Ich sitze in der S-Bahn und habe meine Kopfhörer in beiden Ohren.
Die Musik bis zum Anschlag aufgedreht spielt mein momentanes Lieblingslied auf Dauerschleife.Mit einem Bleistiftstummel, der schon fast nicht mehr gehalten werden kann kritzel ich auf meinem Block herrum - nichts bestimmtes, einfach nur aus einer Laune heraus.
Türen gehen auf und schließen sich wenige Minuten danach wieder. Ein Ganz normaler Tag. Nichts absonderliches passiert.
Ich seufze.
"Ab und zu wäre ein bisschen Abwechslung schon ganz geil."Der Gedanke schießt mir öfter durch den Kopf als eine Kugel bei einem Selbstmörder, der es trotz Kopfschuss nicht schafft sich das Leben zu nehmen.
Einer meiner poetischen Momente.
Ich schreibe diese Zeilen auf den Rest freien Platz den ich auf dem Blatt noch finden kann. Eine Metapher - aber wofür?Für das Leben? Wer weiß. (?)
Mein Blick schweift vom poetischen zur Tür oder eher gesagt zur hektischen Welt der Leute, die Spaß nicht zu verstehen scheinen.
Die immer pünktlich kommen. Vorzeigemenschen.
So ein Leben muss unheimlich anstrengend sein.Die Anzeigetafel zeigt meine Station an. Es wird Zeit unters gemeine Volk zu gehen.
Ich stopfe meine Sachen zurück in meine Tasche und stehe ruckartig auf.
Schnell quetsche ich mich noch durch die sich schließende Tür.
Alte Menschen, die noch in der Bahn sitzen starrten mich an, als ob ich mich vor die Bahn geschmissen hätte, dadurch der gesammte S-Bahnverkehr Berlins lahmgelegt wurde und sie zu spät zu ihrer geliebten Bingostunde kommen würden.
Dramatischer geht es kaum.
Ich lief die Treppen hinunter und ging an meiner Schule vorbei. An den Toren standen Sprüche, die meine Freunde und ich vor mehr als 3 Jahren Nachts rangeschreiben hatten.
Die Lehrer machten eine richtig große Sache drauß und wollten natürlich wissen, wer dieses riesige Verbrechen zu verantworten hatte.
Und ich schwöre einmal in der Geschichte meiner Klasse verriet uns NIEMAND.
Es gibt wirklich nicht viele Momente, in denen ich plötzlich (wenn auch nur für kurze Zeit) mein Vertrauen in die Menschheit zurückkehrte, aber das war einer von ihnen.
Ich kletterte über den Zaun und schlenderte über den Schulhof. Die weiten Steppen bestehent aus wochenlangem, puren Leidens.
Auch wenn ich an Wochenenden nur ungern in das Nähere Umfeld dieses Psychatrie-ähnlichen Gebäudes gerate blieb mir keine andere Wahl wenn ich zu dem schönsten Ort in Berlin kommen wollte.
Ich kroch durch ein Loch in einem weiteren Zaun am anderen Ende der Schule und lief einen kleinen Pfad entlang.
Auch wenn ich mitten in der Hauptstadt lebe habe ich durch einen Ort gefunden, wo Zeit nicht wichtig ist und langsam vorbei zu fließen scheint.
Ein Ort der während den Pausen von Kiffern bevölkert wird, aber an Wochenenden so leer ist, wie dein Trinken an einem heißen Sommertag.
Ich sah schon die alte Bank, die aus ein paar Baumstämmen von eim ehemaligen Schüler geschnitzt wurde. Die Sonne, die leicht durch die Blätter scheint.
Ich hörte das zwitschern der Vögel und das leise rauschen des Windes.Ich seufze innerlich und schließe die Augen, während ich dem schmalen Pfad weiter folge.
Als ich die kleine Lichtung jedoch erreiche lösen sich meine Vorstellungen der ruhigen Einsamkeit in weniger als 0,2 Sekunden in Luft auf.
Ein Junge liegt auf der Bank.
Kopfhörer in beiden Ohren und atmet leise vor sich hin.Er schläft.