Upper East Side

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Hallo, meine lieben Leser. Diese Sommerferien waren lang - fast schon zu lang. Wo bleiben denn da die ganzen Skandale? Nun, es ist heute wieder mal der Anfang eines neuen Jahres, und wie es scheint, hat der exklusive Club der St Constance einen Neuzugang: auf einem der vielen Dächer Brooklyns wurde Jacob Archibald Arm in Arm mit Lucy Blue gesichtet. Doch nimm dich in Acht, Lucy, viele Mädchen sind hinter Jake her. Und wir Upper East Sider scheuen uns nicht, nach schmutzigen Mitteln zu greifen...
xoxo Gossip Girl

Ich schalte mein Handy aus und lege es zurück in die Tasche. Lucy hat es also endlich geschafft, sich Jacob zu angeln, das hat sie mir gerade geschrieben. Das war schon seit dem ersten Jahr hier ihr Traum. Ich weiß das, weil sie meine beste Freundin ist... Nein, war. Wir haben uns auseinandergelebt, seit sie hier an der St Constance ist. Heute ist mein erster Tag an dieser High School. Gleich wird es zur ersten Stunde läuten.

Ich stehe aufgeregt vor Raum 110. Um mich herum warten schon ein paar andere Schüler auf den Lehrer; viele unterhalten sich nervös. Ich bin wie immer zu schüchtern, um jemanden anzusprechen. Irgendwer tippt mich an; ich drehe mich um. Vor mir steht ein süß aussehendes, braun gebranntes Mädchen mit einem Undercut links in ihren braunen Haaren. "Hi! Ich bin Kiana", begrüßt sie mich fröhlich. Ich muss grinsen. "Hi, ich heiße Emily", grüße ich zurück. Schweigen. Ich sollte vielleicht doch mal ein Gespräch anfangen - sonst komme ich mir unhöflich vor. "Kommst du aus New York?", will ich von Kiana wissen. Sie lächelt. "Nope. Ich bin aus Deutschland, aber auch ein bisschen Französin. Und du?" "Ich bin in Mexiko mit meiner Mum aufgewachsen", antworte ich, "aber mein Vater ist aus Irland." Sie nickt. "Warum bist du jetzt in New York?", fragt sie. Ich will gerade etwas erwidern, als der Lehrer kommt.

Im Klassenraum ist es leiser, als ich es mir vorgestellt hatte. Der Lehrer - Mr. Tommes - ist ziemlich streng, aber das ist mir nur recht, dann fällt es nicht auf, dass ich nicht reden will. Es kann sein, dass es nur Vorurteile gegen reiche Leute an dieser Schule sind, aber ich dachte immer, dass sich hier niemand für den Unterricht interessiert.

"Du wolltest mir doch vorhin erzählen, wieso du in New York bist", erinnert mich Kiana nach der Schule auf dem Hof. Ich nicke. "Mein Vater hat uns relativ schnell verlassen und meine Mum ist vor ein paar Wochen gestorben. Also bin ich hierher zu meinen Großeltern gezogen." Kiana wird blass. "Tut mir leid", murmelt sie, "Das hab ich nicht gewusst." Ich presse die Lippen zusammen. Diesen Kommentar muss ich mir dauernd anhören. Aber er ist nur gut gemeint.

Ich sitze auf dem Sofa und warte auf meine Großeltern. Ich würde ja lesen oder zeichnen oder irgendwas anderes machen, aber meine Sachen liegen alle im Transporter, der heute ankommen soll. Ich weiß echt nicht, warum ich die paar Rucksäcke nicht einfach in der Limosine mitnehmen durfte. Vor ein paar Jahren hätte ich nie gedacht, dass ich mal in einer Limosine sitzen würde. Außer vielleicht als Chauffeur.

Nach einer endlos langen Wartezeit beschließe ich, rauszugehen und mir ein wenig von New York anzuschauen. Vielleicht das Empire State Building oder den Central Park. Unten vor der Tür bemerke ich erst, dass ich immer noch die Schuluniform von St Constance trage: ein santblauer Faltenrock, eine weiße Bluse und ein Halstuch im selben Farbton wie der Rock. Soll ich noch mal hochgehen? Und dann was? Oben sind noch keine Klamotten von mir und die paar wenige, die ich mitgenommen habe, passen nicht oder sind schmutzig. Aber ich habe Geld dabei... Möglicherweise finde ich ein Geschäft im der Nähe.

Mit einem Kaffee in der Hand schlendere ich durch Manhattan. Ich habe die U-Bahn genommen und in ein Einkaufszentrum in der Nähe vom Central Park gefahren. Vor mir sind ein paar Läden, die ganz okay aussehen. Ich gehe in den links von mir. Esprit. Vor einem Monat oder so wäre es mir zu teuer gewesen, bei Esprit einzukaufen, aber meine Oma hat mich bei meiner Ankunft schon fast gedrängt, bessere Klamotten zu kaufen. Sie gehört zu den Leuten, die Debütantinnen waren und die folgenden Generationen dazu nötigen, auch welche zu sein. Debütantin sein - der Traum eines jeden Mädchens, sollte man meinen. Ich habe nie darüber nachgedacht, aber vielleicht würde es mit sogar gefallen. Der Tanz, die Musik...

Skeptisch betrachte ich mich in der Umkleidekabine. Der knappe, zerrissene Jeansrock passt gut, aber ich weiß nicht, was Oma davon halten würde. Sollte ich mich jetzt nicht doch anders kleiden? Na ja... Ich habe auch noch ein geblümtes, pastellfarbenes Kleid mitgenommen.

Ich starre gefühlt schon seit zwei Stunden an die Decke. Meine Sachen sind alle eingeräumt, aber statt meiner alten Kleidung habe ich mir eine ganze Ladung neue gekauft. Morgen ist mein zweiter Tag an der St Constance; ich hoffe ich sehe Lucy wieder, nachdem ich sie heute nicht gesehen habe.

Hey, Upper East Siders. Dieses Jahr hat die St Constance wieder ordentlich Zuwachs bekommen... Keiner weiß, wer dieses Jahr die großen, miserablen Fehler begehen wird. Niemand weiß, was dieses Jahr mit sich bringen wird. Niemand außer mir...

P.S. Achtung, Lucy, du wurdest gewarnt... Shayleen Bass hat wohl ein Auge auf Jacob geworfen.

xoxo Gossip Girl

GossipGirl 2.0Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt