Gegen den Mäusekönig

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Sie würde jeden Moment da sein. Ich saß am Balkon und hielt ein kleines Kästchen fest umschlossen ich ließ es aufschnappen und der kleine Silberring schimmerte im Sonnenlicht. Wie sollte ich überhaupt anfangen.. Was sollte ich überhaupt sagen?! *pling* Schnell zog ich mein Handy aus der Hosentasche und las die Nachricht. Der Fahrer war da, erleichtert steckte ich es zusammen mit dem Ring weg und begab mich nach unten zum Wagen.

Isabella wusste nur, dass wir Essen gehen würden. Was natürlich nicht stimmte. Heute würde ich sie endlich fragen. Alleine bei dem Gedanken musste ich grinsen. Wie ihr Gesicht dann wohl aussehen würde? Überrascht? Erfreut? Hatte sie damit gerechnet? Für sie war ich immer berechenbar, sie kannte mich wie ich es kaum selbst tat.

Ich trat hinaus ins Freie und sah sie hinten im Wagen sitzen und nach mir Ausschau halten. Als sie mich erblickte, strahlten sie übers ganze Gesicht. Ich setzte mich neben sie und gab ihr einen Kuss.

"Wohin entführst du mich?" fragte sie mit einem Grinsen. "Wieso sollte ich dich entführen du folgst mir sowie überall hin." antwortete ich mit einem Augenzwinkern. "Und ich hab dir doch gesagt, dass wir in das neue Restaurant in der Stadt gehen." "Mhh." machte sie und sah mir in die Augen. Ach ich war schon immer ein schlechter Lügner. Ich lächelte und sah aus dem Fenster.

London war wunderschön um diese Jahreszeit, durch den Schnee wirkte alles so friedlich und beruhigend.

Als wir endlich da waren stieg ich aus und half ihr aus dem Wagen. "Also du solltest den Fahrer wechseln, denn das ist kein Restaurant." brachte sie unter Kichern hervor. Wir standen mitten am Leicester Square vorm Theater.

„Ich bin davon überzeugt, dass wir in der Pause trotzdem was zu essen bekommen.“ Versicherte ich ihr, und genoss ihr überraschtest Gesicht. Sie hatte scheinbar wirklich gar nichts geahnt.

„Pause. Gucken wir uns hier was an?!“ staunen sah sie das Theater an. Über dem Namenschild stand groß: Der Nussknacker. „Aber da steht Sold out.“

„Nicht für uns! Wir sind hier richtig.“ bestätigte ich und zog aus meiner Jackett Tasche zwei Karten für den Nussknacker auf dem 1. Paket. Das Ganze war natürlich von langer Hand geplant und mit vielen(8) helfenden Händen vorbereitet. Niall hatte in letzter Zeit kaum ein Wort sagen können, ohne Anspielungen drauf zu machen, was meine Nervosität gesteigert hatte. Aber gerade war ich erstaunlich ruhig. „Ich hab einmal lügen können ohne das es dir aufgefallen ist!“

„Blindes Huhn und so, du kennst den Spruch oder?“

„Aber sicher.“ Kicherte ich und öffnete ihr die Tür. Ja das hier war perfekt! Wir teilten die gemeinsame Leidenschaft für Theater, Oper und Ballett. Schließlich hatten wir uns in der Pause von Schwanensee kennen gelernt, wobei ich mich kurz von Louis und Eleanor entfernt hatte um mir was zu trinken zu holen, wobei sie hinter mir in der Schlange stand… und irgendwie hatte sich daraus ein Gespräch entwickelt.

„Weißt du noch?“ fing sie genau meinen Gedanken auf.

„Wir haben schon lange kein Tschaikowski Stück mehr gesehen!“

„Beim letzten Mal hab ich weiter hinten gesehen.“

„Diesmal kannst du unter die Röcke gucken.“

„Muss ich dir die Augen zu halten?“

„Ich werde nur dich ansehen, wie du fasziniert die Tänzer im Auge behältst.“ Sie liebte den Tanz. Aber nur das zusehen. Ich glaube ich würde sie nie tanzen lassen. Nicht meinen Tollpatsch. Sie drehte Pirouetten um dann auf dem Küchenboden zu landen.

Wir wurden zu unseren Plätzen geführt und langsam trudelten auch die letzten Besucher ein.

Das Licht wurde gedimmt und die ersten Töne der Ouvertüre klangen durch den Raum.

Irgendwann während des 1. Akts achtete ich nicht mehr auf die Tänzer und die Musik sondern beobachtete Isabella. Sie saß mittlerweile ganz vorne auf der Kante ihres Sessels und verfolgte jeden Schritt der Tänzerin. Ich könnte aufstehn und sie würde absolut nichts mitbekommen. Ich kicherte leise. Sie sah mich mit einem Blick a lá "wie-kannst-du-ausgerechnet-jetzt-lachen" an und ich musste noch mehr kichern, als der "Schneeflocken Walzer" erklang. "Komm tanz mit mir." forderte ich sie auf und hielt ihr meine Hand hin. Zögernd ergriff sie sie und ich zog sie hoch. Wir tanzten eng umschlungen oder versuchten es zumindest, weil sehr viel Platz war leider nicht. Ich vergaß alles um mich herum und spürte nur noch Isabella auf meiner Brust.

Plötzlich ging das Licht an und die Leute erhoben sich von ihren Plätzen und begaben sich in die Vorhalle. Der 1. Akt war zu Ende. Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn und fragte sie, "Möchtest du etwas zu Essen?" "Ja eine Kleinigkeit wäre toll." "Dann warte hier und ich hol uns etwas" antwortet ich und machte mich auf Richtung Buffet. Anscheinend hatten mehrere dieselbe Idee und ich stellte mich in der Schlange an. Ich sollte mir schön langsam überlegen wann ich es durchziehe. Ein ruhiges Stück wäre das Beste. "Der Blumenwalzer!" sagte ich. "Ja ein tolles Stück, aber was wollen Sie Essen." gab der Angestellte zurück. Ups hatte ich laut geredet? Ich war so in Gedanken gewesen das ich nicht gemerkt hatte, dass ich an der Reihe war.

Hastig entschied ich mich für zwei Brezeln und einen Schokomuffin, wobei ich es gerade noch so schaffte vor der Klingel wieder nach vorne zu kommen.

„Schokomuffin!“ freute sie sich und ignorierte ihre Brezel. War auch klar gewesen.

„Von Milka!“ grinste ich sie an.

„Bist der Beste!“ versicherte sie mir und hatte bereits schon die ersten Krümel auf ihrem guten Kleid, was mich nur zum Grinsen brachte. Es störte sie einfach nicht. Auch hatte sie kein Problem damit, Schokolade zu naschen. Nicht eines dieser Models bei denen man Angst hatte das sie gleich auf einer Windböe davon getragen wurden.

Tief atmete ich ein und aus, als die ersten Töne des Walzers erklangen und ich schob mich von meinem Sitz und kniete mich vor sie hin.

„Was machst du da? Setz dich doch wieder ordentlich hin“ bemerkte sie mein Fehlen einige Sekunden später erst, und selbst der ältere Mann neben ihr begriff es schneller als sie, was das hier werden würde.

„Nein, das zieh ich jetzt durch!“

„Du kannst die Tänzer nicht wieder imitieren dir fehlen die Blumenringe!“ beschwerte sie sich.

„Dafür hab ich was anderes.“ Hastig holte ich das kleine Kästchen heraus und ließ es aufschnappen.

„Willst du mich heiraten?“

„Ja!“ sie schmiss sich zu mir herunter und ich umfing sie mit meinen Armen. Küsste sie, und lächelte glücklich in die Kamera des älteren Herren ehe ich ihr den Ring überstreifte.

Aus dem Orchester Graben drehte sich der Dirigent wütend um.

„Das Fotografieren während der Vorführung ist ihnen nicht gestattet!“ sprach er mit starkem Akzent doch Isabella zeigte nur ihren Ring in seine Richtung und das Orchester brach den Blumenwalzer ab um genau darauf den Refrain von Can you feel the love tonight einzuspielen. 

Gegen den Mäusekönig [GERMAN & ENGLISH]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt