I.

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Es war ein verregneter Dienstag Abend in Seoul. Es schüttete wie aus Eimern und als würde das nicht reichen, stürmte es auch noch gewaltig. Das alles im Nachteil von Taehyung, welcher gerade an der Haltestelle stand und auf seinen Bus wartete, welcher natürlich auch Verspätung hatte. Er hatte ohnehin schon schlechte Laune, da er schon wieder eine Absage vom Betrieb bekommen hatte.

Das ging nun schon seit etwa 2 Monaten. Immer und Immer wieder bewarb Taehyung sich bei allen möglichen Stellen, bei denen er dachte, er wäre dafür geeignet, bekam jedoch nur Absagen.
Entweder war sein Abschluss zu hoch, weswegen man ihm mehr bezahlen müsste als sonst, zu niedrig, sodass er noch ein extra, separates Jahr hätte studieren müssen, oder es war schlich und einfach die falsche Richtung. Da er aber nun kein Interesse daran hatte, in einer Pommesbude oder Dönerladen zu arbeiten, entschloss er sich einfach Läden abzulaufen, die in seiner Nähe waren.

Als Taehyung nun endlich, wenn auch klitschnass, Zuhause ankam, zog er sich erst einmal etwas gemütlicheres, trockenes an, um sich anschließend einen Tee zu machen. Zwischendurch machte er den täglichen Gang zum Briefkasten, griff rein, und machte sich wieder auf den Weg zurück in die Wohnung.

Ein paar Minuten später saß er mit einer Tasse Tee und dem kleinen Stapel an Post und Briefen auf der Couch und schaute sich ihn durch. Nachdem die typischen Flyer und Zeitungen zur Seite geräumt waren, fiel ihm ein Brief ins Auge.

Dieser Brief war anders. Nicht einfach lieblos in ein Stück Papier mit Folie gesteckt um ihn anschließend in einen Briefkasten zu quetschen, Nein. Dieser Brief war mit einer kleinen Stoffschnur umwickelt, welche anschließend zu einer Schleife gebunden wurde. Bei genauerer Betrachtung aber fiel auf, das der Brief keinen Absender hatte, also könnte dieser Brief von so ziemlich jedem stammen.

Langsam begann er den Brief zu öffnen. Da dort kein Name, geschweige denn Adresse oder Postleitzahl oben stand, konnte er nur ahnen von wem er sein könnte. Taehyung entfaltete das Blatt Papier, welches sich in dem Brief befand und fing an zu lesen. Er hatte sich eingeredet das der Brief vielleicht nur an die falsche Person ausgerichtet war, immerhin gab es einige die mit Nachnamen Kim hießen, aber diese Vermutung wurde schon nach den ersten Worten als falsch bewiesen.

Lieber Taehyung,
sehr wahrscheinlich weißt du nicht von wem dieser Brief stammt, und ich denke das du mich für vollkommen verrück hältst, aber als ich erfahren habe das du nun wieder in Korea wohnst, wollte ich die Chance nutzen um dir zu schreiben.

Mein Name ist Jungkook. Jeon Jungkook, und ich kenne dich seit der Schulzeit. Wir waren lange Zeit in der selben Schule, der selbe Jahrgang, die selbe Klasse. Wir waren sogar beste Freunde, und es gab nahezu nichts und niemanden was uns auseinander reißen konnte, bis du umgezogen bist.

Du warst immer der Klassenclown. Der, den alle mochten und der trotzdem nicht viele Freunde hatte, da er ein wenig anders war. Im positiven Sinne. Jetzt wo ich mich zurück erinnere, erinnere ich mich sogar an dein Rechteck-Lächeln, mit dem du quasi immer durch die Gegend gelaufen bist.

Es lief alles wunderbar, bis du eines Morgens zu mir kamst und von deinem Umzug sprachst, welcher gleich wenige Tage später war. Du versprachst mir dich zu melden, weiterhin Kontakt zu haben und je nach Möglichkeit in den Ferien zu mir zu kommen, aber nichts davon passierte. Nichts.
Du warst weg. Kaum hattest du Busan verlassen und das Ausland betreten, war für dich scheinbar alles vergessen.

Ich habe nächtelang auf meinem Bett gesessen und auf ein Lebenszeichen von dir gewartet, nichts.
Ich hatte versucht irgendwie eine Adresse von dir heraus zu bekommen um dir zu schreiben, nichts.
Sogar meine Eltern haben versucht Kontakt zu deinen aufzubauen damit es wird wie davor, nichts.
Ich weiß nicht wie du heute darüber denkst, oder ob du heute überhaupt noch einen Gedanken daran verschwendest, bzw dich überhaupt an etwas erinnerst, aber ich hoffe einfach nur das du diesen Brief irgendwann liest, und du dich eventuell an mich erinnerst.

Liebe Grüße,
Jungkook

Taehyung las. Zeile für Zeile, und verstand es nicht.
Wenn es wirklich genau so war wie Jungkook es geschrieben hatte, schien es als hätte er echt viel durchgemacht.

Nur hatte er leider recht. Taehyung erinnerte sich nicht. An gar nichts.
Er hatte keine Ahnung das er mal in Busan lebte, das er schon mal in Korea lebte, oder das er mit jemanden befreundet war der Jeon Jugkook hieß. Das einzige was er wusste war, das er in Korea geboren wurde, irgendwann für einige Jahre nach Japan zog da seine Eltern dort eine bessere Arbeit gefunden hatten, und anschließend wieder zurück nach Korea zog, wo er nun schon seit etwa einem halben Jahr lebte.

Er hatte keine Ahnung woher dieser Filmriss kam. Wieso er sich nicht erinnert konnte, und warum ausgerechnet zu dieser Zeit, aber er hatte den Drang diesen Jungen in den Arm zu nehmen. Ihn zu umarmen und zu sagen das alles wieder gut werden würden, auch wenn er davon selbst nichts wusste.

Da er aber auch wusste das das nicht gehen würde, wollte er ihm zumindest antworten. Doch als er wieder auf den Umschlag schaute, fiel ihm wieder ein, das gar kein Absender oben war..

60 Days || VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt