Epilog

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Der Wind riss an meinen Haaren. Zitternd versuchte ich mich immer enger an die Hauswand zu drücken, um nicht noch nasser zu werden. Eine komplett unötige Aktion, denn die wenige Kleidung, die ich trug, war ohnehin schon komplett durchnässt.
Ich zog mein Handy aus meiner Handtasche. 22 Uhr 47. Er war ziemlich spät.

Ich zupfte an meinem Oberteil. Naja, Oberteil würde ich das jetzt nicht nennen. Eher ein durchsichtiges Stück Stoff, dessen einziger Nutzen es war, meinen pinken BH zu betonen.
Das hasste ich am meisten an diesem Job.

Durch die Spiegelung meines Handys checkte ich, ob mein Make-up noch saß. Natürlich tat es das, wie immer. Es war viel zu viel für meinen Geschmack, insbesondere, da es mich um mehrere Jahre älter aussehen lies. Aber es war anscheinend wichtig. Sie stehen auf Unechtheit. Vielleicht weil sie uns nicht als Personen sehen, vielleicht sind wir für Sie nichts als Puppen und deshalb sehen wir auch so aus. Schließlich sind sie es, die bezahlen, und der Kunde ist König.
Das ist es, was sie uns immer wieder sagen. Der Kunde ist König.
Es wurden immer weniger Tropfen und ich bewegte mich langsam wieder weg von der Hauswand, auf die Straße wo ich hingehörte.

"Hey Süße"
Ich drehte mich um.
Es war ein Typ mittleren Alters. Ich stellte mir vor, dass er in der Poltik arbeitete, da er einen Anzug und eine Aktentasche trug, soweit ich das durch das Autofenster erkennen konnte. Er öffnete die Tür und ich setze mich rein.
Während der ganzen Fahrt zu ihm starrte er auf meine Brüste, und ich musste so tun als würde es mir gefallen. Das war echt zum kotzen. Das einzige, was mich davon abhielt, sofort abzuhauen, war die Vorfreude auf das, was noch kommen würde.

Er wohnte in einem Apartment irgendwo in der Innenstadt. Das Gebäude sah schon teuer aus, konnte sich aber keinesfalls messen mit der Inneneinrichtung. Er schloss die Tür ab und kam auf mich zu. Natürlich sah er mir nicht in die Augen, stellte nicht die Frage die ich hören wollte. Niemand tat das. Ich spürte seine Berührungen an meinem Arsch und musste mich zurückhalten, ihn nicht zu schlagen.
Ich konnte nicht mehr warten.
"Ich bin noch minderjährig." sprudelte es aus mir raus.
Er sah mich an. Zum ersten Mal in meine Augen.
"Und jetzt? Sehe ich so aus als würde mich das jucken?"
"Das ist strafbar" sagte ich.
Er begann zu Lachen, das hässliche, raue Lachen eines Betrunkenen.
Dann schubste er mich, ich stolperte und landete auf dem Fußboden. Ich zuckte zusammen, als ich hörte, wie er seinen Gürtel öffnete.

Schnell suchte ich mit meiner Zunge nach dem Metall. Beinahe schnitt ich mich selbst an der scharfen Kante. Ich stand auf, ging auf ihn zu.

Er zog mich an sich und presste seinen Mund auf meinen. Meine Lippen wanderten hinab in Richtung seines Halses ,ich fuhr mit meiner Zunge die Konturen seines Kiefers entlang und glitt weiter zu seinen Hals , wo ich seine stark pulsierende Halsschlagader spürte.
Adrenalin schoss durch meine Adern. Wie immer, bevor ich es tat.
Ich presste meine Lippen an ihn, bevor ich seine klägliche Existenz ein für alle mal beendete.

Ich schmeckte Blut.
Ich genoss es.

Wie es langsam aus dem Schnitt an seinem Hals tropfte, wie sich Pfützen am Boden bildeten, wie kleine Spiegel.
Ich küsste ihm auf die Stirn, sodass ein Abdruck meiner Blutverschmierten Lippen übrig blieb.
Mein MarCenzeichen.

In der Tasche seiner mit Blut verschmierten Hose befand sich sein Portemonnaie. Ich tastete danach während der metallische Geruch der roten Flüssigkeit meine Lungen füllte. Ich ging in das kleine Bad und wusch das Blut von meinem Körper, die letzten Zeichen meiner Tat.
Dann nahm ich ein Glas aus seinem Schrank, schlug es gegen eine Küchentheke und legte die scharfen Scherben in seine Hand.

Auf dem Weg aus dem Apartment nahm ich das Messer aus meiner Tasche. Ich legte die scharfe Schneide an meinen Arm und stemmte es in meine durch die Narben verzerrte Haut. Ich zog ein Taschentuch aus meiner Handtasche und presste es auf den Schnitt, um die Blutung zu stoppen. Den Schmerz spürte ich schon lange nicht mehr, auch wenn ich bis jetzt erst Neun habe. Neun Narben für neun Morde.

Sie sagen immer, dass ihre Tode nicht wirklich zählen. Dass sie anderer Leben zerstören und auf den Grabsteinen verlorener Seelen ihre Wege bauen. Dass sie deshalb nicht würdig sind zu leben und wir nur die richtige Ordnung wiederherstellen. Ich weiß nicht was ich glauben soll. Immerhin ist mein Lebensweg gepflastert aus den Leichen dieser neun  "Unwürdigen". Sollte ein Mensch wirklich das Recht haben über das Leben anderer zu entscheiden? Aber darauf haben sie keine Antwort außer Gewalt. "Hinterfrage nicht, oder willst du wieder zurück auf die Straße?"
Ich hatte ein blaues Auge an diesem Tag. Und eine blutige Nase.

Ich stellte mich an die Straße. Es regnete immernoch. Um die Straßenecke einige hundert Meter entfernt sah ich das Auto auf mich zukommen. Es war ein schwarzer Minivan. Seit ich 14 geworden bin, frage ich mich, worum sie ich für einen schwarzen Minivan entschieden haben. Es gibt kein Auto, dass verdächtiger aussieht als so ein Minivan. Aber ich darf ja keine Fragen stellen.

Der Wagen war inzwischen direkt vor mir. Die Tür schwang auf und ich drehte mich nochmal hektisch um, bevor ich in den Wagen stiegt.

"Auftrag erledigt" murmelte ich.
Durch den Rückspiegel sah ich, wie er zufrieden nickte, bevor der Wagen beschleunigte.

Einige Straßenecken weiter holten wir noch ein Mädchen ab, dann noch eins. Wir hatten einen festen Zeitplan, an den wir uns halten mussten, sonst müssen wir laufen. Das dritte Mädchen, dass wir abholten, konnte kaum alleine stehen. Ihre spärliche Kleidung war zerissen, über ihren ganzen Körper wechselten Blut und blaue Flecke ab. Von ihren Händen tropfte die rote Flüssigkeit. Zittert steig sie in den Wagen. Ihre Beine schienen so schwach, dass zu gleich umzufallen drohte. Sie ließ sich auf den Sitz neben mir fallen und schloss ihre Augen. Tränen rollten ihre Wange runter.

Als sie einige Momente nichts gesagt hatte, wurden sie langsam unruhig. Sie starrten sie alle an, um sie zu erinnern, dass sie ja noch einen Satz zu sagen hatte. Aber sie sah sie nicht. Ihre Augen waren geschlossen.
"Hey" ich stupste sie an. Sie öffnete ihre großen Augen und sah mich leidend an. Sie hatten die Farbe von goldenem Karamell. Ein Stich traf mein Herz. "Hast du es erledigt?" Flüsterte ich so leise wie ich konnte, in der Hoffnung dass sie mich nicht hörten. In der Zeit nach der Mission ist es verboten zu reden. Sie schüttelte kaum merklich den Kopf.
"Lebt er noch?" Wisperte ich.
Sie sah mir direkt in meine Augen. Sie bohrten sich bis in mein Herz. Sie hatte Chalies Augen. Ich konnte sie nicht sterben lassen.
"Sag, dass du es erledigt hast. Ich kümmere mich darum." Wisperte eine Stimme, von der ich nicht glaubte, dass es meine war. Warum würde ich so etwas unrationales tun? Es könnte meinen Tod bedeuten.

"Aaauftrag erledigt" stammelte sie neben mir.
Mein Herz pochte immer schneller. Ich war gerade unmittelbar davor, etwas unfassbar Dummes zu tun.

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⏰ Last updated: Jan 23, 2017 ⏰

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