Da stand sie nun. Ganz allein und verlassen. Niemand beachtete sie. Niemand schien zu merken wie ihre Welt in sich zusammenbrach. Die Leute eilten an ihr vorbei, alle darauf bedacht zuhause zu sein, bevor die großen schwarzen Wolken über ihnen den Regen losließen. Doch darum kümmerte sich das Mädchen hin. Sie hatte gerade ihr Leben zerstört. Die einzige Person verstoßen die ihr etwas bedeutete. Plötzlich spürte sie eine warme Berührung auf ihrer nassen Schulter. Die Wolken hatten dem Regen nachgegeben, ohne dass die Brünette es bemerkt hatte. Wie in Trance drehte sie ihren Kopf zur Seite und sah mit leeren Augen in ein besorgtes Gesicht.
„Jade, du wirst dich noch erkälten. Komm mit.“ Das rothaarige Mädchen packte seine beste Freundin und zog sie bis zu sich nach Hause, das zum Glück nicht weit entfernt war.
Da setzte sie Jade auf ihr Bett holte ein Handtuch und rubbelte ihr die Haare trocken.
„Was ist passiert Jade?“ fragte sie ganz ernst und von der sonst so fröhlichen, optimistischen naiven Cat war nichts zu sehen. Auch sie hatte ihre Momente schoss es Jade durch den Kopf.
„Ich hab Beck gebeten wieder mit mir zusammen zu sein, aber er hat nein gesagt.“ erzählte die Brünette.
„Hast du ihm wirklich gebeten oder es ihm befohlen?“ forschte Cat nach und sah ihre Freundin skeptisch an. Diese schwieg betroffen und das reichte der Rothaarigen als Antwort.
„Vermutlich ist er jetzt wieder mit Alyssa Van zusammen.“ schimpfte Jade nach einer Weile und verzog angewidert das Gesicht als sie daran dachte.
„Vielleicht hast du nur mal wieder überreagiert.“ meinte Cat vorsichtig und bekam einen bösen Blick von Jade. Das Mädchen verstummte schlagartig, setzte sich in den Sitz sack, den sie zu Weihnachten bekommen hatte und begann mit ihrem Schnauzbartschwein zu spielen.
Auf ihrem Gesicht erschien ein seliges Lächeln und Jade beobachtete sie eine Weile. Cat war schon eine Sache für sich. In einem Moment ganz ernst und im nächstem wieder einfach sie selbst: naiv, fröhlich und mit dem Gedanken ganz wo anders. Aber das war okay. Denn sie war Cat.
Sie wusste auch nicht was sie sich dabei gedacht hatte. Auf einmal stand sie da, mit einem kaputten Drachen in der Hand vor Tori Vegas Tür, die mehr als überrascht war sie zusehen.
Sie redete lauter wirres Zeug, denn genau das war sie auch. Verwirrt. Und verzweifelt. Sonst wäre sie nie zu Tori Vega gegangen. Sie konnte sie nie leiden. Sie war so ein typisch Mädchen von neben an, das immer so viel Glück hatte, dass man sich neben ihr minderwertig vorkam. Sie hatte eine Familie, die sie liebte, eine fantastische Stimme, sah gut aus und war beliebt. Und sie tat so als wär das nichts Besonderes. Weil sie dachte das es allen so ging. Aber so war es nun mal nicht. Jade musste sich eingestehen, dass sie sich von Vega bedroht fühlte. Sie schien so perfekt und Beck so glücklich wenn er bei ihr war. Wenn er aber bei ihr war, wirkte er immer genervt und gestresst. War er nicht glücklich mit ihr? Konnte sie nichts tun um ihn umzustimmen? Liebte er sie nicht mehr? Sie war es nicht gewohnt ihre Gefühle so offen zu zeigen und in dieser Woche hatte sie mehr geweint als in ihrem gesamten 16-jährigen Leben. Aber Vega würde ihr helfen. Schließlich war sie Tori, das nette Mädchen von nebenan, dass niemanden etwas Böses wollte und immer versuchte zu schlichten. Und sie half ihr. Weil nette Mädchen so etwas taten. Sie halfen Leuten, auch wenn diese fies zu ihnen waren. Nette Mädchen machen auch ‚Awwwww!’, wenn etwas Romantisches passiert. Aber das war okay. Denn sie war Tori.
Er küsste sie. Mitten im Satz. Und er sagte genau das was sie hören musste. Er war nicht einmal böse auf sie. Dabei hatte sie seinen Vater ins Krankenhaus gebracht, nur weil sie wieder mit ihm zusammen sein wollte. Sie konnte ihre Gefühle nicht zeigen. Nicht einmal jetzt konnte sie sagen, dass es ihr Leid tat. Oder das sie ihn über alles liebte. Und das die Angst ihn zu verlieren sie wahnsinnig machte, weil sie nicht verstand warum gerade sie in seinem Herzen war. Er lächelte sie an mit seinem bezaubernden sorglosen lächeln und auf einmal schien alles andere unwichtig zu sein. Es machte ihm nichts aus, dass sie es nicht sagen konnte. Er wusste was sie meinte als sie ihn zärtlich küsste. Denn sie brauchten keine Worte. Sie waren füreinander gemacht. Zwei Teile eines ganzen, auch wenn sie weit weg waren von der Perfektion des High-School Traumpaares. Aber unperfekt war okay. Alles war okay so wie es war. Denn so waren sie nun einmal. Eine Achterbahn mit Höhen und Tiefen, mit Loopings und Stellen an den es einfach geradeaus ging. Keine Probleme, kein Streit. Denn sie war Jade und er war Beck. Sie waren einfach sie selbst.