Kapitel 1

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Nachdenklich sah ich aus der Autoscheibe. Graue Straßen zogen an mir vorbei. Hochhäuser. Glasgebäude mit unzähligen Fenstern. Kein Meer. Keine Sandstrände. Keine Häuser mit Strohdächern und niedlichen Vorgärten. Irgendwann fuhren wir durch eine kleine Stadt mit zahlreichen Straßen und Gassen. „Sieht doch ganz schön aus hier.“, sagte meine Mutter und blickte durch den Rückspiegel zu mir hinter. Ich schwieg. Niemals würde ich ihr verzeihen, dass sie mich hierher geschleppt hatte. In diese hässliche Stadt mit den vielen Häusern und Autos. Das war nicht mein Zuhause. Und es würde auch niemals mein Zuhause werden. Was wollte ich denn hier? Ich war kein Stadtkind. Ich gehörte ans Meer. In unser kleines Dorf, wo sich jeder kannte. Wo meine Freunde waren. Nach einer weiteren gefühlten Ewigkeit, standen wir plötzlich vor einem kleinen, cremefarbenen Haus mit einem schwarzen Ziegeldach. „Willkommen in unserem neuen Zuhause.“ Voller Freude stieg meine Mutter aus und öffnete den Kofferraum. „Jetzt steig aus, das ist dein neues Zuhause.“ Murrend stieg ich aus dem Auto. „Das wird nie mein Zuhause werden.“ Genervt schnappte ich mir meinen Koffer und trat in den kleine Vorgarten. Er ähnelte ein bisschen dem, von unserem alten Haus. Wehmütig trat ich an die weiße Eingangstür. „Ich habe den Schlüssel.“ Wie ein kleines Kind sprang meine Mutter an mir vorbei und öffnete die Tür. „Tadaa!“ Im Gegensatz zu ihr, hatte ich das Haus und die Räume bisher nur auf Bildern gesehen. „Oben rechts ist dein Zimmer. Ich geh kurz den Nachbarn ‚Hallo‘ sagen. Bis gleich.“ Mit diesen Worten verschwand sie und ich war alleine. In diesem großen Haus. Mit einem mulmigen Gefühl stieg ich die Treppen hinauf. Jede einzelne Stufe war mit einem kleinen, weißen Teppich bestückt. Irgendwie niedlich, aber nicht nach meinem Geschmack. Jedes Zimmer war mit einer weißen Tür verschlossen. Anscheinend mochten die Vorbesitzer helle Farbakzente. Ganz im Gegensatz zu mir. Ich drückte die Türklinke von meinem neuen Zimmer nach unten. Mit einem leisen Quietschen öffnete sie sich. Vor mir erstrahlte ein großer, heller Raum. An der linken Wand stand ein großes Himmelbett mit beigen Vorhängen. Es war schon bezogen. „Diese Blümchenbettwäsche muss sofort weg.“, murmelte ich genervt. Direkt neben der Tür stand ein kleiner hellbrauner Schreibtisch und auf der rechten Seite des Zimmers offenbarte sich ein riesiger Kleiderschrank. „So viele Klamotten habe ich überhaupt nicht.“ Ich legte meinen Koffer auf das Bett und kramte meine Sachen raus. Nacheinander legte ich die wenigen Pullover und T-Shirts, die ich besaß, in den Schrank. Er roch neu. Also entweder waren die Vorbesitzer sehr ordentliche Leute gewesen, die ständig alles geputzt haben oder meine Mutter hatte bereits vor dem Umzug neue Möbel bestellt und aufbauen lassen. Als ich alle Sachen verstaut hatte, zog ich die Blümchenbettwäsche ab und zog stattdessen meine „The Walking Dead“-Bettwäsche über. Ausatmend ließ ich mich auf das große Bett fallen. Ich schloss die Augen und dachte an Zuhause. An das Meer. An meine Freunde. An das kleine Bootshaus. Und an meinen Vater. Er hatte meine Mutter und mich vor ein paar Wochen verlassen und war mit seiner Sekretärin durchgebrannt. Und obwohl ich ihn deswegen eigentlich hassen sollte, vermisste ich ihn. Früher waren wir immer zusammen nach Dänemark gefahren. Meine Mutter, mein Vater und ich. Immer in den großen Ferien und es war nie langweilig gewesen. Jedes Jahr gab es was Neues zu entdecken. Seien es die vielen kleinen Dörfer oder die Landschaft. Ich war gerne dort. Damals war die Welt noch in Ordnung. Meine beste Freundin Jessy und ich hatten uns vor wenigen Jahren geschworen, sobald wir volljährig waren, in ein kleines Haus an der Ostsee zu ziehen. Daraus wurde jetzt wohl nichts mehr. Eine Träne kullerte meine Wange hinunter. Ich wollte hier nicht leben. Ich fühlte mich nicht wohl und das würde sich auch in naher Zukunft nicht ändern, da war ich mir absolut sicher.

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