~Gold Rush - Ed Sheeran~

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Im Winter bildeten sich immer Eisblumen an unseren Fensterscheiben, nur dieses Jahr nicht, denn es war zwar unglaublich kalt, aber der Schnee ließ dieses Jahr lange auf sich warten. Ich saß auf der Bank des Erkerfensters in meinem Zimmer unter dem Dach und sah den kleinen Menschen zu, die unten in dicke Mäntel gehüllt durch die Straßen gingen. Unser Haus war sehr alt mit kleinen verwinkelten Räumen und Fluren. Es war perfekt. Doch meine Lieblingsecke war mein Erkerfenster, es war ausgelegt mit Decken und Kissen und daneben stapelten sich Bücher über Bücher von Stephen King bis Jane Austen.
Ich hatte mir einen Vanilletee gemacht, den ich trank während ich hier saß und die Menschen beobachtete. Er wärmte mich von innen auf, was gut tat, da ich einer dieser Menschen war, denen immer kalt war. Mein Bruder nannte mich immer Frostie wenn ich mal wieder mitten im Sommer mit einer dicken Strickjacke rumlief, weil es unserem Haus auch dann nicht sonderlich warm war.
Mein Bruder Joseph war zwar schon 23 Jahre alt, lebte aber trotzdem noch immer zuhause, oder besser gesagt wieder. Joseph studierte Jura im 7. Semester an der University of Virginia. Er war vor einem halben Jahr aus seiner WG geflogen, da er die Miete nicht regelmäßig gezahlt und es viel Streit mit seinen Mitbewohnern gegeben hatte. Jetzt wohnte er wieder bei uns- uns, das heißt meine Mutter, mein kleiner, 2-jähriger Bruder Greg und ich. Mom war mehr als sauer gewesen, als sie von seinem Rausschmiss aus der WG erfahren hatte, nahm ihn aber trotzdem schnell wieder auf. Nun musste er genau so viel im Haushalt mithelfen und sich um Greg kümmern wie ich, was ihm ziemlich auf die Nerven ging. Joseph war also oft von Greg genervt, was wiederum Mom nervte, die mich anschimpfte, was wiederum zu einer gespanten Stimmung in der Familie führte.
Doch dieses Wochenende hatte ich endlich meine Ruhe. Mom war mit Greg zu einer Freundin gefahren und Joseph lernte mit einem Freund für die anstehenden Prüfungen am Jahresende. Also hatte ich das ganze Wochenende gelesen, gegessen, laut Musik gehört und lang geschlafen. So könnte es jeden Tag sein. In meinen Träumen.
Mit einem schrillen Ton erwachte die Türklingel zum Leben. Ich zuckte zusammen und schüttete dabei Tee über meine Decke. Das war so typisch für mich. Schnell lief ich zur Tür und öffnete.
"Ian was machst du hier?", fragte ich verwundert.
"Dich abholen", antwortete er nur mit einem schelmischen Grinsen. "Jamie und ich wollen eine Revanche für die letzte Runde Basketball, die wir gegen euch verloren haben."
Ich seufzte und verdrehte die Augen. Vor einigen Tagen war ich mit meinen Freunden auf dem Sportplatz gewesen, wo wir uns oft aufhielten. Diesmal war es Basketball gewesen. Ben und ich hatten haushoch gewonnen. Meistens waren wir zu viert: Ian, Jamie, Ben und ich. Ich kannte Ian schon seit ich klein war, wir waren das, was man beste Freunde nannte.
"Komm schon!", quengelte er und sah mich erwartungsvoll an, was mich zum grinsen brachte. Ich willigte schnell ein, holte nur noch meine Schlüssel , zog mir Mantel und Stiefel an, dann liefen wir auch schon die Straße hinunter zum Sportplatz. Das Wasser spritze bei jedem unserer Schritte aus den Pfützen, denn fast die ganze Straße stand vom Regen unter Wasser. Bald schon waren meine Jeans an den Beinen unten komplett durchnässt, Ians ebenfalls. Dazu wehte uns auch noch der kalte Dezemberwind ins Gesicht. Eigentlich vollkommen verrückt bei so einem Wetter draußen Basketball zu spielen. Allein schon bei so einem Wetter raus zu gehen kam mir normalerweise nicht mal in den Sinn, aber mit Ian war das anders. Wann immer er konnte war er draußen, spielte Basketball, Football oder Handball mit anderen Jungs. Drinnen im Haus war er unausgelastet.
Als wir am Platz ankamen warteten Jamie und Ben schon auf uns. Beide hatten sich bereits eingespielt und gerade versuchte Jamie Ben den Ball abzunehmen, ohne Chance. Wir teilten uns immer so auf, dass ein guter und ein mittelmäßiger Spieler in einem Team waren. Ian und Ben waren eindeutig die guten und Jamie und ich waren eher unteres Mittelfeld.
"Hey, Zoe, kommst du auch mal aus deiner Höhle gekrochen?", lachte Ben und warf mir den Ball zu. Ich fing ihn und rief zurück:"Ja manchmal da gibt es Ausnahmen in der Natur einer Spezies."
Das Spiel war gut, zumindest für Ben und mich, wir gewannen nämlich mal wieder. Es war unser 4. Sieg in Folge. Kurz vor Ende wollte Jamie den Ball zu Ian werfen, der in einer idealen Position unter dem Korb stand. Doch es kam gerade eine Gruppe von Mädchen am Sportplatz vorbei, die in der Halle Gymnastik hatten. Eines der Mädchen, Sarah Harper- eine hübsche Blondine mit langen Beinen, rief Ian etwas zu, sodass der sich umdrehte und den Ball fest gegen den Hinterkopf geworfen bekam. Ian kippte nach vorne und fiel mit dem Gesicht voran auf den Boden des Sportplatzes.
"Scheiße!", hörte man Jamie von hinten rufen. Erst wollte ich lachen, doch als Ian nicht aufstand bekam ich es doch mit der Angst zu tun und rannte so schnell es ging zu ihm.
"Ian?" Ich rüttelte ihn an der Schulter, doch er war bereits wieder bei sich. Erleichtert atmete ich aus und ließ mich neben ihn auf den Boden fallen. Die Mädchen waren schon verschwunden. Ian setzte sich auf und hielt sich eine Hand gegen die Stirn. Darunter sah ich ein Blutgerinnsel herablaufen. Ich zog seine Hand beiseite und erblickte eine ziemlich gewaltige Platzwunde.
"Oh Mist. Ich bin doch nicht...oh man!", sagte Ian und wurde rot bei dem Gedanken daran, was gerade passiert war. Er wollte schon das Gesicht in den Händen vergraben, doch ich hielt ihn davon ab.
"Lass das. Ich glaube das muss genäht werden, so wie das aussieht. Jetzt werde ich dir aber erstmal meinen Schal drumbinden, damit dir das Blut wenigstens nicht wie einem Hirnmassefressendem Zombie aus dem Kopf läuft ", sagte ich und versuchte dabei möglichst nicht zu lachen.
"Danke, drück es noch widerlicher aus und ich kotz dir vor die Füße", sagte Ian und sah mich grimmig an. "Ich glaub jetzt bin ich unten durch bei Sarah Harper...Echt Man, wie konnte mir sowas passieren."
Ich begann meinen Schal vorsichtig um Ians Kopf zu wickeln. Glücklicherweise, für Ian, trug ich selten rosa oder lila Schals. Heute war es ein grauer. Jamie und Ben waren nun auch bei uns. Sie sahen etwas besorgt auf Ian hinab.
"Dich hat der Wurf wohl ganz schön erwischt, was?", sagte Ben und lachte auf.
"Haha, ich lach mich tot", kam es von Ian. Für einen Moment war es still, doch dann mussten wir alle vier loslachen. Schließlich versuchten die Jungs Ian auf die Beine zu helfen, was nicht ganz so einfach zu bewältigen war, da ihm etwas schwindelig war. Gestützt von Ben und Jamie konnte er jedoch einigermaßen gehen. Wir beschlossen das Krankenhaus aufzusuchen, das aber viel zu weit weg war um so dorthin zu kommen. Zu unserem Glück fuhr gerade Mr Furtner, ein sehr freundlicher Nachbar von Ian mit seinem Wagen vorbei und erkannte uns. Er hielt an und nachdem wir ihm erklärt hatten was passiert war bot er an Ian und mich zu. Krankenhaus zu fahren. Er meinte für vier Leute wäre sein Auto zu klein, aber mich und Ian kannte er schon von klein auf und hatte deshalb auch kein Problem damit uns mitzunehmen.
Bald saßen wir auf dem Rücksitz von Mr Furtners altem Scoda und fuhren in Richtig St Stephanie Hospital.
"Gehirnerschütterung", teilte mir Ian mit nachdem aus dem Behandlungsraum gekommen war, wo er ungefähr eine Stunde verbracht hatte. "Und du hattest Recht, die Wunde musste genäht werden."
Mit dem Finger tippte er gegen seine Linke Stirnseite, wo jetzt ein großes, weißes Pflaster prangte.
"Das wird wohl eine Narbe werden, aber wie heißt es so schön. Narben zeigen nur das du stärker warst." Wir grinsten uns an und er sagte:"Und Sarah Harper wird wahrscheinlich ihr Leben lang Angst davor haben mich noch ein einziges mal zu begrüßen, wenn sie sieht, dass gleich ein Erinnerungsstück für die Ewigkeit zurückbleibt."
Da wir schon ein einhalb Stunden im Warteraum der Notaufnahme gesessen hatten war es mittlerweile vermutlich ziemlich spät. Ich sah auf die Uhr an der Wand und erschreckte mich fast zu Tode. Die zeigte 23:30 Uhr.
"Mist! Hast du gesehen, wie spät es ist? Meine Mom ist schon zurück und hat wahrscheinlich keine Ahnung wo ich bleibe. Komm schnell!"
Ich zog ihn am Arm so schnell wie möglich nach draußen und rief mit Ians Handy meine Mutter an. Bei meiner Erklärung, wo ich solange gesteckt hatte, sagte sie kein Wort und meinte dann nur, sie würde kommen und uns abholen. Zehn Minuten später stand ihr Wagen auf dem Krankenhausparkplatz.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 22, 2016 ⏰

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Phosphenes {Dylan O'Brien ff}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt