.:16:. Meredia

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Der Blutmond verlor allmählich seine rötliche Färbung, doch noch immer hatte sich bei mir nichts verändert. Wir warteten alle gespannt darauf, dass etwas passierte, doch als der Blutmond schließlich wieder komplett weiß war, hatte sich noch immer nichts getan. Auf Noahs Gesicht erschien Verwunderung und auch allmählich Verzweiflung.

„Das verstehe ich nicht!", rief er aus. Er fuhr sich durch die zerzausten Haare. „Ich habe doch alles gemacht, was sie gesagt haben! Warum passiert denn nichts?!"

Er steigerte sich immer weiter in seine negative Gefühlslage. Ich ergriff seine Hände und zwang ihn mich anzusehen. „Noah! Es ist okay, hörst du? Es sollte wohl nicht sein.", versuchte ich ihn zu beruhigen, doch das machte es wohl nur noch schlimmer.

„Es sollte wohl nicht sein?! Meredia, du bist immer noch ein menschenfressendes Wesen! Es tut mir leid, aber so kann ich nicht weitermachen. Wenn du immer noch so bist, wer garantiert mir, dass du in einem Anflug von Hunger und Gier dich nicht auf mich stürzt?", sagte er verzweifelt.

„Tja, das kann dir wohl niemand garantieren, nicht einmal ich. Aber wir können es doch wenigstens versuchen. Noah, du hast all diese Strapazen auf dich genommen, um mich zu retten, weil du ich dir etwas bedeute. Und du bedeutest mir auch etwas. Zählt das für dich denn gar nicht?"

„Doch, natürlich tut es das. Aber mein Wunsch zu leben ist größer, und im Moment weiß ich nicht, ob mir das mit dir an meiner Seite gelingen wird. Ich glaube, es ist keine gute Idee wenn wir uns weiter sehen, Meredia. Meine Enttäuschung über mein Versagen ist zu groß und jedes Mal wenn ich dich sehe, werde ich daran erinnert, was für ein Versager ich bin. Ich will so nicht leben, lieber will ich das alles vergessen."

Ich merkte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Ich hatte seit meiner Verwandlung noch nicht einmal geweint, doch Noah schaffte es, mit ein paar Sätzen, mich dazu zu bringen.

„Das war's jetzt also? Einfach so?", fragte ich ihn.

„Ja.", sagte er zerknirscht. „Das war's wohl."

„Ich habe für dich mein Leben aufgegeben, Noah. Deinetwegen bin ich aus Wellington geflohen, obwohl ich gerade dabei war, mir ein Leben aufzubauen. Ich habe Kaikura verlassen, obwohl es der erste Ort war, an dem ich mich je in meinem Leben heimisch gefühlt habe, selbst als ich noch bei meinem Vater im Meer gelebt habe. Ich habe nie wirkliche Liebe erfahren, nachdem meine Mutter starb, als ich noch klein war. Für meinen Vater war ich immer das unerwünschte Kind und meine Schwestern haben mich behandelt wie Dreck. Dann geschah diese Veränderung mit mir und ich konnte sämtliche Gefühle verbannen, da ich nicht mehr in der Lage war etwas zu fühlen. Doch dann tratst du in mein Leben und erneut veränderte sich alles. Langsam begann ich wieder zu fühlen, obwohl ich es nicht wahrhaben wollte. Ich hatte Angst davor, dass du mein Geheimnis herausfindest und mich dafür hasst, dass ich Brutus umgebracht habe. Noch nie bin ich vor einem Menschen geflohen, doch ich hatte Angst. Denn du warst der Erste, der mir wirklich gefährlich werden konnte, indem du mir sagtest, dass du mich liebst. Du hattest damit mein Herz in der Hand, und ich wollte es mir auf keinen Fall zerstören lassen.", sagte ich und musste erst einmal Luft holen.

Noah kam auf mich zu und hob eine Hand, um sie mir auf eine Wange zu legen, doch ich wich vor ihm zurück. „Wage es ja nicht, mich zu berühren! Auf dein Mitleid kann ich wirklich verzichten! Offensichtlich ist deine Liebe zu mir nicht stark genug oder dir nichts wert, um zu akzeptieren, dass ich nun einmal so bin, wie ich bin und dass sich daran nichts ändern lässt.", sagte ich.

Ich wusste nicht, wie ich seinen Gesichtsausdruck deuten sollte. In kürzester Zeit hatten sich verschiedene Emotionen darauf abgezeichnet. Wut, Enttäuschung, Mitleid, Verzweiflung, vielleicht sogar Liebe. Ich hatte keine Ahnung, was mit Noah los war, doch jetzt zeigte er mir wieder eine völlig andere Seite seiner Persönlichkeit.

Die kleine Meerjungfrau - einmal andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt