Harry lief durch die langen Gänge Hogwarts'. Professor Umbridge hatte ihn mal wieder zu einer Strafarbeit gezwungen, diesmal in den Kerkern. Bei den Gedanken an diese schreckliche Frau blickte Harry reflexartig auf seine gerötete Hand. Er hoffte inständig, bei den Arbeiten allein zu sein. Immer öfter wünscht er sich eine Auszeit von den Menschen um hin herum, Zeit um sich seiner Gefühle klar zu werden. Die Schritte hallten dumpf auf dem Steinboden wieder und Fackeln an den Wänden flackerten bedrohlich.
Umbridge hatte ihm Zeit, Raum und Aufenthaltsdauer genannt, weshalb er nicht groß überlegen musste und sofort auf eine Tür zu steuerte. Die große Holztür ließ sich durch das Gewicht der Tür schwer öffnen, der Rahmen knackte bedrohlich und als er eintrat entdeckte er eine verstaubte Kammer.
Weder Umbridge noch sonst wer war anwesend, weshalb Harry sich schweigend auf einen Stuhl nahe des Ausgangs niederließ. Etwas angeekelt blickte er sich in dem kleinen Raum um. Er wirkte ungenutzt und in jeder Ecke bildeten sich mehr oder weniger große Spinnennetze. Wenige Minuten später trat Dolores Umbridge in die kleine Kammer. Zu Harry's Verwunderung und Missfallen war sie nicht allein, hinter ihr betrat Draco Malfoy das Zimmer. Auf seinem Gesicht war nicht wie sonst immer ein arrogantes Lächeln, er wirkte genervt und gedemütigt. Beide blickten sich einige Sekunden in die Augen, ehe die Professorin in ihrer hohen Stimme zu sprechen begann:
"Ihr beide werdet diesen Raum hier auf Vordermann bringen. Punkt sieben Uhr werde ich zurück sein und kontrollieren ob alles in Ordnung ist. Ich will kein Staubkorn mehr sehen, verstanden?!"
Die Teenager nickten zustimmend, ehe die Frau hochnäsig aus der Tür dackelte.
Stöhnend erhob sich Harry von seinem Stuhl, griff zu den Putzmitteln die Umbridge mitgebracht hatte und machte sich an die Arbeit. Draco lehnte lässig an der Wand, nicht darauf bedacht dem Dunkelhaarigen zur Hilfe zu eilen.
"Das machst du echt gut.", sagte Malfoy in einer amüsierten Stimme, sah Harry kurz an und widmete seine Aufmerksamkeit seinen Fingernägeln.
"Du könntest mir gern dabei helfen.", gab Harry ernst zurück.
Draco stieß sich leichtfüßig von der Wand ab, lief zu einem Spinnennetz und verzog angewidert das Gesicht.
"Nein, danke. Erledige du das ruhig."
Harry warf dem Blondschopf einen bösen Blick zu, ehe er sich seiner Arbeit widmete. Desto eher er fertig war, desto eher konnte er mit seinen mitgebrachten Hausaufgaben beginnen.
"Weshalb bist du hier?", rief Draco über die kleine Distanz hinweg Harry zu.
"Ich habe wieder einmal behauptet Voldemort sei zurückgekehrt. Oder wie sie es ausdrückt: Ich habe eine Lüge erzählt."
Dank Harrys sarkastischem Ton musste Malfoy kurz lächeln, ehe er sich gedanklich auf eine Antwort vorbereitete.
"Ich habe ihr einen Papierflieger an den Kopf geworfen."
Harry lachte laut auf wegen seiner Kindlichkeit und blickte den Blondschopf an. Dieser hatte sich mittlerweile erhoben, mit Besen in der Hand und kehrte den Boden.
"Geht doch.", sagte Harry noch, ehe beide in schweigendes Arbeiten verfielen.
Innerhalb weniger Minuten waren sie, dank guter Zusammenarbeit, mit ihrer Aufgabe fertig. Harry ließ sich auf einen Hocker nieder, mit den Hausaufgaben auf dem Schoß und den Blick nach unten gerichtet. Er spürte wie sich etwas Gegenüber ihm niederließ.
"Mir ist langweilig."
Kurz stöhnte der Brillenträger auf, erhob seinen Blick und sah in Sturmgraue Augen. Die ganze Zeit über wunderte er sich bereits über Malfoys Aufgeschlossenheit und Freundlichkeit.
"Okay, dann tu etwas dagegen."
"Lass uns ein Spiel spielen."
Verwundert zog Harry seine Augenbrauen hoch, ein Grinsen auf seinen Lippen folgte.
"Und welches?"
Draco begann ebenfalls zu lächeln, ehe er sagte: "Ich wollte schon immer mal mit meinem Feind Wahrheit oder Pflicht spielen, was hälst du davon?"
Kurz verzog Harry das Gesicht, ehe er seine Schulaufgaben zu Boden schmiss und nickte.
"Fang an, Malfoy. Ich nehme Wahrheit."
Spielerisch griff sich Draco unter's Kinn, blickte nach oben und tat so, als überlege er angestrengt.
"Bist du in Snape verknallt?"
Empört lachte Harry auf, ehe er schnell ein "Nein" zur Antwort gab.
"Bist du im Moment in jemanden verliebt?", fragte Draco nun ruhiger.
"Das ist nicht die Frage."
Der Blondschopf senkte seinen Kopf, ehe er mit dem Spiel fortfuhr.
"Ich nehme auch Wahrheit."
Harry musste nicht lange überlegen, bis er eine Frage fand, die ihn interessierte.
"Wenn du einen männlichen Gryffindor küssen müsstest, wer wäre es?"
Angewidert verzog Draco sein Gesicht, ehe er in Harry's Augen sah und mit einem kindischen Unterton zurückgab: "Aber Gryffindor's sind blöd!" Blöd zog er dabei in die Länge, und Harry musste bei diesem Anblick lachen. Ihm fiel gerade ein, dass die beiden Teenager, abgesehen von ihren Beleidigungen, nie ein richtiges Gespräch geführt hatten.
"Das beantwortet nicht die Frage."
"Okay, wahrscheinlich Dich."
Die jungen Männer erröteten leicht, ehe ein bedrückendes Schweigen in den Raum trat.
"Du bist dran. Wahrheit oder Pflicht?"
Harry entschied sich kurzer Hand für Pflicht, er wollte die Stimmung wieder etwas auflockern.
"Küss jemanden. Irgendwen."
Draco war sich seiner Gefühle gegenüber Harry bewusst. Er wusste, dass er den Jungen liebte. Er wusste, dass Harry nie dasselbe für ihn empfinden würde und er wusste, dass er jede gemeinsame Minute mit ihm genoss. Sobald er erfuhr, dass der Brillenträger zum Nachsitzen zu Umbridge sollte, entschied er sich, sie ebenfalls zu verärgern und Nachsitzen zu bekommen. Alles für Harry.
Mit dieser Aufgabe hatte er ihm eine Falle gestellt. Niemand anderes in diesem Raum war hier, er musste Draco küssen, oder er erfülle seine Aufgabe nicht.
"Ob männlich oder weiblich ist also egal?"
Möglichst verwirrt spielend nickte Draco, zählte die Sekunden.
Harry biss sich nervös auf seiner Unterlippe herum. Er wusste was Malfoy von ihm wollte, und Tief in seinem Inneren wusste er, dass er ihn auch küssen möchte.
Beide sahen sich tief in die Augen. Harry flüsterte noch ein leises, mehr zu sich selbst sprechendes "Okay, dann mal los", und beugte sich langsam nach vorn.
Die Gesichter der Jugendlichen kamen sich immer näher, ehe sich ihr Atem vermischte. Ihre Lippen waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt, Draco's Blick galt nur noch Harry's Lippen und umgekehrt. Einer musste sich trauen, sie konnten nicht ewig in der Position verharren. Harry drückte sanft seine Lippen auf Draco's, erst zart, beinahe ängstlich, später sicherer. Seine Hände wanderten durch die blonden Haare und er spürte wie sich Draco's Körper immer näher an ihn drückte. Beide blickten sich nicht mehr an. Ihre Augen waren geschlossen, die Sinne genossen den Augenblick, nichts wurde mehr wahrgenommen außer der Gegenüber.
Harry bemerkte wie er Draco's Knöpfe langsam, bedacht öffnete. Gerade als beinahe beide Hemden zu Boden gefallen waren, öffnete sich die Tür mit einem schweren Knarren. Ein trat Dolores Umbridge. Die Teenager lösten sich hastig voneinander, zogen ihre Oberteile über und versuchten das verwuschelte Haar zu bändigen.
"Was gehr hier vor sich?", die Professorin ließ ihren Blick von ihren Haaren bis zu der Kleidung wandern, stetig hin und her wechselnd.
Weder Draco, noch Harry wussten eine Antwort auf ihre Frage, sodass sich Schweigen in den Raum legte.
"Ihr könnt gehen."
Erfreut, aber umso verwunderter erhoben sich beide, Umbridge würdigte sie noch eines abwertenden Blickes und schloss hinter ihnen die Tür.
Sofort drehte sie sich von den Jungen um, straffte ihre Haltung und dackelte erhobenen Hauptes davon.
"Puh, nochmal Glück gehabt."
Harry lachte nervös auf, worauf Draco zu grinsen begann.
"Draco.. ich, ich glaube ich mag dich. Ein bisschen."
"Ach komm schon, ich weiß, dass du mich vergötterst. Ich dich vielleicht auch. Natürlich nur ein bisschen."
Verzweifelt versuchte Draco seine Aufgeregtheit hinter Scherzen und Lachen zu verbergen, sein geröteter Kopf verriet jedoch etwas anderes.
Harry drückte dem Blondschopf einen kurzen Kuss auf den Mund, lächelte ihm zu und verschwand aus den Kerkern Hogwarts'."Draco? Draco, wach auf! Es ist Zeit zum Aufstehen! Oder willst du etwa Potter's Niederlage verpassen?"
Verwirrt schüttelte Draco den Kopf. Müde öffnete er seine Augen und blickte seinem besten Freund, Blaise Zabini entgegen.
Es war alles nur ein Traum, sagte er sich. Nicht davon war echt. Doch es hatte sich so realistisch angefühlt, so gut, so perfekt. Er wusste es, nie würden er und Harry zusammenkommen, nie würde er seine Gefühle erwidern können.
"Ja. Ja, ich komme sofort."
Blaise lachte auf, ehe er zur Tür ging und ihm neckend zurief:
"Potter hat dir beim Nachsitzen gestern wohl den Kopf verdreht? "
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Drarry OneShot
FanfictionHarry bekommt wiedermal eine Strafarbeit von Professor Umbridge aufgebrummt. Doch diesmal ist er nicht allein: Der Blondschopf namens Draco Malfoy muss ebenfalls Nachsitzen. Zwei Feinde, ein kleiner Raum und jede Menge Zeit.