Kapitel 10

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Mein 6. Geburtstag kam mit dieser Nacht immer näher.

Näher, als ich ihn haben wollte.

Und Anderson Devil sprach die ganze Nacht über nur über die blauen Augen und den Zusammenhang, den er einfach nicht verstand.

"Das ist total dumm. Ich meine, wirklich dumm. Warum sollte Unschuld meine Augenfarbe beeinflussen? Das ist niemals zuvor so gewesen."

"Weil du übernatürlich bist?", fragte ich ihn, als er mich mit einem komischen Blick ansah. Als wüsste er nicht genau was er denken sollte.

Die Funken erloschen aus der Luft. Die Stimmen meiner Eltern und der Gäste verblassen mit zunehmender Uhrzeit. Ich saß auf den Heuballen herum, sah zu dem einzigen Lichtpunkt dort oben.

Ein baumelnder Schlüssel, den Anderson Devil kontrollierte. Alles andere war dunkel, bloß seine Augen leuchteten rot und kräftig.

Was, wenn seine Augenfarbe von seinem Charakter beeinflusst wurde?
Wenn rot wirklich sowas wie ein Beschützerinstinkt, Mut oder Zorn war?
Wenn blau Unschuld, Leid oder Trauer bedeuten sollte?

"Hängt es mit deiner Vergangenheit zusammen?"

"Die Augenfarbe? Ich denke nicht.", antwortete er mir leise.

Doch was machte der Junge dann in meiner Vision, als ich Anderson küsste? Es waren genau Anderson's Augen. Und der Junge sah aus wie Andre Schiebler, doch das alles ergab keinen Sinn für mich. Ich konnte die einzelnen Puzzleteile nicht zusammenfügen.

"Zeitreisen machen müde...", grummelte er und blinzelte mich an. "Willst du die Nacht über noch bleiben? Ich meine, es vergehen immer mehr Tage in der Realität, die dir am Ende fehlen werden."

"Ist okay", antwortete ich ihm, "dann lass uns gehen."

Es brauchte nicht lange bis er meine Hand nahm. Die Dunkelheit war sein Freund. Sie waren eins miteinander, und doch vermittelte er mir ein Gefühl von Furcht. Als hätte er trotz allem Angst, dass etwas passieren könnte. Und ich glaubte ihm diese Angst, denn Anderson Devil besaß nicht oft Angst. Er besaß viel öfter Mut und Tapferkeit.

"Deine Augenfarbe ändert sich nicht mehr...", murmelte ich, als er seine Finger mit meinen verschränkte.

"Das wird schon wieder.", antwortete er mir vollkommen überzeugt. Er lächelte sogar, was mich aber nicht besser stimmte. Ich besaß Angst. Ich besaß Furcht.

Und dann sah ich alles wieder verschwommen. Er lächelte mir zu. Er meinte es ehrlich. Und er fand gefallen daran, wie ich mich an seinem Arm klammerte und befürchtete, dass ich ersticken würde. Ja, Anderson Devil besaß ein Herz, das zur Hälfte aus Gold und zur anderen aus Schwefel war, doch er besaß auch eine Seite, die von einem Dämon besetzt und regiert wurde. Er besaß Schadenfreude, so wie er auch Liebe in sich trug.

Und ich wusste, dass er nicht immer so gewesen sein konnte.
Ich konnte mir es einfach nicht vorstellen. Und seine Augenfarbe verriet mir, dass ich recht behalten sollte.

Als meine Sicht wieder klarer wurde verwirrte mich einfach alles. Ich kannte den Raum nicht, in dem wir standen, und doch wusste ich, dass ich ihn schon einmal irgendwo gesehen habe. Es war ein Kinderzimmer, das eines Jungen, doch ich erinnerte mich nicht jemals zuvor dort gewesen zu sein.

Doch Anderson Devil erinnerte sich. Seine Augenfarbe färbte sich um. In ein klares, helles Blau.

Er sah umher, mehr irritiert und verwirrt, als dass er wusste, wo wir waren. Ich war mir ziemlich sicher, dass er es wusste, nur handelte er eher panisch. Er sah die ganze Zeit nur umher, drehte sich im Kreis und lief zu dem Kinderbett, das an der Wand neben mir stand, um dann wieder zurück zu mir zu laufen und meine Hände zu halten. Es wirkte wie eine beruhigende oder beschützerische Geste, doch ich glaube, dass er es tat, um sicher zu gehen, dass es kein Traum war. Dass seine Furcht und meine Unentschlossenheit Realität waren.

Pact with the devil | Andre [COMPLETED]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt