Früh am nächsten Morgen wache ich auf. Die Sonnenstrahlen suchen ihren Weg durch den Vorhang und erhellen das Zimmer einwenig. Mein Zimmer. Es ist alles noch da, meine Schulsachen liegen auf dem Schreibtisch verstreut, meine Kleider hängen unordentlich über der Stuhllehne, an einer Schnur quer durch das Zimmer hängen Fotos. Ich gehe langsam an ihnen vorbei, es sind Fotos von mir als ich klein war bis jetzt, Bilder von meinen Freunden, auch ein Bild von Margo ist dabei. Ich will mich gerade abwenden als mir ein Bild ganz hinten in der Reihe ins Auge fällt. Ein Bild von mir im Baggersee. Dieses Bild muss Philipp gemacht haben, den mit meinen Eltern oder Freunden war ich nie dort oder nur am Strand und nicht in einer Bucht. Meine Erinnerungen schweifen zu dem Tag als ich mit Philipp dort war, es war so ein schöner Tag und obwohl seit dem erst ein paar Tage vergangen sind, kommt es mir vor als wären es Wochen. Seufzend hänge ich das Bild zurück, als mir ein Brief auf dessen Rückseite auffällt:
Liebe Ruthie,
Deine Eltern waren kurz nach deiner Abreise bei uns und deine Mutter hat meinem Vater gedroht, wenn er es nicht schaffen würde mich von dir Fernzuhalten würde sie ihn auffliegen lassen. Nun ja, mein Vater hat hat seiner Vergangenheit ein paar Sachen gemacht die er jetzt sehr bereut und die nicht an die Öffentlichkeit sollen...
Also hat er beschlossen mit meiner Mutter und mir nach Australien zu ziehen...Es tut mir so leid. Ich verspreche dir ich komme wieder
Ich liebe dich
PhilippIch sinke auf meinem Bett zusammen. Australien. Wieso Australien? Und wieso immer ich? Ich versuche mich zusammen zu reißen, wische mit die Tränen aus dem Gesicht und machen mich auf die Suche nach Margo und Sven. Beide sitzen unten am Frühstückstisch, und schauen mich besorgt an. Ich gebe ihnen den Brief und breche schließlich weinend auf Margos Schoß zusammen. Margo flucht, während sie mir beruhigend über den Rücken streicht. "Das war so klar, dass sie dir das noch antun mussten...Ich bring..."
Sven unterbricht sie: "Margo das bringt nichts." Sie seufzt und zieht mich noch näher an sich. "Es tut mir so leid" "Dir muss gar nichts leid tun Margo, das ist nicht deine Schuld...Können wir jetzt frühstücken und dann irgendwas machen? Ich muss mich ablenken", sage ich traurig undNach dem Frühstück räumen wir alle gemeinsam auf, nicht nur den Frühstückstisch. Es macht zwar nicht wirklich Spaß aber es bringt mich auf andere Gedanken. Nach mehreren Stunden putzen und umräumen, klingelt es plötzlich an der Haustür. Sven macht auf, während Margo und ich oben die Fenster putzen. Allerdings hören wir trotzdem jedes Wort.
"Hallo, sind sie der neue Nachbar? Ich wusste gar nicht, dass das Haus zum Verkauf steht, geschweige den davon, dass es gekauft wurde."
Es ist Mrs. Miller, unsere alte, beziehungsweise unsre neue Nachbarin.
"Ich bleibe nur wenigen Tage, ich weiß nicht ob die Zwei länger bleiben...", fängt Sven an, doch er wird unterbrochen.
"Zwei? Sie sind gar nicht alleine? Oh, das muss ich meinem Mann erzählen."
Kopfschüttelnd kommt Sven zu uns hoch.
"Komische Alte."
"Das kannst du laut sagen", sage ich und grinse.
Ungefähr eine halbe Stunde später, wir sind inzwischen fertig mit putzen, klingelt es wieder.
"Ich geh", ruft Sven die Treppe hoch und öffnet die Tür. Lautes Stimmengewirr dringt zu mir und Margo. Neugierig gehen wir nach unten, aus dem Fenster sehen wir, dass die ganze Nachbarschaft sich vor unserem Haus versammelt hat.
"Herzlich Willkommen Herr Nachbar", brüllt eine Stimme aus der Menge und die andern murmeln ebenfalls Begrüßungen. Da tritt Mr. und Mrs. Jacobsen vor und hinter ihnen Quentin. Margo weicht augenblicklich einen Schritt vom Fenster zurück. Ich lächle sie an und drücke ihre Hand.
"Ich freue mich, Sie im Namen der Nachbarschaft hier, begrüßen zu dürfen", meldet sich nun Mrs. Jacobsen zu Wort. Sven steht einfach nur stocksteif da, doch langsam löst sich seine Starre und er schüttelt den Kopf. "Es tut mir leid aber ich bin nicht ihr neuer Nachbar, ich bin nur zu Gast in diesem Haus."
Die anderen starren ihn an, als wäre er nicht von dieser Welt, schließlich ergreift Mrs. Jacobsen wieder das Wort: "Ok. Und wer ist dann der neue Besitzer wenn ich fragen darf?" Daraufhin tritt Sven in die Menge und macht somit etwas Platz vor der Tür. Ich schaue Margo an. "Auf geht's", murmelt ich und gehe langsam Richtung Tür. Margo nickt und schluckt, dann folgt sie mir. Als ich aus dem Haus trete, sehe ich verdutzte Gesichter. Und als schließlich Margo neben mich tritt, ist der Anblick der Gesichter einfach göttlich. "Ruthie", Quentin ist der erste der seine Stimme wieder findet, er kommt zu mir und nimmt mich in den Arm, dann schluckt er und schaut Margo an, sehr lange. "Hi", murmelt er schließlich schüchtern. Margo holt tief Luft. "Hi, Q."
Dann lächelt Quentin, nimmt sie in den Arm und flüstert etwas ins ihr Ohr. Auch Margo fängt an zu Lächeln und flüstert etwas zurück, Quentin stockt kurz dann löst er sich von ihr und schaut sie wieder an und dann küsst er sie. Wow, denke ich, das ging jetzt aber schnell. Inzwischen haben auch die andern ihre Stimme gefunden und applaudieren nun wie verrückt. Und dann werden wir begrüßt und umarmt und es wird geredet und gelacht. Zwischen durch hört man so Ausrufe wie "Unsre Vermissten sind zurück", "The Spiegelman girls are back" oder einfach nur "Endlich". Anscheinend haben alle uns vermisst, obwohl ich nur ein paar Tage weg war. Keiner, wirklich keiner, macht uns Vorwürfe oder vermisst unsere Eltern.
Als es langsam Abend wird, wird die Begrüßungsfeier in unseren Garten verlegt und Sven und Quentin sind noch schnell einkaufen gefahren, damit wir grillen können.
Margo strahlt wie eine Verrückte.
"Ich hab dir es doch gesagt", flüstere ich ihr zu und gehe lächelnd zu Mr. und Mrs. Jacobsen.
"Hallo Ruthie, schön dich wieder zu sehen."
"Hallo, ja es freut mich wieder hier zu sein."
Mrs. Jacobsen lächelt mich an, doch dann schaut sie hinter mich und runzelt die Stirn.
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Finde dich (Margos Spuren 2)
FanfictionMargo Roth Spiegelman, und obwohl sie nicht mehr da ist, ist sie immer noch der Mythos der Schule. Zum Leiden ihrer kleinen Schwester Ruthie, die zwar in der Schule keine Probleme hat, doch ihre Eltern lassen sie nicht mehr unbeaufsichtigt nach dra...