34. Mystique

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Der Weg bis zu den anderen war mehr als komisch. Und außerdem fühlte es sich an wie die Ewigkeit. Ich versuchte einfach einen Fuß vor den anderen zu setzen und nichts zu sagen, denn ich wollte es mir nicht wieder versauen. Zwar hatte ich gerade einen 'Moment' mit Collin, doch ich wusste, dass seine Stimmung schnell umschlagen konnte und das wollte ich jetzt wirklich nicht. Also blieb ich einfach still (was um ehrlich zu sein ziemlich schwer für mich ist) und ging neben ihm zum See. Ich wusste nicht, ob er genauso dachte oder es ihm einfach egal war. Ich wusste nicht, ob er das gleiche wie ich gedacht hatte, als wir uns angesehen haben. Was wenn ja?

Es dauerte in Wirklichkeit wahrscheinlich nur 5 Minuten, bis wir bei dem See angekommen waren und die Bedienung hatte nicht übertrieben. Der See glitzerte türkis-blau und man konnte sogar bis zum Boden sehen, weil das Wasser so durchsichtig war. In meinem ganzen Leben hatte ich noch keinen so schönen See gesehen. Aber naja, so alt war ich schließlich auch noch nicht. 
Laura, Dylan, Liam und Chace lagen am Sandstrand (ja es gab einen Sandstrand!) und sonnten sich. Sofort legte ich mich neben Laura und Collin auf die genau gegenüberliegende Seite, neben Chace. 
"Da seit ihr ja endlich wieder. Na wie war es?", fragte sie mich mit einem gewissen Unterton und ich ließ mich einfach nur in den Sand fallen. Als ich nicht antortete schob sie ihre Sonnenbrille nach oben und sah mich mit ihren blauen Augen an. 
"Jess? Wie war es? Seit ihr euch endlich 'näher gekommen'?, sie machte Gänsefüßchen mit den Fingern und grinste mich an. Wenn sie noch lauter reden würde, würden alle es mit bekommen und das wollte ich nun wirklich nicht. 
"Sei leiser Laura.", flüsterte ich, "und nein, sind wir nicht." Anscheinend konnte ich die Enttäuschung in meiner Stimme nicht verbergen und sie bekam es natürlich sofort mit. Laura kannte mich einfach zu gut. 
"Ich wusste es doch. Dein 'ich will keinen von beiden'- Gerede ist totaler Mist!", stellte sie fest und sah mich dabei triumphierend an. 
"Stimmt nicht. Ich weiß einfach gerade selber nicht, was ich genau will."
"Dann finde es endlich heraus! Dieses hin und her macht einen ja noch ganz fertig. Wenn du mich fragen würdest dann...", doch ich unterbrach sie. 
"Würdest du Collin nehmen, ich weiß."
"Er ist heiß.", sie schob die Brille wieder hinunter und legte ihren Kopf in den Sand. 
"Darum geht es hier aber nicht Laura. Das interessiert mich nicht."
"Nicht mal ein bisschen?"
Ich überlegte kurz und sagte dann: "Ein bisschen vielleicht." Sofort fingen wir beide an zu lachen und die anderen drehten ihre Köpfe zu uns. 
"Was geht denn bei euch ab?", fragte Dylan und rutschte näher zu seiner Freundin, während wir uns nur ansahen und noch mehr lachen mussten. Den anderen sagten wir aber natürlich nicht warum. 

Nachdem wir noch eine Weile in der Sonne lagen schlug Dylan vor, etwas anderes zu unternehmen. Zwar hatten noch keine Clubs auf, doch anscheinend gab es mehrere Bars in der Stadt und dort könnten wir wenigstens etwas trinken. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass wir die Hälfte der Zeit nicht wissen würden, was wir mit uns anfangen sollten. Irgendwie dachte ich, dass mehr Action geboten war, doch mal sehen, was noch so kommt. 
Somit standen wir alle auf und ich klopfte erst einmal den Sand von meinen Klamotten. Die anderen waren natürlich so schlau gewesen, etwas unter zu legen. Danach machten wir uns auf den Rückweg, zurück auf die Straße und über die Mauer (dieses Mal war es sogar noch einfacher) und dann fuhren wir alle in die Stadt, die aber eher einem Dorf gleichte, denn wirklich groß war sie nicht. Trotzdem fanden wir ein paar Bars und auch Clubs, doch die sahen wirklich geschlossen aus, aber andererseits war es auch erst vier am Nachmittag, wer würde um diese Uhrzeit schon weg gehen? 
Die Jungs entschieden sich für eine Bar namens "Mystique". Chace sagte, dass wir vielleicht drinnen etwas mystisches finden würden, wenn wir es schon nicht in der Geisterstadt getan hatten. Die Fenster der Bar waren abgehängt, deshalb war es relativ dunkel, nur ein paar Lichter Girlanden gaben das nötige Licht. Wir suchten uns Barhocker und jeder bestellte ein Getränk. Die Jungs erstmal Bier und Laura und ich einen Hugo. 
Da ich nicht sehr gesprächig bin in solchen Situationen war ich auch dieses Mal relativ still, aber die anderen redeten auch ohne mich genug mit einander, sie brauchten mich nicht. Laura war auf Dylan fixiert und Collin und Liam waren immer noch seltsam zu mir, also war da nur noch mein Bruder. Dieser versuchte auch mich oft mit einzubringen, doch ich antwortete immer nur knapp und somit ließ er es irgendwann sein und unterhielt sich mit den Jungs lieber über Fußball und solche Sachen, während Laura mit Dylan redete. Also was sollte ich anders tun, als an meinem Hugo zu sippen? Nach ungefähr einer Stunde hatte ich schon den dritten bestellt. Zwar war diese Uhrzeit nicht wirklich meine Trink-Zeit, doch was solls. Okay, um ehrlich zu sein war keine Zeit meine Trink-Zeit. 

"Jess, Toilette, jetzt.", sagte Laura dann irgendwann und weil ich so eine gute Freundin war, konnte ich sie schließlich nicht alleine gehen lassen. Als ich aufstand spürte ich den Alkohol jedoch schon sehr, doch ich griff schnell zu dem Tisch, um mein Gleichgewicht wieder zu gewinnen. Laura packte mich am Handgelenk und zog mich hinter ihr her. Was hatte sie es den jetzt so eilig? 
Um zur Toilette zu gelangen mussten wir eine Treppe hinunter, was sich als sehr schwierig erwies, doch natürlich schaffte ich es. Wahrscheinlich nur, weil Laura mich immer noch hinter sich her zog, als wäre ich an irgendeiner Leine oder so. 
"Laura, was ist los.", sagte ich dann, als wir vor der Toilettentür standen und sie drehte sich ruckartig zu mir um. 
"Was ist los mit dir? Du sitzt nur da, sagst kein Wort. Wie viel hast du getrunken, du weißt, dass du nicht viel verträgst."
Okay, das waren zu viele Fragen auf einmal und mein Gehirn musste diese erst einmal verarbeiten. 
"Ich habe noch nicht so viel getrunken.", sagte ich, da dass die einzige Frage war, an die ich mich einigermaßen erinnern konnte. 
Laura antwortete mit einem falschen Lachen. "Für deine Verhältnisse hast du mehr als genug getrunken."
Ich war ein wenig sauer, dass sie mir vorschreiben wollte, wie viel ich trinken konnte. Sie war öfters betrunken. Und das sagte ich ihr dann auch. Also nur das mit dem öfters betrunken sein. 
"Und? Du bist besser wie ich."
Sofort erinnerte ich mich an Collins Worte. Das ich etwas besseres verdient hatte, das beste. 
"Kann jeder mal damit aufhören zu sagen, dass ich so viel besser bin?", platzte es aus mir raus, wahrscheinlich ein wenig zu laut. 
Sie sah mich nur unverständlich an und schüttelte dann ihren Kopf. 
"Jess, du musst dir wirklich klar werden, was du willst. Das bringt so nichts. Und ich weiß, dass du schüchtern bist, aber du musst doch nicht da sitzen und gar nichts sagen, oder? Die da oben sind auch nur Menschen, du kannst mit ihnen reden!"
"Ich könnte auch mit dir reden, wenn du nicht nur Augen für Dylan hättest!"
"Ach weißt du was? Vergiss es.", sie drehte sich zur Tür und ging hinein. Ließ mich vor der Toilette stehen und ich war mehr als unsicher, was ich tun sollte, also blieb ich erst einmal einen Moment stehen. Dann beschloss ich nach oben zu gehen und einfach mehr zu trinken. Vielleicht würde mir das helfen, tut es doch vielen, oder? Wie heißt es? Alkohol ist keine Lösung, aber ich habe das Problem vergessen? Oder ich finde meine Antworten am Boden eines Bierglases? Oder zumindest irgendwie so ähnlich. Ziemlich gute Sprüche, vielleicht sollte ich sie einfach mal versuchen. Und das werde ich auch. 

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Wie immer, danke für eure lieben Kommentare!:)
Nochmal meine Bitte:  Meine andere Geschichte ansehen, würde mir echt viel bedeuten:) 

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Three sided love. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt