110. Verschwunden

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Schon seit Tagen saß Madeleine mit Lara auf meinem Bett und blätterte mit meiner Schwester eine Fachzeitschrift in Sachen Hochzeitsfrisuren durch. „Clari, diese Frisur wäre doch etwas für dich!", meinte Lara begeistert und zeigte mir ein Bild einer hochkomplizierten Flechtfrisur. „Niemals! Ich möchte etwas einfaches haben. Ein paar Locken und etwas zurückgesteckt, mehr nicht!", erklärte ich den beiden. Entsetzt schüttelten die beiden ihre Köpfe und widmen sich wieder ihrer Zeitschrift. Seufzend ließ ich die beiden zurück und ging in Violettas Zimmer. Das kleine dunkelhaarige Mädchen spielte kichernd mit ihren Kuscheltieren. 

„Mama!", lachte sie, als sie mich bemerkte. Freudig lief sie mit ihrem Plüscherdmännchen auf mich zu. „Was spielst du denn schönes?", fragte ich sie und hockte mich zu ihr. Sie umarmte mich liebevoll und kletterte auf meinen Schoß. „Lieb, Mama!", murmelte sie und kuschelte sich an mich. „Ich habe dich auch lieb, mein Engelchen!", antwortete ich ihr sanft und küsste ihre Wange. „Hast du Hunger? Ich koche dann was schönes!" Violetta nickte wild. „Mama gucken!", rief sie begeistert, löste sich von mir und rannte aus ihrem Zimmer. „Violetta! Langsam! Pass bei der Treppe auf!", rief ich ihr laut hinterher und folgte ihr eilig. Brav wartete meine Tochter am Treppengeländer und sah mich ungeduldig an. „Komm, Süße!", sagte ich, nahm ihre Hand und ging mit ihr nach unten. Diego war für ein paar Tage für einen Dreh verreist und so hatte ich die Zeit die Hochzeit zu planen.

 Violetta rannte sofort ins Wohnzimmer und brachte mir eine Violetta DVD. Während die Kleine auf das Sofa kletterte, legte ich den Film ein. Jeden Tag durfte sie eine Folge gucken und das immer während ich kochte. Sie liebte es, weil sie, auch wenn Diego und ich mal wegen eines Drehs nicht da sein konnten, uns sah. Jedes Lied versuchte sie mit zu singen, was ihr aber eher schlecht als Recht gelang. Ich stellte den Fernseher ein und ging in die Küche. Da Violetta eh zurzeit Essen aus dem Gläschen bekam, kochte ich nur für Maddie, Lara und mich. Also probierte ich ein neues Rezept aus. So gab es anschließend Hähnchenbrustfilet mit Reis, Rahmsoße und Salat. Während der Reis kochte und ich den Salat schnitt, klingelte mein Handy. Seufzend ließ ich alles liegen und nahm mein Handy zur Hand. Es war Diego. War irgendwas passiert? 

Normalerweise telefonierten wir immer abends, da er den ganzen Tag keine Zeit hatte. Nervös nahm ich ab. „Hallo?", murmelte ich und setzte mich auf einen Küchenstuhl. „Clara... Schön deine Stimme zu hören!", hörte ich Diegos leise Stimme. Mir lief es kalt den Rücken runter. Da stimmte irgendetwas ganz und gar nicht. „Diego, was ist bei euch los?", fragte ich ihn den Tränen nahe. „Ich werde eine Zeit lang nicht da sein, meine Prinzessin", hauchte er traurig. „Diego! Was ist los? Sag mir wo du bist! Ich komme zu dir!", fing ich an zu schluchzen. „Nein, Clara. Bleib wo du bist und pass auf unsere Tochter auf! Sie braucht dich jetzt und da bist du sicher! Ich liebe dich!", antwortete Diego, bevor er, ohne sich zu verabschieden, auflegte. Ich ließ mein Handy sinken und fing an zu weinen. Das konnte er mir doch nicht antun! Er konnte mich doch jetzt nicht verlassen! Es dauerte nicht lange und meine Schwester stand mit meinen zwei Töchtern neben mir.

 „Clari, was ist los?", fragte Lara mich besorgt. „Sagt die Hochzeit ab... Sie wird nicht stattfinden!", murmelte ich verweint und stand auf. „Was?", sagten Lara und Maddie wie aus einem Mund. „Das hat er gerade nicht wirklich getan!" Ich widmete mich schweigend dem Essen. Ich wollte es ja selbst nicht glauben, aber so war es nunmal. Tränen liefen mir über die Wangen und tropften zischend auf die heiße Herdplatte. „Clari!", sagten Lara und Maddie tröstend. Es dauerte nicht lang und ich wurde von den beiden in eine feste Umarmung gezogen. „Ich verstehe einfach nicht, warum er nicht wiederkommt...", schluchzte ich und drückte die zwei Mädchen an mich. „Was hat er denn zu dir gesagt?", fragte Madeleine und brachte mich zurück zum Stuhl, während Lara weiter für mich kochte.

 „Er meinte, er fände es schön meine Stimme zu hören und dass er eine Zeit lang nicht da sein kann... ich wollte zu ihm, aber er meinte, dass ich hier bleiben muss um auf Violetta aufzupassen und das wir hier sicher sind... Ja, und dass er mich liebt. Dann hat er einfach aufgelegt", erzählte ich schluchzend und stützte mich auf den Küchentisch. Violetta klammerte sich traurig an mein Bein und auch ihr liefen Tränen über die Wange. „Mein Engelchen! Du musst doch nicht weinen!", beruhigte ich sie schniefend und hob sie auf meinen Schoß. Lara und Maddie wechselten einen traurigen Blick, dann stellte Lara den Herd ab und verließ die Küche. „Wo geht sie hin?", fragte ich meine Pflegetochter. 

Madeleine zuckte ahnungslos mit den Schultern. Violetta kuschelte sich an mich und spielte mit der Kette, die ich damals von Diego bekommen hatte. Der Ring war immer noch daran befestigt. Was war nur passiert? Warum konnte er nicht zurückkommen? Warum darf ich nicht wissen wo er war? Hatte er Mist gebaut? „Ich werde immer bei dir bleiben, Clari! Besonders jetzt brauchst du mich am meisten!", murmelte Madeleine leise und stellte sich hinter mich. Sie schlang ihre Arme um mich und Violetta und vergrub ihr Gesicht in meinen Haaren. Es hatte ja etwas beruhigendes an sich. Ich hatte zwei Menschen um mich, die mir sehr wichtig waren, aber die wichtigste Person war nicht da. Diego. Auf einmal hörten wir Lara laut reden, fast schreien. Wütend kam sie mit dem Telefon am Ohr in die Küche. „Nein, ich beruhige mich jetzt ganz bestimmt nicht! Wo ist er?", schrie sie ins Telefon. 

„Toti, hör auf dir irgendetwas auszudenken! Sag mir wo Diego ist, sonst komme ich euch darüber!" Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Es war wirklich süß von meiner Schwester, dass sie meinen Freund suchte. „Nein, ich möchte nicht mit Jorge sprechen! Ich will wissen was bei euch los ist und wo Diego ist!", schnauzte Lara und lauschte. Wir alle hielten gespannt den Atem an. Anscheinend hatte meine Schwester ihren Schwarm so weit, dass er redete. „Was? Das soll ein Scherz sein...", murmelte sie auf einmal leise. Ich wusste sofort, dass da etwas nicht stimmte. „Danke, Toti. Wir sehen uns, wenn du wieder da bist..." Mit diesen Worten legte sie auf und ließ ihre Hand auf den Tisch sinken. 

„Lara?", fragte ich mit kratziger Stimme. „Ähm... Also, Clari... Es war so... Es gab auf dieses Studio, wo sie drehen einen bewaffneten Überfall mit Bombendrohung... Tini wurde verletzt, Lodo wurde schwerverletzt, Rugge und Alba schweben in Lebensgefahr und Diego... Diego ist angeblich... entführt worden oder tot... Sie wissen es nicht richtig", gestand meine Schwester sichtlich schockiert. Das konnte nicht wahr sein! Ich habe doch eben noch mit ihm telefoniert!

Claras Vergangenheit ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt