Auch wenn man eigentlich weiß, dass alles gut ist, realisiert man es manchmal erst, wenn man es wirklich vor Augen hat...
Annabells POV:
Mums Blick blieb undefinierbar. Bitte, lass es einfach dabei beruhen... "Okay, ich verstehe zwar dieses ganze Theater nicht, aber dann machen wir es so.", gab sie zögerlich nach. Sie hat Rücksicht genommen... Vielleicht ist sie wirklich wieder auf dem Weg die Alte zu werden. Ich habe sie vor ein paar Tagen wirklich nicht wiedererkannt. Nie hatte sie mich so kalt behandelt... Aber jetzt ist Mum wieder normal. Doch die Angst, sie könnte wieder so rücksichtslos werden, bleibt bestehen. "Ich warte dann im dritten Stock vor den Fahrstühlen auf euch.", meinte sie leicht lächelnd. Dankend sah ich sie an. Harry nickte ihr zu, bevor wir den Weg zum Treppenhaus einschlugen. "Danke.", wendete ich mich an Harry. Er sah zu mir und öffnete die Tür. "Ich hätte es nicht zu gelassen, dass sie dich zwinkt den dummen Fahrstuhl zu nehmen.", meinte ernst. Er weiß genau, wie sie mich diese Woche dazu gezwungen hatte zu essen und das hat ihm alles andere als gefallen. Aber ich hoffe, dass dieses nie wieder vorkommt. Ich traue es Mum auch eigentlich nicht zu. "Außerdem ist Treppensteigen viel gesünder.", sagte er schief grinsend. Ich begann zu lachen. Ja, durch meine Angst machen wir Sport... "Also ehrlich gesagt, wir haben heute schon verdammt viel Sport gemacht.", seufzte ich, während wir die erste Treppe erklommen. "Schlittschuh laufen, einen Spurt nach Hause.", zählte ich grinsend auf. "Sehe es mal so, dadurch nehmen wir bestimmt ab.", meinte er nachdenklich und zwinkerte mir zu. War das eine Andeutung? Findet er mich zu dick? Er hat nie gesagt, dass er mich dünn findet... Was ist, wenn er damit bezwecken wollte, dass ich abnehme. Warum sollte er mich auch dünn finden? Ich finde mich ja selber viel zu dick... Traurig schaute ich auf meine Füße. Was habe ich mir eigentlich vorgemacht? Als würde Harry es ernst meinen, wenn er mich als schön bezeichnet... Selbstzweifel überfluteten mich. "Babe?", fragte er beunruhigt. Ich schaute nicht auf, viel zu vertieft war ich in meinen Gedanken. Liam hatte immer recht... Was habe ich mir nur dabei gedacht? "Bell?", fragte er nun etwas ernster. Zaghaft schaute ich zu ihm. "Was ist los?", fragte er besorgt. "Nichts, nichts.", stotterte ich, um ihn zu beruhigen. Das kauft er mir nie ab... Er hob seine Augenbrauen und schaute mich fordernd an. Ich hätte ernster sprechen müssen und nicht vor mir her stottern dürfen. "Habe ich irgendetwas falsch gemacht?", fragte er nun nervös und griff sich einmal durch seine Haare. Ich antwortete noch immer nicht. Er ergriff meine Schulter, um mich aufzuhalten. Mitten auf der Treppe blieben wir stehen. Irritiert sah ich ihn an. Er wirkte enttäuscht. "Bell, wir haben uns etwas versprochen.", flüsterte er und klang nun wirklich mehr als verletzt. Ich kann ihn so nicht sehen... Was ist, wenn er das alles nicht so meinte und ich einfach mal wieder zu viel hinein interpretiere, wie immer? "Findest du mich zu dick?", stotterte ich hervor. Seine Augen weiteten sich. "Bell, warum denkst du das?", fragte er verwirrt. "Also tust du es.", schlussfolgerte ich, weil er nicht verneint hatte. "Bell, nein! Du bist wunderschön, so wie du bist. Wie kommst du auf den Scheiß, ich würde dich dick finden?", fragte er ernst. "Weil du gesagt hast, dass wir abnehmen.", nuschelte ich verunsichert und schaute herunter auf meine Füße. Wie interessant sie immer werden, wenn man sich unwohl fühlt... Sein Zeigefinger der linken Hand legte sich sanft unter mein Kinn und hob es vorsichtig an. Unsicher schaute ich zu ihm. Auf seinen Lippen lag ein sanftes Lächeln. Mein Blick wurde verwirrt. Warum lächelt er? "Warum zweifelst du nur immer so sehr an dir, Bell? Du bist atemberaubend. Ich versuche dir wirklich so oft zu zeigen, wie sehr ich dich liebe. Ich finde deine Figur und deinen Charakter wunderschön. Und selbst wenn du mehr wiegen würdest, würde ich dich genauso sehr lieben, Bell. Das gerade eben sollte Motivation sein die Treppen zu nehmen und ich habe das auch auf mich bezogen. Das war keine Andeutung oder sonst etwas. Ich liebe dich, Bell. Bitte, denke nie wieder, dass ich dich zu dick finden könnte oder so.", sagte er ernst und küsste meine Nase. Meine Wangen färbten sich feuerrot. "Entschuldigung.", nuschelte ich peinlich berührt. Ich hätte mir denken können, dass ich mal wieder zu viel hinein interpretiere... Peinlich! "Ist okay, Bell. Aber bitte, sprich das nächste Mal mit mir und lauf nicht vor mir weg.", flehte er förmlich. Ich nickte schnell. Auf seinen Lippen bildete sich ein breites Lächeln, dass ich nur erwidern konnte. Plötzlich beugte er sich nach vorne und legte seine Lippen sanft auf die meinen. Ich genoss den kurzen, doch gefühlvollen Kuss und schloss für einen Moment meine Augen. Mühsam lösten wir uns voneinander und liefen die restlichen Treppen empor bis wir endlich am dritten Stock ankamen. Ich holte tief Luft. "Ich kann Mum nachvollziehen, warum sie nicht die Treppen nehmen wollte.", seufzte ich und legte meine Hand auf mein rasendes Herz. Harry begann zu lachen. "So schlimm war es doch jetzt auch nicht.", sagte er amüsiert. "Ansichtssache.", schmollte ich, doch schnell musste ich lächeln. Wir schlossen die Tür zum Treppenhaus und liefen zu den Fahrstühlen. "Du wagst es hier her zu kommen?", hörten wir schon von Weitem eine wütende Stimme sagen. Wir bogen um die Ecke und sahen Greg und Mum am Fahrstuhl stehen. "Ich habe ein Recht darauf nach meinem Sohn zu sehen. Schließlich bin ich seine Mutter.", meinte Mum empört. "Mutter?", fragte Greg und lachte wütend auf. "Du kannst dich nicht Mutter nennen. Wann warst du denn bitte da, Mutter?", brüllte er Mum an. Sie wollte gerade etwas entgegensetzten, als er ihr zu vorkam. "Wo warst du denn all die Geburtstage? Wo warst du denn all die Weihnachten? Wo warst du denn, als er zur Schule kam, als er sein erstes Tor geschossen hat, als er seinen ersten Wackelzahn verloren hat, als er laufen gelernt hat, als er zum ersten Mal Fahrrad gefahren ist, als er Kommunion hatte, als er gefirmt wurde, als er seinen Abschluss hatte? Wo warst du da, Mutter?", brüllte er weiter und sprach das Wort: "Mutter" mit so viel Hass aus, dass es einem kalt den Rücken herunter lief. Mum begann zu weinen und schluchzte leise. "Du warst bei deiner neuen Familie und hast dir ein schönes Leben gemacht! Du hast dich ein scheiß Dreck um uns gekümmert.", sagte er etwas leiser, doch seine Stimme war noch immer voller Wut. Ich konnte mir die Situation nicht länger mit ansehen, weshalb ich meine Hand aus Harrys löste. "Greg!", rief ich und stürmte auf ihn zu. Mum und Greg drehten sich verwirrt zu mir. Auf Gregs Gesicht bildete sich ein Lächeln, als er mich sah und er öffnete seine Arme. Glücklich ihn zu sehen und um die Situation zu beruhigen, sprang ich in seine Arme und drückte ihn einmal an mich. "Niall hat nur ein gebrochenes Bein.", sagte er beruhigend. Ich löste mich leicht aus seiner Umarmung. "Ich weiß, Louis hat uns Bescheid gegeben. Ich hatte so Angst.", erzählte ich schnell. Greg nickte mir lächelnd zu und umarmte mich noch einmal kurz. Harry kam zu uns und gab Greg lächelnd die Hand. Plötzlich nahm ich einen Mann hinter Greg wahr, der sich locker an die Wand lehnte und uns verwirrt ansah. Sein Blick lag auf Harry. Wer ist das? Mum schluchzte leise, weshalb ich zu ihr sah. Natürlich, tut sie mir leid. So angeschrien zu werden, ist scheiße und auch, wenn ich ihre Tochter bin, sie hat es verdient. Sie war Niall und Greg nie die Mutter, die sie für mich war und immer noch ist. Zaghaft stellte ich mich etwas auf meine Zehenspitzen, um sie zu umarmen. "Hey, Bobby.", sagte Harry im Hintergrund. Bobby? Wer ist... Nialls Dad! Der Mann, der an der Wand lehnte, ist Nialls Dad... "Hallo, Harry. ", sagte eine tiefe Stimme. Mum löste sich langsam von mir und holte ein Taschentuch aus ihrer Handtasche. Schnell wischte sie sich die Tränen weg und schenkte mir ein leichtes Lächeln. Ich erwiderte es und reichte ihr ein weiteres Taschentuch, da ihre Schminke leicht verschmiert war. "Danke, Spatz.", nuschelte sie mit noch zittriger Stimme. "Spatz?", fragte nun eine Stimme verwirrt. Ich drehte mich irritiert um. "Dad, das ist Annabell.", stellte mich Greg Bobby vor. Unsicher streckte ich meine Hand aus. Er musterte mich einmal, bevor er meine Hand ergriff. "Bobby, Gregs und Nialls Vater.", sagte er schnell und lächelte lieb. Er wirkt sympathisch. Ich erwiderte das Händeschütteln. "Das ist also deine Tochter, Maura?", fragte er und schaute zu Mum. Sie nickte schnell und stellte sich hinter mich. Sein Blick wanderte zu mir. Er musterte mich erneut, bevor er wieder zu Mum aufsah. "Sie ist Theo wie aus dem Gesicht geschnitten.", stellte er leise fest. Ich hörte keine Antwort, weshalb ich vermutete, dass Mum einfach nur genickt hatte. "Ich habe gehört, was passiert ist. Mein Beileid.", sagte er ernst. Dankend nickte ich. Er verhält sich so loyal, obwohl Mum ihn mit Niall und Greg sitzen gelassen hat nur wegen mir und Dad... Er verdient meinen Respekt... "Danke, Bobby.", sagte Mum. "Können wir zu Niall?", fragte ich nun, weil ich ihn endlich sehen wollte, um mich selber vergewissern zu können, dass es ihm den Umständen enstprechend gut geht. "Er wird gerade auf ein Zimmer verlegt. Wir wollten gerade zu ihm gehen, als wir auf Maura trafen.", erklärte Greg schnell. Ich nickte. "Dann lass uns gehen.", sagte Bobby und drückte den Knopf vom Fahrstuhl. Geschockt schaute ich zwischen dem Fahrstuhl und Harry hin und her. Warum immer dieser verdammte Fahrstuhl? "Auf welche Station oder Stock wurde er denn verlegt?", fragte Harry interessiert, da er meine Panik sofort wahrgenommen hatte. " Vierter Stock, Zimmer 16.", antwortete Bobby uns, während sich die Türen vom Fahrstuhl öffneten. "Wir nehmen die Treppe.", sagte ich schnell und ergriff Harrys Hand. Ich werde nicht damit fahren... Ich kann es einfach nicht... Bobby und Greg warfen uns einen verwirrten Blick zu, nickten dann jedoch. "Ich begleite euch.", rief Greg und lief noch schnell aus dem Fahrstuhl, bevor sich die Türen schließen konnten. "Warum fahrt ihr nicht auch mit dem Fahrstuhl?", fragte er verwirrt, als er mit uns zum Treppenhaus lief. "Weil...", fing ich an, brachte die Wörter dann aber nicht über meine Lippen. Gregs Blick wurde besorgt. "Louis war der Arzt von ihrem Dad und er hat ihr ausversehen gesagt, dass ihr Vater Hirntod ist und das war in dem Fahrstuhl.", erklärte Harry, als er bemerkte, dass ich es nicht über mein Herz brachte die Geschichte zu erzählen. Gregs Mund klappte auf. "Was?", fragte er noch einmal nach. "Louis wusste nicht, dass sie eine Angehörige ist und er hat auch nicht gesagt, über welchen Patienten er geredet hat. Bell hat sich es nur aus den Informationen zusammenreimen können.", führte Harry weiter aus, damit Greg es besser nachvollziehen konnte. "Ich kann einfach nicht in den Fahrstuhl steigen, das würde alle Erinnerungen wieder hervorholen.", sagte ich mit zittriger Stimme. "Okay.", sagte Greg und schien meine Situation nachvollziehen zu können. "Es kam mir ehrlich gesagt auch gerade recht.", gab er offen zu. Er will Mum meiden... "Wegen Mum, oder?" fragte ich nach. Er nickte. "Ich will nicht mehr mit ihr zu tun haben, als ich muss.", sagte er ernst und wir kamen im vierten Stock an. Greg öffnete die Tür und Harry und ich lächelten ihm dankend zu. "Dann suchen wir mal das Zimmer.", sagte Harry seufzend, der durch die Korridore schaute. "Es müsste weiter vorne bei den Fahrstühlen sein.", sagte Greg nahdenklich. Und schon wieder Fahrstühle... Greg zeigte nach rechts und wir liefen ihm nach. "Ich habe das Gefühl dieser Tag endet nie.", seufzte Harry und gähnte. Ich begann zu kichern. "Es ist sechs Uhr.", sagte Greg, der prüfend auf seine Armbanduhr schaute. "Der Tag ist so anstrengend.", murrte Harry und griff sich einmal durch sein Haar. Ich beugte mich zu ihm vor. "Vielleicht darfst du ja bei mir schlafen und dann könnten wir noch etwas kuscheln. Wie klingt das?", flüsterte ich so leise, dass Greg es nicht hören konnte. Auf Harrys Gesicht bildete sich ein breites Lächeln. "Ich bin dabei.", sagte er schief grinsend und zwinkerte mir zu. "Ich habe es gefunden.", rief Greg und zeigte auf eine Tür rechts von uns. Neben der Tür war ein Schild angebracht auf dem stand: "Zimmer 16". Ich löste mich von Harrys Hand und lief ohne zu Klopfen in das Zimmer. Zu meinem Glück lag Niall allein in dem Zweibettzimmer. Erschrocken schaute er mich an, doch ich stürmte nur auf ihn zu und sprang auf sein Bett, um ihn ganz fest zu drücken. Ich war extra so auf das Bett gesprungen, dass ich ihm auch nicht weh tun konnte. "Annabell.", murmelte er etwas verblüfft, während ich mich fest an seine Brust kuschelte. Als ich ihn endlich umarmte, konnte ich erst richtig realisieren, dass es ihm gut ging. "Ich hatte so Angst um dich.", flüsterte ich gegen seine Brust. "Mach mir nie wieder so Angst.", schluchzte ich leise. Kleine Tränen kullerten meine Wangen herunter. Ich war in dem Moment so glücklich, dass es ihm gut geht und all die Anspannung fiel von mir ab. "Hey, alles ist gut.", flüsterte er leise und streichelte über meinen Rücken. "Ich hatte so Angst dich auch zu verlieren.", sagte ich mit zittriger Stimme und hielt mich an seinen Armen fest. "Sch, du wirst mich nicht verlieren.", nuschelte er beruhigend. "Du erdrückst ihn noch.", sagte Greg amüsiert. "Schon gut.", hörte ich Niall sagen, der sanft durch mein Haar streichelte. Meine Tränen versiegten langsam, doch noch immer hielt ich Niall fest. Viel zu groß war die Angst, dass ich ihn verlieren könnte. Ich würde so einen Verlust nicht nochmal ertragen können... "Niall bedeutet Annabell anscheinend ziemlich viel.", hörte man eine raue Stimme im Hintergrund sagen. "Annabell?", fragte Niall, um meine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Ich nickte und setzte mich etwas auf, um ihn anzusehen. Zaghaft wischte er noch vereinzelte Tränen weg. Er zog mich etwas näher an sich. "Du wirst mich nicht verlieren. Schließlich bin ich dein großer Bruder und habe noch die Aufgabe zu erledigen dich zu beschützen.", flüsterte er in mein Ohr und schenkte mir ein warmes Lächeln, dass ich erwiderte. Ich sah zu Harry, der mich glücklich anlächelte.
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Do you rescue me? (Harry ff)
Hayran KurguAllein, wann ist man allein? Man kann allein sein, weil man weder Freunde noch Familie hat oder man besitzt beides und fühlt sich allein... Annabell ist 16 und ist eigentlich glücklich mit ihrem Leben bis etwas Schreckliches geschieht. Wer wird sie...