Seit letztem Samstag, dem Tag, an dem Sophie aus allen Wolken gefallen war, ging es Mikala hier deutlich besser (- natürlich nicht wegen Sophies Trauer!). Mikala hatte sich so sehr Nähe gewünscht, Freunde; und nachdem Coco ihr so geradeheraus gezeigt hatte, dass sie hier nicht erwünscht war, war sie in Panik geraten, und sehr, sehr traurig geworden. Enttäuscht. Dass Vincent dann so nett zu ihr gewesen war, hatte sie erst glücklich gemacht - jedoch hatte sie bald merken müssen, dass sie das zu einer noch größeren Außenseiterin machte. Jetzt, wo sie wusste, dass er eigentlich die ganze Zeit über mit Sophie zusammen gewesen war, ergab das auch Sinn, dass keiner sie ausstehen konnte. Sicher hatten alle gedacht, Mikala würde sich skrupellos an einen Jungen ranschmeißen, von dem sie wusste, dass er vergeben war. Es war Sophie nicht einmal zu verdenken, wenn sie Mikala hassen würde. Trotzdem wünschte Mikala sich von Herzen, dass sie es nicht tat, oder zumindest nicht für immer. Sie hatte dies und jenes gewollt, aber nie im Leben hatte sie jemandem wehtun wollen.
An diesem Samstagmorgen, an dem sie die Treppe heruntergekommen war, um einen Orangensaft zu trinken, und die Wahrheit erfahren hatte, genauso geschockt und überrascht wie Sophie, da hatte sie eine Hoffnungslosigkeit übermannt. Sie hatte sich schuldig gefühlt, und das tat sie auch immer noch – aber in diesem Moment, da hatte es etwas Endgültiges gehabt. Sie war sich sicher gewesen, dass sie nun die letzte Chance, von Coco und ihren Freunden akzeptiert, ja, vielleicht sogar gemocht zu werden, vertan hatte. Ganz egal, wie klein sie auch gewesen war, hatte sie gedacht, jetzt war sie zunichte. Wenn Coco sie schon für ihr Dasein verachtete, wie würde sie sie erst dafür hassen, ihre Freundin verletzt zu haben?
Doch alles war anders gekommen, und Coco hatte sich entschuldigt. Ehrlich und aufrichtig hatte sie erklärt, sie hätte nie eine Austauschschülerin gewollt. Das hatte wehgetan; auch Mikala hatte sich nicht aus freien Stücken heraus dafür entschieden. Ihre Mutter, die in Deutschland geboren und aufgewachsen war, und erst als Erwachsene nach Kalifornien kam, hatte gewollt, dass ihre Tochter die deutsche Kultur kennenlernte. Trotzdem hatte Mikala sich auf die Zeit gefreut. Sie hatte nie Geschwister gehabt, und als sie erfuhr, dass sie nun für ein Jahr gleich zwei hätte, und dann auch noch in ihrem Alter, da hatte sie sich wirklich gefreut. Coco zu treffen war ein Schlag ins Gesicht. Scheinbar hatte sie das selbst gemerkt, denn in ihrer Entschuldigung gab sie zu, ihr nie eine Chance gegeben zu haben. Es war ein Teufelskreis gewesen – Mikala verbrachte Zeit mit Vincent, weil die anderen sie nicht wollten, und je mehr Zeit sie mit Vincent verbrachte, desto weniger wollten die anderen etwas mit ihr zu tun haben.
Sie war gut im Verzeihen und wollte jetzt einfach eine gute Zeit haben, deswegen beschloss sie, jetzt nach vorne zu schauen. Außerdem war sie, dadurch, dass sie etwas mit Vincent gehabt hatte, auch nicht in der Position, sauer zu sein, wenn sie auch nie schlechte Absichten gehabt hatte.
Vincent hatte sich seit dem Drama kaum Blicken lassen, und das war schon fast eine Kunst; schließlich war es mittlerweile Donnerstag. Klar, in der Schule sahen sie sich, und auch zuhause des Öfteren, aber er hielt, soweit es ging, Distanz zu den anderen. Auch während der Pausen in der Schule bekamen sie ihn nicht zu Gesicht; Coco vermutete, dass er dann bei Jungen aus seiner Klasse war, die sich nicht im Jahrgangsflur, sondern im Pausenraum aufhielten. Was er jetzt gerade machte oder wo er war, wusste Mikala nicht. Es war sehr still im Haus. Die Eltern waren nicht da, sie würden am frühen Abend kommen, und Coco? Sie saß vermutlich in ihrem Zimmer. Heute hatten sie acht anstrengende Stunden Schule gehabt, und Mikala fühlte keinerlei Bedürfnis, jetzt schon mit den Hausaufgaben für nächste Woche anzufangen. Also stand sie auf und lief über den breiten, gefliesten Flur rüber zu Cocos Zimmer. Sie klopfte, und als keine Reaktion kam, öffnete sie vorsichtig die Tür. Auf dem Bett – oder Sofa? – vor dem Fenster lag Coco und schlief. Auf keinen Fall wollte sie sie wecken - sie musste wohl etwas alleine unternehmen. Da schönes Wetter war, lief Mikala die Treppe herunter, zog sich ihre Schuhe an und die Haustür hinter sich zu.
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coco und co
Teen FictionTausend Dramen. Acht Jugendliche. Ein wunderbarer Freundeskreis. Es geht um Coco und ihre Freunde, die versuchen, die Welt anders zu betrachten und die Erwachsenen zu kritisieren, um Liebe und um Freundschaft. Es geht um Loyalität und darum, nicht z...