Kapitel 25: "Umständen entsprechend gut"

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Tim's Sicht:


Die Stunden, Tage, Wochen vergingen schleppend ohne Stegi an meiner Seite. Ich vermisste ihn unheimlich, doch er antwortete weder auf meine Anrufe, noch öffnete er mir seine Tür, damit ich noch ein letztes Mal mit ihm reden hätte können. Selbst bei seiner Uni hatte ich es versucht, doch auch dort war er nicht aufzufinden. Ich hoffte inständig, dass es ihm gut ging und er besser klar kam als ich. Seit er weg war rutschte ich in alte Verhaltensmuster zurück.

Wie konnte das so enden? Warum musste ich immer die falschen Entscheidungen treffen? Unsere Geschichte konnte doch nicht so enden. Es fehlt doch noch ein Kapitel. Wo ist unser Happy end? Das wahre Leben ist wohl doch weitaus mehr als nur eine Geschichte, ein Märchen.

Gerade trottete ich zurück zu meinem Gleis als mich eine starke Hand an der Schulter aufhielt.

Stegi?

Nein. 

"Na, Schwuchtel?"

Einer der Schlägertypen aus Stegis Uni. Er war jedoch nicht alleine.

Mit müdem, leeren Blick starrte ich sie an. Wieder hatten sie das hinterhältige Grinsen, das sonst meinen Beschützerinstinkt geweckt hätte, auf ihren Lippen. Ich fühlte mich allerdings zu schlapp um mich über sie aufzuregen. Außerdem gab es da ja niemanden mehr den ich beschützen musste.

"Wisst ihr ob Stegi heute in der Uni war?" , erkundigte ich mich, ohne auch nur zu ihnen aufzusehen.

"Nein. Wir haben aber auch noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen, also sag uns lieber wo sich der kleine versteckt."

"Wenn ich's wüsste, wäre ich nicht hier."

"Oooh. Streit? Dramatisch."

Die Konversation erschien mir sinnlos, also wollte ich kehrt machen und weiter in Richtung Bahngleis schlürfen.

"Wir sind noch nicht fertig."

Wieder wurde ich an meiner Schulter gepackt.

Dann ging alles schnell. Ich erinnerte mich noch an ein leises Murmeln. Sie würden die Schwuchtel doch nicht einfach so davon kommen lassen.
Ich wehrte mich nicht und nach einem gezielten Schlag gegen meine Schläfe sank ich langsam zu Boden, ehe alles schwarz wurde.


Als ich wach wurde und automatisch hoch schreckte, fand ich mich in einem Krankenhausbett in einem weißen Raum wieder. Mein Blick schweifte durch den Raum, doch weder Stegi, noch einer der Ärzte oder Krankenschwestern, noch sonst jemand war zu erblicken. In meiner Hand steckte eine Nadel, die meinen Körper, so vermutete ich, weil ich kaum etwas spürte, mit Schmerzmittel versorgte.

Meine Hand tastete zunächst mein Gesicht und meinen Kopf ab. Es roch nach getrocknetem Blut und ich spürte deutlich die Kratzer in meinem Gesicht.

Eine ganze Weile blieb ich stumm in meinem Bett liegen, bis eine der Krankenschwestern kam um nach mir zu sehen und bemerkte, dass ich inzwischen wach war. Sie checkte zunächst ob ich auch wirklich ansprechbar war und fragte wie mich fühlte, ehe sie einen der Ärzte hinzu zog.

"Eine ältere Dame hat Sie bewusstlos in der Nähe des Bahnhofs gefunden und sofort einen Notarzt alarmiert. Sie hatten großes Glück. Es geht Ihnen soweit den Umständen entsprechend gut und wir können Sie in wenigen Stunden, sobald wir die weiteren Ergebnisse haben, entlassen."

Ich nickte nur stumm. Ich hatte schließlich sowieso nichts besseres zu tun.

"Ihren Arbeitgeber haben wir bereits informiert und Sie sind für die nächsten zwei Wochen krank geschrieben. Wenn sie noch etwas brauchen, drücken sie einfach den Knopf neben dem Bett und eine Krankenschwester wird sich darum kümmern."

Dann wurde ich wieder alleine gelassen. Ich hing meinen Gedanken nach, bis mich die Schmerzmittel ermüden ließen und ich langsam in einen tiefen Schlaf sank.




Stegi's Sicht:


Tim schien überall zu sein. Überall waren Dinge die ich mit ihm verband und in meinem Kopf spukte er ohnehin die ganze Zeit herum, was mir die ganze Sache nicht weniger schmerzhaft machte.

Die meiste Zeit verbrachte ich damit zu schlafen. Wenn ich schlief, würde ich nicht an Tim denken können und ohnehin fühlte ich mich zu schwach um mein Bett zu verlassen. Es war als wäre mir jeglicher Sinn genommen worden.

Ich starrte an die Decke. Sie war immer noch so weiß und erdrückend wie die Stunden zuvor.

Erst beim dritten Klingeln bemerkte ich, dass jemand versuchte mich anzurufen. Ein kurzer Blick auf die Uhr und ich wusste, dass es Tim war. Fast jeden Tag, seitdem wir auseinander gegangen waren, versucht er mich um kurz nach 16 Uhr anzurufen.

Wie auch die Tage zuvor, streckte ich meinen Arm aus um nach meinem Handy zu angeln. Wie die Tage zuvor laß ich 'Timmi' auf dem Display und schluckte den Kloß der sich langsam bildete herunter.

An jedem anderen Tag, hätte das Handy auf stumm gestellt und zurück auf den Nachtisch gelegt. Doch heute sollte etwas anders sein als sonst. Ich brauchte Tim und Tim brauchte mich. Ich hatte weder die Kraft noch den Willen mich weiterhin von ihm fernzuhalten, noch meine Gefühle zu unterdrücken.

Kurz versuchte ich meine Gedankengänge zu ordnen und mir ein paar Worte zurechtzulegen. Als mich das etliche Klingeln zu durcheinander brachte, verwarf ich alle Gedanken und nahm ab.

"Tim?"

"Stegi!"

"Dennis?"

"Stegi, du musst mir jetzt gut zuhören."

Und - warum auch immer - ich tat es. Ich hörte zu.

Es dauerte bis ich verstand, was Dennis versuchte mir zu sagen. Seine Worte drangen kaum zu mir durch. Sie schienen für mich nicht zusammenzupassen. Ich wollte nicht verstehen was er erzählte. Nach Sekunden voller schweigen, begriff ich endlich.

Und dann warf ich mein Handy zur Seite und rannte um mein Leben.


Tim. Überdosis. Organversagen unausweichlich.

"Willst du..?" - #Stexpert FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt