Kapitel 5

274 17 0
                                    

"Julie! Steh auf, du must los!"

Jemand rüttelte mich und ließ mich erschrocken aus meinem, schön flauschig-rosigen Traumland aufschrecken.

Verwirrt riss ich die Augen auf und starrte direkt in das hellgraue Paar meines ältesten Bruders Mike.

"Wa...wasn los?", gähnte ich und warf dann einen flüchtigen Blick zum Wecker.

7 Uhr 55

Moment mal, was?!

Wie von der Tarantel gestochen sprang ich aus dem Bett und wäre gleich direkt wieder auf den Boden geknallt, wenn Mike mich nicht festgehalten hätte.

"Scheiße, warum hat mein Wecker nicht geläutet?", fluchte ich, während ich zu meinem Schrank rannte, achtlos ein paar Sachen herauszerrte und über die Schulter auf mein Bett werfen wollte.

Und dabei Mike mit einer Socke voll ins Gesicht traf.

Er sagte nichts, sondern fischte sie nur schweigend aus seinen Haaren. Wenn man mit mir verwandt war, sagte man auf solche Aktionen allgemein nichts mehr.

"Kannst du mich fahren?", fragte unruhig, als ich zwei Minuten später fertig angezogen ins Bad hetzte und mir in Windeseile etwas Schminke ins Gesicht knallte, wobei mir die Wimperntusche aus der Hand rutschte und einen schwarzen Strich quer über mein Gesicht zog.

Konnte dieser Tag eigentlich noch beschissener werden?

"Klar", antwortete Mike, der seelenruhig im Türrahmen lehnte und sich sichtlich das Lachen verkneifen musste, während ich verzweifelt meine Wange schrubbte, bis sie ganz rot und fleckig war. Naja, der Strich war jetzt zumindest weg.

Dann packte ich meine Zahnbürste und putzte mir geradezu brutal die Zähne, bevor ich nach meiner Bürste griff und mit ihr noch in der Hand zum Auto rannte.

Mike kam mir gemächlich hinterher, setzte sich ans Steuer und fuhr gechillt, als hätte er alle Zeit der Welt, zur Schule.

"Oh, hetz dich nur nicht so, ich hab ja Zeit", ätzte ich mit vor Sarkasmus triefender Stimme, doch alles was von meinem Bruder kam, war ein schadenfrohes Grinsen.
Und absolut null Bemühungen sich vielleicht doch ein wenig zu beeilen.

Eine geschlagene halbe Stunde zu spät stürmte ich schließlich doch noch, ohne anzuklopfen in die Klasse, ein atemloses "Entschuldigung" vor mich her schnaufend.

Dann erst sah ich den Lehrer an und stutzte.

Okay.

Irgendwie kam mir der nicht bekannt vor.

Oh nein, bitte nicht das auch noch...

Langsam, mit leicht verzogenem Gesicht, drehte ich meinen Kopf zum Rest der Klasse und mein furchtbarer Verdacht bestätigte sich.

Denn diese Schüler, die mich alle mit großen Augen anglotzten waren eindeutig NICHT aus meiner Klasse.

Oh. Fuck.

Stimmt, ich hatte ja in der ersten Stunde Chemie.

Im Chemiesaal.

Und in der zwischenzeit waren wohl andere in unserer Klasse...

Langsam erhob sich ein unterdrücktes Gemurmel und Gekicher und die überraschten Gesichtsausdrücke der Schüler verwandtelten sich in schwer amüsierte.

Vorallem der von Finn Sewell, der, wie sollte es auch anders sein, in der letzten Reihe saß und so schadenfroh vor sich hin grinste, dass ich ihm dafür normalerweise wahrscheinlich eine gescheuert hätte.

What can be made of an agreementWo Geschichten leben. Entdecke jetzt