~ Prolog ~

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"Man, ich habe dich nur verarscht Lily, dich benutzt, verstehst du das nicht? Ich wollte nur meinen Spaß haben. Ich kann doch nichts dafür, wenn du so naiv bist um zu denken, dass ich es ernst mit dir gemeint habe. Ich habe eine Neue und mache Schluss, check es einfach!", raunte Jake mich genervt an und machte einen Ausfallschritt in meine Richtung. Für einen klitzekleinen Moment, dachte ich, er würde vor Wut versuchen mir ins Gesicht zu schlagen. Tränenaufgelöst und um Fassung ringend, saß ich auf der grauen Couch, die mir meine Eltern zum Einzug in meine erste Wohnung geschenkt haben. Meine salzigen Tränen liefen in kleinen Rinnsalen, wie ein Bach, meine rosigen Wangen hinab und landeten in meinen Händen, in denen ich mein Gesicht vor Trauer vergrub.

Ich wollte sprechen, Jake anschreien, an seiner Kleidung zerren, doch ich bekam kaum mehr als ein Wimmern aus meiner Kehle. Ich fühlte mich schwach und elendig, wie ein verletztes Tier.
Warum hat Jake meine Gefühle bloß ausgenutzt? Ich war doch immer ehrlich und treu, vielleicht ist das ja auch der Fehler gewesen, vielleicht hätte ich es auch so machen sollen, wie Jake es tat. Lügen und betrügen für ein bisschen Sex. Ich schluchzte umso mehr, als ich dies realisierte:"Ich verstehe einfach nicht wie du sowas mit mir abziehen kannst, ich liebe dich doch!"
Er schaute mich verzweifelt an, aber nicht die Art von einem mitfühlendem verzweifelt sein:" Ich liebe dich aber nicht! Kapier es einfach!"

Der blonde Mann schnaufte erleichtert und schaute mir noch einmal tief in die Augen, so wie in unserer ersten Nacht, als er ganz nah über mir lag und ich dachte, seine rehbraunen Augen wären meine Welt. Jake öffnete den Mund zaghaft, sagte jedoch nichts. Er drehte sich dann einfach nur um und verließ energisch mit geballter Faust meine Wohnung. Die Haustür im Flur knallte er so laut zu, wie ein starker Windstoß sie ins Schloss fallen lassen würde. Das Poltern konnte man bestimmt im ganzen Treppenhaus hören. Ich dachte nach, weshalb er so flüchtig die Wohnung verließ, entweder konnte er mir nicht mehr in die Augen sehen oder er hatte schlicht und ergreifend keine Lust mehr zu diskutieren. Oder ich hab einfach mal wieder das Falsche gesagt...

Ich versuchte mich daran zu erinnern, wie wir uns kennenlernten. Vor einigen Monaten, habe ich noch in einem kleinen Cafe um die Ecke als Bedienung gerarbeitet. Das Cafe war immer gut besucht und sah durch die ganzen Pflanzen und Blumen im Frühling immer wie ein Paradies aus. Kleine Hummeln und Rotkelchen oder manchmal auch Meisen schwirrten umher und man wusste, es war auch für sie eine Oase der Erholung. In einem Nest auf einer Pflanze, hoch oben am Dach, hatten die süßen Vögel auch hin und wieder Eier ausgebrütet. Einmal musste ich der unfreundlichen Stammkundin Frau Rosie, die Besitzerin des Blumenladens um die Ecke den Krankenwagem rufen. "Dieses Gestrüpp auf dem Dach", sagte sie sichtlich gestört. "Das kann man sich ja nicht ansehen!". Prompt versuchte sie auf den Tisch zu klettern, mit ihrer Masse, und riss das Grünzeug vom Dach des Ladens herunter. Doch Frau Rosie machte nicht die Rechnung mit den Vögeln, denn sie wollten ihr Nest bis aufs Blut verteidigen und griffen sie an, weshalb sie von der Dachrinne fiel, über den Tisch flog und auf den Boden klatschte. Karma! Eines Tages schließlich war Jake dort mit einem Mädchen, ungefähr zwei Jahre jünger als er. Jake sah hübsch aus, seine zurückgegelten blonden Haare und der Dreitagebart... . Jake turnte mich mit seiner Statur förmlich an. Ich weiß noch wie er ein weißes Hemd trug, welches ihm offenbar viel zu klein war, weil es seinen Sixpack erahnen ließ und die Ärmel zu kurz waren. Vermutlich war er damals vor seinem Date so aufgeregt und zog sich etwas falsches an, so dachte ich es mir jedenfalls.

Seine sonnengeküste Haut kam in der Mittagssonne bestens zur Geltung. Ich habe mich sofort in ihn verknallt, wenn sowas auf den ersten Blick überhaupt möglich war. Als er bestellt hatte, hörte ich seine tiefe aber angenehme Stimme zum ersten Mal und ich verschüttete Jakes Cafe deluxe - mit extra Sahne und Kirschen oben drauf - anschließend vor Aufregung auf seiner Hose. Jake sagte, es sei kein Problem gewesen und ich sollte mir nicht solche Sorgen machen, dennoch brachte ich eine Ersatzhose, die wir noch schnell im Laden auftreiben konnten. Ich nahm seine schmutzige Jeans an mich und beschloss sie in die Wäscherei zu bringen um für den Schaden aufzukommen. Jake sagte abermals, dass es doch nicht Nötig sei, aber ich wollte an seine Handynummer gelangen - und es funktionierte auch.
Wir telefonierten und ich erkundigte mich auch nach seiner Freundin. Die süße Alex, sie war genauso naiv wie ich gewesen. Mit ihrer liebreizenden Stimme und dem lieblichen Duft von Rosen in ihrer Nähe. Ein paar Mal habe ich die beiden später noch im Cafe gesehen, doch irgendwann kam Jake alleine und erzählte mir, sie hätte mit ihm Schluss gemacht, sie hätte ihn mit einem anderen Typen betrogen.
Ich bin darauf reingefallen und habe mich ihm gefühlsmäßig angenähert. Warum hat mich das nicht stutzig gemacht? Als würde eine so süße und liebe Person wie Alex jemanden betrügen! Ich hatte es damals unterschwellig schon gewusst, aber nie für möglich gehalten. Ich dachte mir würde sowas nie passieren, es würde sich mit mir ändern.

Nun saß ich hier auf der Couch und mir hingen die hellbraunen Haare im Gesicht, verklebt von den Tränen, schwarz von meinem Augenmakeup, wie konnte ich da denken, das er sich ändert?
Es war doch mehr als offensichtlich, dass ER sie betrogen hat und ER Schluss mit Alex machte. Ich wusste doch wie sehr Jake ein Macho war und sogar bei den Dates mit Alex anderen Frauen hinterherschaute.
Und wenn er dies, mit Alex und mir abgezogen hat, wird er das mit der Neuen auch machen!
Nun hatte ich keinen Job, weil das Cafe für viel Geld verkauft wurde und durch einen riesigen Bürokomplex einer wohlhabenden Modefirma ersetzt wurde und mein Freund hat mich nach einem halben Jahr auch wieder verlassen.

Ich versuchte meine Trauer in Sekt und lauter Liebeskummer Musik zu ersticken und weinte fürchterlich, bis mein goldenes IPhone auf dem Glastisch neben dem Waldmeister-Sekt vibrierte und ich verwundert das Gespräch an nahm, denn diese Nummer hatte mich schon seit mehreren Jahren nicht mehr angerufen.

Eisblau - Suche nach dem SeelenverwandtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt