „Willst du dann mit mir ausgehen?" fragte er um es zu überspielen, dass es ihn traf einen Korb zu bekommen. Das Mädchen strahlte sofort. „Klar gerne!" sagte sie und setzte rasch ihren Weg in den Schlafsaal weiter. James grinste Lily an.

Peinlich erinnerte er sich, an seine Worte die er dann zu Lily gesagt hatte. „Du erinnerst dich sicher gut daran, was du zu mir sagtest oder?"
„Sie würde weiblicher aussehen als du..." murmelte er leise. „Oh so freundlich hast du es ja nicht ausgedrückt. Ich glaube der richtige Wortlaut war. 'Die ist mir eh lieber, die ist nicht so flach wie du. Du könntest ja ein Junge sein'"
Lily sah ihn an, ihre Augen wirkten inzwischen eher verletzt anstatt sauer. „Und die Tatsache...das du mich hast als erstes abblitzen lassen, kommt dazu." Jetzt war James irritiert.
„Was?" Die Rothaarige lachte freudlos auf. „Sag bloß, du hast es vergessen? In der zweiten Klasse? Schon damals warst du ohne viel Anstrengung der Klassenbeste. Und warst für mich, der tollste Junge auf der Schule. Ich schrieb dir einen Liebesbrief, falls du es vergessen hast. Du hast mich ausgelacht als ich ihn dir gab."
Jetzt erinnerte sich James, hatte wieder das Bild vor Augen von der jüngeren Ausgabe von Lily.
Wie sie leicht errötet ihn ein Brief gab. Und er...unsicher, wie er reagieren sollte, hat gelacht. Hat Witze darüber gemacht, weil es so einfacher war damit umzugehen, anstatt zu zeigen, dass er unsicher war.
Ihn entglitten die Gesichtszüge und sah Lily an.
Sie lächelte ihn leicht an. „Sind das genug Gründe für den großen tollen James Potter? Tut mir Leid, ich kann mich leider nicht an jede einzelne Situation erinnern und ich denke, dass würde zu lange dauern." sagte sie und entzog nun endlich ihre Hand aus seiner. Ohne noch ein Wort, drehte sie sich um und ging die Stufen herunter.

Langsam sank James auf den Boden, schlug dann wütend auf den kalten Stein. Er war wohl eher der größte Idiot auf dieser Welt.
Wie konnte man so dumm sein? Er würde nie bei ihr eine Chance bekommen, weil er seine schon längst vertan hatte.

Wie konnte er vergessen, dass er von Lily einen Liebesbrief bekommen hatte? Doch jetzt, als sie es ausgesprochen hatte, war es wieder klar in seinen Kopf.
Und deutlich sah er die geröteten Wangen von der 12 jährigen Lily Evans vor sich.
hr süßes Lächeln, wenn es auch selbst so unsicher wirkte.
Und dann fiel ihn ein, etwas ganz anderes...

So schnell er konnte rannte er die Stufen herab, nahm jede Abkürzung zum Gryffindorturm. Er würde nicht diese Nacht verstreichen lassen ohne einen einzigen Versuch. Nur noch den Einen!
Er japste das Passwort der Fetten Dame entgegen und rannte die Treppen zum Schlafsaal hoch.
Mit einem Satz war er bei seinem Bett und riss die Schublade auf, von seinem Nachtschrank. Hob den zweiten Boden heraus, den er damals darauf gelegt hatte und fand den Liebesbrief von Lily, ungeöffnet wie er ihn bekommen hatte.

Er rannte wieder herunter die Treppen und sah zum Portraitloch. Wenn er Glück hatte, hat er sie überholt, wenn nicht würde er den gesamten Turm wecken um mit ihr zu reden.
Doch er hatte Glück.
Das Portrait schwang auf und der Rotschopf kam in den Gemeinschaftsraum. Sie sah verwundert auf, als sie ihn bemerkte.
„Wie-...wie hast d-?" Sie sah hinter sich. Wollte ihre Frage scheint erneut stellen, als James den Brief hochhielt.
Die Tinte war kaum verblasst, aufgrund des Versteckes. Lily stoppte und starrte ihn mit großen Augen an. „Ja verdammt, ich habe gelacht damals! Weil mir nie zuvor jemand einen Liebesbrief gegeben hatte und ich wusste nicht wie ich damit umgehen sollte. Und Sirius hat sich lustig gemacht über mich, deswegen habe ich ihn versteckt. Ich habe ihn dort vergessen, aber ich habe mich erinnert. Auch daran, dass ich mich nicht getraut habe ihn zu öffnen, aus Angst du hättest ein Witz gemacht. Ich wollte ihn so behalten, wie ich ihn bekommen habe." sagte er rasch und noch völlig außer Atem.
„Und als du mich das erste Mal abblitzen hast lassen, wusste ich auch nicht wie ich reagieren sollte. Ich war 13 und ich habe das erste Mal ein Mädchen gefragt ob es mit mir ausgeht. Außerdem haben alle zugehört was Peinlich genug war.
Ich....ich kann nicht jedes Mal entschuldigen, bei dem ich mich benommen habe wie ein vollkommener Idiot...ich weiß es aber, dass ich es war und wahrscheinlich immer noch bin. Weil ich mir einbilde, dass so ein tolles Mädchen wie du, irgendwann mal auf mich stehen könnte. Weil ich weiß, dass ich keine Chance habe bei einem Mädchen, dass so selbstsicher und intelligent ist!" er atmete tief durch.
Sah dann runter zu dem Brief. „Aber...ich kann...wenigstens endlich das tun, was ich damals schon hätte tun sollen." Er schritt näher zu ihr heran. „Ich kann dir zeigen, wie ich damals hätte reagieren sollen." Er blieb vor ihr stehen.
„Danke Lily, für den Brief. Ich habe noch nie einen Brief mit Herzchen drauf bekommen und ich weiß nicht wie ich reagieren soll." sagte er sanft, sah herunter auf den Brief in seinen Händen und öffnete ihn endlich.
Er zog das Pergament aus dem Umschlag und las. Er schmunzelte über die wenigen Rechtschreibfehler, die er entdecken konnte. Die Herzen, die von Lily aufs Pergament gemalt wurden und über das Ende.
„Willst du mit mir gehen?"
Ja
Nein
Vielleicht

Er sah zu Lily hoch, die errötet weg sah. Er zog seinen Zauberstab hervor und schwang ihn kurz. Um das „Ja" war nun mit schwarzer Tinte ein Kreis. „Aber ich bin ein ziemlicher Idiot, nur als Vorwarnung" sagte er dann zu ihr. Sie sah ihn an und fing an zu lachen mit noch geröteten Wangen.
Und ehe er sich versah, zog sie ihn herunter zu sich und küsste ihn...



Die Nacht neigte sich zum Ende, im Osten färbte sich der Himmel schon. Noch umgab Hogwarts die nächtliche Stille und die Bewohner des Schlosses schliefen tief und fest.
Bis auf zwei Schüler, die am Fenster des Gryffindorturmes saßen.
Aneinander gelehnt sprachen sie miteinander. Worte, die schon vor ewigen Zeiten, hätten gesprochen werden sollen. Tauschten Küsse, die es schon ewig geben müsste.
Doch es war nicht mehr von Wichtigkeit, denn sie hatten zueinander gefunden. Endlich.

Ja, Nein, Vielleicht?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt