9 (COCO)

4 0 0
                                    

Es war gut, dass sie diese albernen Schutzbrillen trugen, denn sonst wäre Coco wahrscheinlich mittlerweile blind. Ein Reagenzglas an ihrem Tisch war explodiert und über ein anderes schäumte was auch immer für eine Flüssigkeit in Massen heraus. Wie gewöhnlich, wenn sie in Chemie Experimente durchführten, kam keine Gruppe zum gewünschten Versuchsergebnis. Das machte die Besprechungen nach den Experimenten ziemlich frustrierend und gab einem das starke Gefühl, seine Zeit mit sinnloser Arbeit verschwendet zu haben.

Die Klasse deutete die Versuchsbeobachtungen, die man eigentlich hätte machen sollen. Etwa um zehn vor drei begann Coco, aufzuhören, die Zusammenhänge zu verstehen.

„Ich glaube, in Chemie krieg ich 'ne 5", schrieb sie an den Rand von Sams Block. Zuerst bekam sie das gar nicht mit, denn sie hörte konzentriert zu und schrieb das Fazit von der Tafel ab.

„Dann hör zu und kritzel nicht auf meinem Block rum", schrieb Sam anschließend unter Cocos Nachricht.

Coco grinste. Es war wirklich komisch, Sam so engagiert im Unterricht zu sehen, das war das absolut komplementäre Verhalten zu dem, was sie in den meisten Fächern an den Tag legte. Doch Mathe, Physik und Chemie interessierten sie einfach. Wie auch immer das möglich war.

„Kann ich gleich mit zu dir kommen?", flüsterte Coco.

Sam nickte, ohne den Blick von der Tafel abzuwenden.

„Was ist mit Mikala?", flüsterte sie dann zurück.

Mikala saß ebenfalls an ihrem Gruppentisch, neben Thomas, einem Jungen, der ein bisschen Ähnlichkeit mit einem Igel hatte.

„Oh, das ist kein Problem", sagte Coco. Sie drehte sich zu Mikala.

„Du findest ja selbst nach Hause, und wenn nicht, kannst du ja Vincent fragen", sagte sie mit einem kurzen Lächeln, wovon den Bruchteil einer Sekunde später nichts mehr zu sehen war. Ihre Augen blieben dabei die ganze Zeit kalt.

Mikala schürzte ihre Lipgloss-Lippen und nickte, und es sah aus wie eine direkte Reaktion auf Schmerz.

Es klingelte, und im Lärm der erleichterten Schüler, die ihre Sachen einpackten, raunte Sam „Coco, du machst ihr das Leben zur Hölle, wenn du immer so fies bist."

Coco zuckte mit den Schultern, und als sie anfing zu sprechen, war der Schopf Mikalas rotbrauner Haare bereits aus der Tür verschwunden. „Sie nervt. Ich mag einfach nicht, wie sie Vincent so in den Arsch kriecht. Ich wette, dass die was am Laufen haben."

„Das sind nur deine Vermutungen, und was bleibt ihr denn übrig? Vincent ist nett zu ihr. Du bist einfach nur böse."

Coco lachte. „Böse? Das ist ein bisschen zu viel."

„Du warst noch nicht eine Sekunde nett zu ihr!"

„Na gut. Stimmt vielleicht ein wenig. Weißt du, ich wollte sie einfach nie hierhaben. Egal, ich habe ja noch über elf Monate Zeit, nicht fies zu ihr zu sein. Bist du mit Fahrrad hier?"

Es wurde einer dieser wunderbaren Nachmittage, an denen sie einfach nur bei Sam auf dem Sofa saßen, fernsahen und nebenbei Hausaufgaben machten. Um kurz nach vier kam James von der Arbeit nach Hause; er bediente die größtenteils alte Kundschaft im Café Joie. Er hatte Pommes dabei, zwar nur zwei Tüten, er hatte nicht gewusst, dass Coco da war, aber das war auch nicht weiter schlimm. Sie behauptete, keinen Hunger zu haben und nahm sich lediglich zwei, drei Pommes von Sam. Nachdem sie gegessen hatten, fing er an, Gras abzuwiegen und es in kleine Tüten zu verpacken. Es war eine Art Nebenjob von ihm. Währenddessen holten die Mädchen ihre Schulsachen raus und fingen an, mehr oder weniger konzentriert ihre Hausaufgaben zu machen.

coco und coWo Geschichten leben. Entdecke jetzt